Schnelle Aufforstung macht Wälder anfällig

Schnelle Aufforstung macht Wälder anfällig

Würzburger Waldökologen sehen die deutsche Aufforstungsoffensive kritisch.

Durch Borkenkäfer abgetötete Fichten am Lusen im Nationalpark Bayerischer Wald. Ökologen plädieren dafür, diese Form des Totholzes vermehrt im Wald zu belassen.
Durch Borkenkäfer abgetötete Fichten am Lusen im Nationalpark Bayerischer Wald. Ökologen plädieren dafür, diese Form des Totholzes vermehrt im Wald zu belassen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in Deutschland schnell wieder aufgeforstet. Auf diese Zeit geht es zurück, dass die heimischen Wälder arm an Baumartenvielfalt und dementsprechend anfällig für Umwelteinflüsse sind: Borkenkäfer, Hitze, Trockenheit, Stürme und Brände haben den von Fichten und Buchen geprägten Wäldern in Deutschland zugesetzt, Experten sprechen von einem neuen Waldsterben. Doch die Strategie des Bundeslandwirtschaftsministeriums droht, die alten Fehler zu wiederholen, warnen jetzt Waldökologen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) im Wissenschaftsjournal „Science“.

Totholzentfernung widerspricht Insektenschutzzielen

Der Plan von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sieht vor, Totholz umfassend aus dem Wald zu entfernen und anschließend wiederaufzuforsten. Inklusive der damit verbundenen Pflege veranschlagt das Ministerium dafür rund 500 Mio. Euro. „Diese Politik dürfte ausgedehnte, gleichmäßige Waldbestände schaffen, die für die Auswirkungen des Klimawandels weiterhin besonders anfällig sind“, kritisiert Simon Thorn von der JMU. Die teils seit Jahrhunderten angewandte Praxis des „Aufräumens“ verringere die biologische Vielfalt und führe zum Aussterben vieler Pilze und Insekten, die das Totholz als Lebensraum benötigen. Das widerspreche nicht zuletzt dem Regierungskoalitionsvertrag, in dem die Regierungsparteien vereinbart haben, das Insektensterben stoppen zu wollen.

Alters- und Artenvielfalt stärken den Wald

Ein weniger diverser Wald ist jedoch auch weniger widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse – und insbesondere Dürren und Stürme werden infolge des Klimawandels künftig zunehmen. Thorn und seine Kollegen empfehlen daher, auf natürliche Prozesse zu setzen. Wo durch natürliche Störungen Lichtungen entstehen, können unterschiedliche einheimische Bäume nachwachsen, die auch ganz unterschiedliche Alter haben.

Ökologie und Ökonomie berücksichtigen

Eine schnelle Wiederaufforstung hingegen würde zu gleichartigen und gleich alten Bäumen führen, die erfahrungsgemäß besonders anfällig wären für die Folgen des Klimawandels sowie für Schädlinge. „Die Subventionen für die Forstwirtschaft sollten besser eine vielfältige Baum- und Altersstruktur sowie zeitweilig existierende Lichtungen fördern“, empfehlen die Forscher. Diese Strategie könne erfolgreich ökologische und ökonomische Ziele parallel erreichen.

bl