Mit grünen Textilien in die Zukunft

Mit grünen Textilien in die Zukunft

Die Textilindustrie nimmt Kurs in Richtung Kreislaufwirtschaft. Vor allem Start-ups gehen mit Innovationen voran.

T-Shirt aus Kaffeeresten (Neonyt 2019)

Kleidung aus Baumwolle oder Kunstfasern wie Polyester dominieren seit vielen Jahrzehnten die Modehäuser Europas. Doch Baumwolle verbraucht viel Wasser, und Polyester wird aus Erdöl hergestellt. Noch haben die beiden Klassiker nicht ausgedient, aber sie bekommen Konkurrenz: Die Textilindustrie ist im Wandel und nimmt Kurs in Richtung Nachhaltigkeit. Doch welche neuen nachhaltigen Materialien gibt es? Einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen in der Textilindustrie lieferte Sascha Peters von der Berliner Zukunftsagentur Haute Innovation in einer Online-Vorlesung der Hochschule Pforzheim.

Das Material bestimmt das Design

„Ich beobachte seit langem, dass nicht mehr nur die Form, sondern auch das Material das Design bestimmt“, erklärt der Materialexperte und Trendscout für neue Technologien. Er sei überzeugt, dass die Zukunft der Branche in der Kreislaufwirtschaft liege. „Es gilt, biologische Materialien so zu nutzen, dass sie in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden können.“ Auch Kunststoffe sollten Peters zufolge so verwendet werden, dass sie im technischen Kreislauf bleiben und so Rohstoffe nicht verlorengehen.

Start-ups sind Trendsetter für grüne Innovationen

Der Vortrag des Experten zeigt einmal mehr, dass bei der Entwicklung nachhaltiger Materialien vor allem junge Unternehmen Trendsetter sind. Sie setzen verstärkt auf Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Energieeffizienz und folgen damit den Prinzipien einer Circular Economy mit geschlossenen Materialkreisläufen. Hier kommen insbesondere Textilien zum Einsatz, deren Fasern aus landwirtschaftlichen Reststoffen oder recycelten Materialien wie Alttextilien und Plastik gewonnen wurden.

Lederalternativen aus Pflanzenfasern

Das italienische Start-up Catania stellt beispielsweise Kleidung aus Cellulosefasern auf Basis von Orangenschalen her, die bei der Fruchtsaftproduktion abfallen. Bananenblätter sind hingegen der Rohstoff, aus dem das Schweizer Start-up Qwstion Taschen produziert. Die Faser namens Bananatex ist zu 100% biologisch abbaubar, denn zur Beschichtung wurde Bienenwachs verwendet. Aber auch Fasern aus Blättern und Stängeln der Ananasfrucht eignen sich als Lederersatz, wie das Londoner Label Ananas Anam beweist. Lederalternativen aus Apfel- und Weintrester oder Mango und Kaffeesatz sind bereits auf dem Markt.

Bei der Konzeption schon an Recycling denken

Auch alte Textilien und Kunststoffe werden zunehmend zu neuen Materialien verarbeitet. So werden recycelte Plastikflaschen zu Rucksäcken und Sportschuhen oder Polyamide aus Fischernetzen zu neuen Teppichböden verwebt. Dass alte Textilien nichts für die Restmülltonne sind, sondern ein Rohstoff, aus dem Neues entstehen kann, beweist das dänische Start-up Really. Hier werden Textilreste zu neuen Platten für die Möbelindustrie verarbeitet. „Es ist wichtig, dass man die Rückführung des Materials gleich bei der Konzeption mitdenkt“, betont Sascha Peters.

Recycelte Kunststoffe werden zu neuen Materialien. (Neonyt 2019)

Ein innovatives wie ungewöhnliches Beispiel dafür ist das vom schwedischen Start-up Streammateria entwickelte biologisch abbaubare Material. Gemeinsam mit dem Sportartikelhersteller Puma wurde es für Sporttextilien entwickelt. Die sogenannte Fast-Fashion-Kollektion besteht aus Cellulose und Bakterien und hat eine sehr kurze Lebensdauer. Noch während des Tragens zersetzt sich das Material.

Innovationen aus dem Biotech-Labor

Einen anderen Weg Ressourcen zu schonen und gleichzeitig CO2-Emmissionen einzusparen, geht das US-Unternehmen Modern Meadow mit der Züchtung von tierischen Stammzellen im Labor. Nicht nur Ersatzfleisch wie Burger lassen sich daraus herstellen, sondern auch Taschen. Das Unternehmen züchtet Hautzellen der Kuh, um Leder herzustellen und entwickelt mithilfe von Bakterien Farbstoffe zum Färben. Vielen Innovationen liegen biotechnologische Verfahren zugrunde. So auch der Entwicklung von biotechnologisch hergestellter Spinnenseide, die von der Martinsrieder Firma AMSilk entwickelt wurde. Die sogenannte Biosteel-Faser nutzte Adidas als Obermaterial für eine neue Sneaker-Kollektion. Das Hightech-Material ist naturbasiert und vollständig biologisch abbaubar. Auch die Milchproteine für die Kleider von Anke Domaske wurden im Biotech-Labor zu textilen Fasern verarbeitet.

bb