CO2-haltige Industrieabgase biologisch verwerten
Rauchgase aus der Müllverbrennungsanlage liefern den Rohstoff, aus dem ein Forschungsverbund aus Nordrhein-Westfalen mittels mikrobieller Fermentation Inhaltsstoffe für neue biobasierte Produkte gewinnen will.
Auf dem Weg zu einem klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaften in der Industrie gerät die Verwertung von CO₂ immer stärker in den Fokus – und das wird von der Bundesregierung gefördert. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat zu diesem Themenfeld die Fördermaßnahme „Klimaneutrale Produkte durch Biotechnologie – CO2BioTech“ aufgelegt. Im Rahmen von CO2BioTech sind mittlerweile zehn Verbundprojekte zu biotechnologischen Verfahren in der chemischen Industrie gestartet.
CO₂-Nutzung in regionalen Wertschöpfungsketten
CO₂ als Ressource steht auch in dem regionalen Forschungskonsortium ReCO2NWert im Mittelpunkt, das gerade seine Arbeit aufgenommen hat. Das Kürzel steht für „Umsetzung der Ressourcenwende in der chemischen Industrie durch biotechnologische CO₂-Nutzung in regionalen Wertschöpfungsketten“. Die Allianz aus regionalen Forschungseinrichtungen und Unternehmen in Nordrhein-Westfalen zielt darauf ab, einen neuen regionalen Wertschöpfungskreislauf zu etablieren, um die Ressourcenwende im Rheinischen Revier voranzutreiben und nachhaltige Produkte herzustellen. Ziel ist die Entwicklung eines mehrstufigen Prozesses, um unvermeidbare Prozessgase biotechnologisch in industriell nutzbare Produkte umzuwandeln. Das Vorhaben wird aus Mitteln des Strukturstärkungsgesetzes (StStG) Kohleregionen mit insgesamt rund 8 Mio. Euro gefördert und vom Cluster Industrielle Biotechnologie (CLIB) koordiniert.
Konsortium ReCO2NWert
Das Konsortium besteht aus dem Cluster Industrielle Biotechnologie (Koordinator), Babor, Covestro, Fraunhofer IME, Fraunhofer UMSICHT, MVA Weisweiler, nova-Institut, RWTH Aachen und der Ruhr-Universität Bochum
Mit Bakterien Abgase aus der Müllverbrennungsanlage recyceln
Konkret sollen aus den CO₂-haltigen Rauchgasen der Müllverbrennungsanlage Weisweiler in den kommenden Jahren mithilfe von Bakterien neue Inhaltsstoffe für Kosmetikprodukte oder Ausgangsstoffe für Kunststoffe gewonnen werden. „In dem Projekt ist eine Reihe von Containerlösungen geplant, die jeweils einen Schritt auf dem Weg vom CO₂ zum Wertstoff beinhalten“, erklärt Carolin Mügge von der Ruhr-Universität Bonn.
In der Modell-Verbrennungsanlage der Forschenden soll zunächst das Abgas in einem Container elektrochemisch zu Synthesegas umgewandelt und anschließend von Bakterien in einem Gasfermentationsprozess in einfache Alkohole umgesetzt werden. „Diese wiederum nutzen wir dann für Bakterien oder isolierte Enzyme als Substrat für die Herstellung verschiedener Zielprodukte, die für Kosmetika oder Kunststoffe genutzt werden können“, erklärt die Biotechnologin.
Um die Wirtschaftlichkeit der neu entwickelten Plattformtechnologie zu demonstrieren, wollen die insgesamt zehn Projektpartner eine Containeranlage konzeptionieren, welche künftig als mobile Einheit auch außerhalb des Rheinischen Reviers eingesetzt werden kann. Die Forschenden sind überzeugt, dass die entwickelte Technologie langfristig dazu führen kann, dass integrierte Produktionsanlagen separate Industriezweige miteinander vernetzen und so völlig neue, zirkuläre Wertschöpfungskreisläufe geschaffen werden.
bb/pg