Leder nachhaltig nachgerben
Lanxess hat ein biotechnologisches Verfahren entwickelt, um Falzspäne aus der Lederherstellung als Rohstoff für biologisch abbaubare Nachgerbstoffe zu verwenden.
Vom Sitzpolster im Auto bis zum Kinderschuh: Leder ist ein vielseitig genutztes und zugleich recht umweltfreundliches Material, da es ein nachwachsender und weitgehend klimaneutraler Rohstoff ist. Beeinträchtigt wurde diese Bilanz bislang durch Chemikalien, die als sogenannte Nachgerbstoffe eingesetzt werden. Der Chemiekonzern Lanxess hat nun ein biotechnologisches Verfahren in Serie gebracht, bei dem Falzspäne aus der Lederherstellung direkt weiterverarbeitet werden zu biologisch abbaubaren und dennoch hoch funktionalen Nachgerbstoffen.
Vollautomatischer Prozess in modularen Anlagen
Die als X-Biomer bezeichnete Serie von Nachgerbstoffen entsteht, indem die Biopolymere der Falzspäne zunächst zerkleinert und dann je nach Verwendung zu Polymeren mit speziellen Eigenschaften modifiziert werden. Der vollautomatische Prozess kann dank modularer Anlagen direkt in der Gerberei erfolgen.
Ökologisch ist der Gewinn ein mehrfacher: Die Nachgerbstoffe bestehen aus biologisch abbaubaren Rohstoffen und können in der Abwasserbehandlung leicht durch Mikroorganismen zersetzt werden. Zwei der drei X-Biomer-Produkte erhielten sogar das Zertifikat „leicht abbaubar“ gemäß OECD-Richtlinie 301F, ein drittes war nach vier Wochen zu mehr als der Hälfte abgebaut. Generell führen die chemischen Eigenschaften dieser Nachgerbstoffe zu einer verringerten Abwasserbelastung, und auch die sogenannte Salzfracht liegt weit unter einem Prozent. Konventionelle Nachgerbverfahren erhöhen die Salzkonzentration normalerweise deutlich, was Prozess- und Abwasser belastet. Nicht zuletzt fallen die Falzspäne nicht mehr als Abfallstoffe an und müssen weder transportiert noch entsorgt werden. Das ist zugleich eine Kostenersparnis.
Nachhaltig, günstig und leistungsstark
Qualitativ müssen sich die biotechnologischen Nachgerbstoffe auch nicht verstecken. Selbst chromgegerbte Leder mit hohen technischen Anforderungen lassen sich damit erzeugen. Die individuelle Anpassung der Polymere ermöglicht zudem, die Produkteigenschaften hinsichtlich Färbbarkeit, Fülle, Dichte, selektiver Füllung, Hitzebeständigkeit und Lichtechtheit exakt auf die Anforderungen im Nachgerbverfahren zuzuschneiden. Die reduzierte Salzfracht bietet Vorteile hinsichtlich Fettung und Färben.
Gemeinsam mit dem Schweizer Anlagenbauer Hüni hat Lanxess nun das Verfahren erstmals kommerziell angeboten. Der Schritt stellt die nächste Phase des Anlagenkonzepts ReeL (Ressourceneffiziente Herstellung von Lederchemikalien) dar, an dessen Entwicklung auch die Kooperationspartner Invite und Heller-Leder beteiligt sind. Heller-Leder betreibt seit 2017 die Pilotanlage in Hehlen, in der das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Verfahren unter realen Produktionsbedingungen entwickelt und getestet wurde.
bl