Wie Wurzeln ein Licht aufgeht
Unterirdische Pflanzenwurzeln sind keinesfalls blind, sondern können Licht wahrnehmen. Ein deutsch-koreanisches Forscherteam ist dem Weg des Lichts auf die Spur gekommen.
Licht ist die Quelle, die eine Pflanze zum Wachsen braucht. Im Spross wird das Signal als erstes erkannt. Lichtsignalmoleküle sorgen dann dafür, dass die Pflanze optimal in der jeweiligen Umgebung überleben kann. Ob auch Pflanzenwurzeln die Lichtquelle erfassen, darüber wurde bisher nur spekuliert. Molekularbiologen vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena haben gemeinsam mit Physikern der Nationalen Universität Seoul in Korea erstmals den Beweis geliefert.
Wie das Team im Fachjournal „Science Signaling“ berichtet, ließ sich bei der Ackerschmalwand demonstrieren, dass das Licht durch den Pflanzenspross direkt in die Wurzeln geleitet wird. „Selbst wenn die gemessene Intensität sehr gering war, war sie ausreichend, um die Lichtrezeptoren zu aktivieren, eine Lichtsignalkette auszulösen und das Wachstum in den Kontrollpflanzen zu beeinflussen“, erläutert der Leiter des Projekts an der Nationalen Universität in Seoul, Chung-Mo Park.
Hochsensibler Detektor verwendet
Bekannt war, dass ein bestimmter pflanzlicher Lichtrezeptor, der Licht der Wellenlängen rot/infrarot wahrnimmt, auch in den Wurzeln vorkommt. Um zu erfahren, wie dieser in der Wurzel aktiviert wird, entwickelte das Team einen hochempfindlichen Lichtdetektor sowie gleichzeitig „blinde“ und „sehende“ Wurzeln. Dafür verwendeten sie Pflanzen der Ackerschmalwand ,die genetisch so verändert waren, dass der Lichtrezeptor nur in den Wurzeln außer Kraft gesetzt wurde, nicht aber im Spross. Die Modellpflanze wurde wie ihre Verwandten in der Natur gehalten, in dem der Spross dem Licht ausgesetzt, die Wurzel im Boden aber sozusagen blind war. Mithilfe des optischen Detektorsystems wurde dann gemessen, wie das Licht im Stamm hinunter in die Wurzeln übertragen wurde.
Energieressourcen effektiv verteilt
„Unsere Arbeit belegt, dass Wurzeln auch im Boden Licht wahrnehmen können. Dies wiederum aktiviert eine Signalkette, die das Pflanzenwachstum, insbesondere die Wurzelarchitektur, beeinflusst“, sagt Ian Baldwin, Studienleiter am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena. Die Vermutung der Forscher: das Talent der Pflanzenwurzeln, auf Licht zu reagieren, trägt entscheidend zum Überleben der Pflanzen in der Natur bei, indem Energieressourcen für Wachstum, Fortpflanzung und Verteidigung effektiver zugeteilt werden. Den Beweis diese Hypothese hoffen die Forscher aus Jena und Seoul in einer neuen Studie zum Kojotentabak Nicotiana attenuata liefern zu können. Die Pflanze wächst in der Wüste und ist daher an extrem starke Lichtverhältnisse angepasst.
bb