Konferenz der Kohlendioxid-Verwerter
Kohlendioxid ist ein Klimagas, doch ebenso ein interessanter Rohstoff für die Chemie- und Energiewirtschaft. Auf einer Konferenz in Köln ging es um innovative Verfahren der CO2-Nutzung.
Die fünfte Ausgabe der „Conference on CO2 as Feedstock for Fuels, Chemistry and Polymers” am 6. und 7. Dezember hatte rund 180 Experten aus 20 Ländern angelockt. Das Nova-Institut hatte die Veranstaltung organisiert. Die Teilnehmer einte die Sicht, aus dem Zuviel an Kohlendioxid in der Atmosphäre eine Tugend zu machen - und das Gas als Rohstoff oder Baustein für innovative Produkte in der Chemie- und Energiewirtschaft zu nutzen.
Die Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen ist entscheidend für eine insgesamt nachhaltige Stromversorgung mit niedrigem CO2-Ausstoß. Überschüssige Energie aus Windkraft und Co. könnte dann für Zeiten aufgespart werden, in denen die Produktion die Nachfrage nicht decken kann. Bedingt durch die Schwankungen bei Wind und Sonneneinstrahlung müssen bisher noch konventionelle Kraftwerke für Stabilität im Stromnetz sorgen.
Fieberhaft wird an der effizienten Umwandlung von elektrischer Energie in eine geeignete Speicher-Form geforscht, die möglichst selbst nicht auf fossilen Brennstoffen beruht. Vielversprechend sind sogenannte Power-to-liquid und Power-to-gas-Technologien, bei denen erneuerbare Quellen genutzt werden, um elektrische Energie in Form von Biokraftstoff oder Biogas zu speichern. Dabei wird mittels Elektrolyse Wasserstoff erzeugt, welcher zusammen mit CO2 über eine chemische oder biologische Katalyse in Kohlenwasserstoffe umgewandelt wird. Der große Vorteil solcher Technologien wäre, dass man nicht nur einen Speicher für Energie aus Sonne und Wind hätte, sondern gleichzeitig klimaschädliches CO2 binden würde. Die Ansätze unterscheiden sich hinsichtlich der angewandten Prozesse und der dabei entstehenden Produkte.
Abgase in Biomethan umgewandelt
Neben verschiedenen chemischen Verfahren zur Bindung und Umwandlung von CO2 sind vor allem auch biologische Katalysatoren groß im Kommen. Die Electrochaea GmbH aus dem bayerischen Planegg etwa nutzt Archaeen, um Kraftwerkabgase gespeist von regenerativer Energie in Biomethan umzuwandeln. Die urtümlichen Mikroorganismen sind nämlich nicht nur unempfindlich gegen die in den Abgasen enthaltenen Schwefelgase, sie brauchen diese sogar zum Überleben. Mit Wasserstoff als Beilage produzieren die Mikroben Methan, als Nebenprodukte entstehen Wasser und Wärme. „Ein großer Vorteil dieses biologischen Verfahrens ist die Resistenz der Archaeen gegen Verunreinigungen in den zugeführten Abgasen“, sagte Doris Hafenbradl, Chief Technology Officer bei Electrochaea. „Diese müssen für vergleichbare chemische Verfahren aufwendig herausgefiltert werden, was einen großen Kostenfaktor darstellt.“ Electrochaea erprobt seinen Biokatalysator in einer fortgeschrittenen Pilotanlage im Rahmen des BioCatProject in Dänemark.
CO2 als Rohstoff für hochwertige Biotechnologie
Aber Sprit und Biogas sind nicht einzigen möglichen Produkte einer Rückgewinnung von CO2 aus der Atmosphäre. Verschiedene Startups nutzen speziell entwickelte Mikroorganismen, um aus CO2 hochwertige Plattform-Chemikalien und Polymere herzustellen. Phytonix aus den USA nutzt zum Beispiel Cyanobakterien, die aus CO2 den für die Chemieindustrie wichtigen Stoff Butanol herstellen. Damit wurde ein auf der Verbrennung fossiler Brennstoffe basierender Prozess durch eine innovative Methode ersetzt, die sogar CO2 bindet, also eine positive Kohlenstoffbilanz hat. Auch hier wird es 2017 bereits eine Pilotanlage geben.
Die Firma Syngip aus den Niederlanden hat ein Bakterium entwickelt, um damit Isobuten herzustellen, einen Ausgangsstoff für Kraftstoffe und Chemikalien. Weitere innovative Startups und Spin-offs wollen aus CO2 und anderen „Abfällen“ wie Biomüll mithilfe von Mikroorganismen Biokunststoffe und organische Säuren produzieren. Die vielen unterschiedlichen Ansätze scheinen auf eine Zukunft hinzudeuten, in der CO2 nicht mehr nur ein Garant für Luftverschmutzung und Klimaerwärmung sein könnte, sondern auch ein begehrter Ausgangsstoff für verschiedenste hochwertige Produkte. Ob diese Innovationen eine breite Anwendung finden wird sich in den nächsten Jahren abzeichnen. Die verschiedenen Netzwerke, welche sich die politische und wirtschaftliche Förderung der neuen CO2-Technologien zur Aufgabe gemacht haben, halten vor allem private Investitionen und die richtigen politischen Rahmenbedingungen für entscheidend.
Photosynthese am Reißbrett
Viele Forscher halten Verfahren, die sich an der natürlichen Photosynthese orientieren, für den Weg der Zukunft. Pflanzen und Bakterien tun seit Jahrmillionen genau das, was der Mensch nun technisch auf seinem Weg zur Nachhaltigkeit nachmachen will: Mit regenerativer Energie, nämlich Sonne, CO2 in energiereiche Kohlenwasserstoffe umwandeln. Allerdings ist die Effizienz der natürlichen Photosynthese sehr gering. Wissenschaftler forschen deshalb an einer künstlichen Photosynthese nach natürlichem Vorbild, jedoch mit höherer Effizienz. Dabei handelt es sich noch um Grundlagenforschung, eine Anwendung liegt noch in der Zukunft. Auf der CO2-Konferenz des Nova-Instituts stellte Stenbjörn Styring von der Universität in Uppsala, Schweden die Arbeit seiner Gruppe vor. Diese beschäftigt sich mit der Photosynthese in Cyanobakterien. Erst kürzlich gelang es Forschern am Max-Planck-Institut für Terrestrische Mikrobiologie und dem LOEWE-Center für Synthetische Biologie in Marburg, 17 Enzyme aus neun verschiedenen Organismen zu einem völlig neuartigen Stoffwechselweg zur CO2-Fixierung zusammenzubauen. Über ihre Konstruktion berichten sie im Fachjournal „Science“.
Klar wurde in Köln, dass die effiziente Rückgewinnung von CO2 aus der Atmosphäre eine zukunftsträchtige Alternative zur Abhängigkeit von endlichen, fossilen Ressourcen ist und gleichzeitig eine Maßnahme für den Klimaschutz darstellt. Da es dabei um die Verarbeitung zu wertvollen Kraft- und Werkstoffen geht, könnte die innovative CO2-Nutzung der Chemie- und Energiebranche neuen Aufschwung und breite Akzeptanz bescheren.