Stoffwechsel einzelner Zellen messen

Stoffwechsel einzelner Zellen messen

Mikrobielle Zellfabriken sind wichtige Werkzeuge der Bioökonomie. Jetzt können Forschende die Besten unter Gleichen identifizieren.

alter Brauereikessel
Brauereien nutzen seit Hunderten von Jahren Hefezellen, um Bier herzustellen. Forschenden haben jetzt eine Methode entwickelt, um jene Hefezellen zu identifizieren, die besonders produktiv sind.

Ganzzellbiokatalysatoren – das klingt kompliziert. Doch damit ist nichts anderes gemeint, als dass Zellen eines Organimus’ wie der Hefe dazu genutzt werden, Wertprodukte zu erzeugen – beispielsweise Bier oder Brot. Aber auch komplexe chemische Moleküle wie Pharmazeutika können auf diese Weise produziert werden. In einem Bioreaktor oder Fermenter wachsen dazu die Mikroorganismen heran und erzeugen durch ihren Stoffwechsel die gewünschten Produkte. Dabei stellen sich Forschende schon länger die Frage: Sind alle Zellen gleichermaßen produktiv oder gibt es eine Art „Arbeitsteilung“?

Nicht alle Zellen sind gleichproduktiv

„Seit einiger Zeit ist bekannt, dass lebende Zellen äußerst heterogene Merkmale zeigen, zum Beispiel in Bezug auf ihr Wachstum oder ihren Stoffwechsel. So gibt es Hinweise, dass sich die Millionen von Zellen in den Fermentern ähnlich verhalten wie Arbeitsgemeinschaften anderer Spezies, dass also beispielsweise 30% der Individuen 90% der effektiven Arbeit, zum Beispiel bei der Herstellung von Produkten, machen“, erklärt Detlev Belder, Chemiker an der Universität Leipzig. Doch wie ließe sich das feststellen? Zwar sind die Zellen, nicht jedoch deren Stoffwechselprodukte groß genug, um im Mikroskop sichtbar zu sein.

Nanoliter kleiner Fermenter

Das Team um Belder hat deshalb die üblicherweise Liter- oder sogar Hektoliter großen Fermenter geschrumpft: Mittels sogenannter Mikrofluidtechnik haben die Forschenden haarfeine Kanäle in Mikrochips erzeugt und darin Nanoliter winzige Tröpfchen platziert, die als Miniaturfermenter dienten. Diese waren so klein, dass darin nur einzelne Zellen Platz fanden und das Team so deren individuellen Stoffwechselprodukte auswerten konnte. Dazu bestimmten die Fachleute mit moderner Analysetechnik die chemischen Inhaltsstoffe, die durch die jeweilige Zelle in ihrem Nanotröpfchen entstanden.

Potenzial für effizientere Bioprozesse

Das neue Verfahren eröffnet zum einen großes Potenzial für die Forschung, um den Stoffwechsel von Zellen und Zusammenhänge mit deren genetischen Eigenschaften besser zu verstehen. Es birgt aber zugleich die Chance, biotechnologische Prozesse weit effektiver zu gestalten: „Hochproduktive Zellen aus der Zellkolonie könnten nun identifiziert und äußerst effiziente Stämme gezüchtet werden, um höhere Ausbeuten etwa für teure Feinchemikalien zu erreichen“, erläutert Belder. Details berichtet das Team im Fachjournal „Angewandte Chemie“.

bl