Schutzfilm von Bakterien entschlüsselt
Berliner Forscher haben einen essenziellen Bestandteil von Biofilmen entschlüsselt: das Protein TasA. Die besondere Struktur macht den Biofilm extrem widerstandsfähig.
Biofilme können nicht nur Schiffsrümpfen zusetzen oder unsere Zähne angreifen. Sie können sogar gesundheitsgefährdend sein, wenn sich Mikroorganismen in die hartnäckigen und schleimigen Schichten einnisten oder diesen gar selbst produzieren und sich dadurch vor unserem Immunsystem oder Antibiotika schützen. So macht es auch das Bakterium Bacillus subtilis, das eine ganz eigene Methode entwickelt hat, die schützende Schleimschicht aufzubauen. Ein Berliner Forscherteam um Anne Diehl vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und Yvette Roske vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) berichtet im Fachjournal PNAS von der besonderen Schleimbildung.
TasA ist ein dynamisches Protein
Um die Ausbildung von Biofilmen zu hemmen und die Wirksamkeit beispielsweise von Antibiotika zu garantieren, ist es notwendig, die Struktur des Biofilms zu kennen. Wie die Forscher jetzt herausfanden, wird der wichtigste Baustein des Biofilms, nämlich das Protein TasA, bereits im Zellinneren vorgeformt. Gelangt TasA dann nach außen, bildet es längere Ketten, sogenannte Fibrillen, die wie ein Grundgerüst oder „Mauern“ den Biofilm stabilisieren.
Das Ziel der Berliner Forscher war es, die molekulare Struktur von TasA zu entschlüsseln. Anne Diehl vom FMP wurde dabei von den Eigenschaften des Proteins überrascht: „Ich habe in den 32 Jahren meiner Berufstätigkeit auf dem Gebiet der Proteinstrukturforschung noch nie mit einem so dynamischen Protein gearbeitet. Bereits nach kurzer Zeit lagern sich die löslichen TasA-Proteine zusammen und erzeugen einen Gelee-artigen Zustand“, so Diehl im Rückblick.
Robuster Kern mit flexiblen Schlaufen
Einen möglichen Grund fand Yvette Roske vom MDC: Sie entschlüsselte die dreidimensionale Faltung des Proteins mittels hochenergetischer Röntgenstrahlung am BESSY in Berlin-Adlershof. „Es zeigte sich, dass die Struktur von TasA in weiten Bereichen hoch geordnet ist. Ein großer Anteil an ß-Faltblatt-Elementen verleiht dem Protein einen robusten Kern, der jedoch mit flexiblen Schlaufen dekoriert ist", erklärt Roske.
Hohe Stabilität trotz fehlender Aminosäure Arginin
Überrascht waren die Forscherinnen auch darüber, dass die Aminosäure Arginin nicht zu den Bestandteilen von TasA gehört. Denn Arginin ist einer der häufigsten Bausteine von Proteinen. „Dass ein Protein gänzlich auf diesen Grundbaustein verzichtet, muss einen Grund haben", betont Diehl. Arginin dient häufig als Ansatzpunkt für Proteasen - Enzyme, die andere Proteine zerschneiden. Die Abwesenheit von Arginin erklärt möglicherweise die außerordentliche Stabilität von TasA gegenüber Proteasen und macht dieses Protein damit zu einem äußerst robusten Stützpfeiler des schützenden Biofilms.
Neue Ansätze gegen Krankheitserreger
Die Erforschung der Biofilme geht nun in die nächste Phase. Die Teams vom FMP und MDC konnten bereits zeigen, dass sich zuvor ungeordnete flexible Teile von TasA neu ausrichten, wenn sich die Bausteine zu Fibrillen zusammenlagern. Weitere Untersuchungen der Fibrillen sollen dazu beitragen, die Stabilität der Biofilme besser zu verstehen und vielleicht sogar neue Ansätze im Kampf gegen Krankheitserreger zu finden.
jmr