Künstliche Huminstoffe aus biogenen Reststoffen
Mithilfe der hydrothermalen Humifizierung ist es Forschenden vom Potsdamer Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie gelungen, die für die Bodengesundheit wichtigen Huminstoffe künstlich herzustellen und als Dünger für die Landwirtschaft nutzbar zu machen.
Humus ist bekanntermaßen gut für den Boden. Das komplexe Gemisch aus organischen Stoffen, wie abgestorbene Tier- und Pflanzenreste, dient Pflanzen und Bodenmikroben gleichermaßen als Nahrungsquelle und ist damit ein Treiben für das Pflanzenwachstum und die Bodengesundheit. Hier sind es vor allem die im Humus enthaltenen Huminstoffe, die dafür sorgen, dass Feuchtigkeit und Nährstoffe im Boden gebunden werden, Mikroben-Biomasse in nährstoffreiche Biostimulanzien umwandeln und diese für Pflanzen verfügbar machen können. In der Praxis sieht es jedoch oft anders aus. Mithilfe von Düngern versuchen Landwirtinnen und Landwirte den fehlenden Nährstoffgehalt im Boden zu kompensieren.
Künstliche Huminstoffe für die Landwirtschaft
Am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) ist es Forschenden nun gelungen, Huminstoffe aus biologischen Reststoffen künstlich herzustellen und für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Möglich wurde das durch den Einsatz eines neuen, bisher wenig etablierten Verfahrens – die sogenannte hydrothermale Humifizierung. „Was die Natur in Jahren mithilfe von Mikroorganismen schafft, können wir in Minuten bis Stunden in einem kontrollierbaren Prozess mit Hitze, Druck und Wasser erreichen“, erklärt Nader Marzban, Post-Doktorand am ATB und Experte für Biokohle und Huminstoffe.
Reststoffverwertung mittels hydrothermaler Humifizierung
Im Rahmen von Studien hat der ATB-Forscher bereits nachgewiesen, dass mithilfe der hydrothermalen Humifizierung biologische Reststoffe wie organische Abfälle aus Landwirtschaft und Privathaushalten vollständig verwertet werden können. In einem Hochdruckreaktor wurde demnach die Biomasse mit Wasser in einem Verhältnis von etwa 0,1 zu 0,4 gemischt. „Die Faserbestandteile Cellulose, Hemicellulose und Lignin werden dann unter hohem Druck (zwischen 6 und 60 bar) und bei hoher Temperatur (zwischen 160 und 240° C) aufgeschlossen. Je nach pH-Wert und Temperatur im Reaktor erhalten wir entweder mehr Hydrokohle oder künstliche Huminsäure. Beides sind Feststoffe, deren Farbe von bräunlich bis schwarz reicht“, erklärt Marzban.
Diese Feststoffe könnten Marzban zufolge als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt werden, wie Versuche mit einem Mikrodünger auf Huminstoffbasis belegen. „Die ersten Ergebnisse zeigten, dass die Zugabe von nur 0,01 % unserer Humifizierungsprodukte in den Boden den Keimungsindex deutlich erhöhen und die Pflanzen bei der Aufnahme von mehr Nährstoffen, wie Phosphor, unterstützen kann.“
Großes Potenzial für nachhaltige und zirkuläre Bioökonomie
Das Team um den Potsdamer Experten ist vom Potenzial der hydrothermalen Humifizierung für die Bioökonomie überzeugt. „Wir schließen Kreisläufe und ersetzen fossile Ressourcen im Sinne einer nachhaltigen und zirkulären Bioökonomie. Wenn wir sicherstellen, dass unsere Huminsäuren den natürlichen Vorkommen in Qualität und Nutzen in nichts nachstehen – und das können wir nachweisen –, haben wir ein schnelles, kontrollierbares Verfahren, das nachwachsende Rohstoffe nutzt und eine kaskadische, also mehrstufige Nutzung dieser Biomasse ermöglicht“, sagt Marzban.
Auch andere Prozesse könnten dem Huminstoffexperten zufolge von dem neuen Verfahren profitieren – etwa durch die Integration in Bioraffinerien, um feste und flüssige Rückstände in Huminstoffe umzuwandeln.
bb