Smarte Bioraffinerien für eine nachhaltige Bioökonomie

Smarte Bioraffinerien für eine nachhaltige Bioökonomie

Aus Biomasse Wertstoffe ohne Abfall zu generieren: Forschende des Potsdamer Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie liefern ein Konzept, wie diese Vision realisiert werden kann.

Arbeit an einem Bioreaktor
Arbeit an einem Bioreaktor

Ob im Bauwesen, der chemischen Industrie oder in der Futtermittelproduktion: Wo Biomasse zum Einsatz kommt, fallen häufig auch Reststoffe an, die bisher entsorgt werden. Dieses ungenutzte Potenzial im Sinne einer zirkulären und nachhaltigen Bioökonomie zu erschließen, steht im Fokus eines Konzeptes, das Forschende des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) in Potsdam erstellt haben. Das Konzeptpapier mit dem Titel „Smart Integrated Biorefineries in Bioeconomy: A Concept Toward Zero-Waste, Emission Reduction, and Self-Sufficient Energy Production“ ist im Biofuel Research Journal erschienen. 

Konzept für integrierte Bioraffinerie

Ein wesentlicher Bestandteil des visionären Konzepts sind smarte, integrierte Bioraffinerien. Für die Umwandlung von Biomasse in neue biogene Wertstoffe werden Technologien wie mikrobielle Fermentation, anaerobe Vergärung und Pyrolyse genutzt. Im Vergleich zu gängigen Bioraffinerien, in denen aus einem biogenen Ausgangsstoff wie Stroh eine Biochemikalie gewonnen wird, setzten die Leibniz-Forschenden auf die Kombination mehrerer gängiger Umwandlungsverfahren und arbeiten mit 90 verschiedenen regional und saisonal verfügbaren Rohstoffen. 

Dieser systemische Ansatz ermöglicht es den Forschenden, die Reststoffverwertung zu verbessern. „Bei der anaeroben Vergärung wird zum Beispiel Biogas erzeugt, wobei der verbleibende Gärrest noch wertvolle organische Verbindungen enthält“, erläutert ATB-Forscher und Erstautor des Konzeptpapiers, Nader Marzban. „Anstatt ihn, wie herkömmlich, als Dünger zu verwenden, können wir diesen Gärrest durch hydrothermale Humifizierung in künstliche Huminstoffe umwandeln.“ 

So groß das Potenzial integrierter Bioraffinerien ist, so groß ist auch die Anzahl der Optimierungsmöglichkeiten. Um die effizientesten Ansätze zu identifizieren, setzen die Forschenden auf KI-gesteuerte Simulationen. „Die smarten, integrierten Bioraffinerien können mithilfe von Netzwerken und Dialogen zwischen verschiedenen, modellierten Systemen entwickelt und anschließend in der Realität validiert werden“, erklärt Barbara Sturm, wissenschaftliche Direktorin des ATB und hauptverantwortliche Autorin des Papers. Mithilfe dieses Validierungsprozesses können Lücken und Möglichkeiten der Verwertung aufgedeckt und Reststoffe wiederverwertet werden.

Vision für biobasiertes Wirtschaften

Die Vision der Forschenden ist es, zu einer widerstandsfähigeren, effizienteren und zukunftssicheren biobasierten Wirtschaft zu gelangen. „Der integrierte Ansatz könnte es uns ermöglichen, eine tatsächlich nachhaltige Bioökonomie zu schaffen, die Abfall nicht kennt und innerhalb der planetaren Grenzen bleibt“, schreiben die Forschenden. 

Neue Bioraffinerie auf dem InnoHof

Das Konzeptpapier wurde gemeinsam mit der Universität Potsdam und der Technischen Universität Berlin erstellt und wird nun umgesetzt. Bereits im März will das ATB im brandenburgischen Groß Kreutz mit dem Bau einer Bioraffinerie zu Forschungszwecken beginnen. Die Anlage entsteht im Rahmen des Leibniz-Innovationshofes für Nachhaltige Bioökonomie (InnoHof). Sie soll Forschung und Praxis zusammenbringen und die Machbarkeit solcher Konzepte demonstrieren. 

bb