Casein als Klebstoff für Holzfaserplatten

Casein als Klebstoff für Holzfaserplatten

Holzfaserplatten aus recyceltem Altholz und mit dem Milchprotein Casein verklebt – dieses innovative Material ist das Ergebnis einer Kooperation von Fraunhofer Werkstoffforschenden und der Designerin Sofia Souidi.

Ob einfarbig, marmoriert, mit grafischen Elementen oder terrazzoähnlichen Strukturen – Superwood bietet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten.
Ob einfarbig, marmoriert, mit grafischen Elementen oder terrazzoähnlichen Strukturen – Superwood bietet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten.

Möbel aus Holz haben eine lange Tradition. Doch Regale oder Schränke bestehen heute meist nicht mehr aus Massivholz, sondern aus Holzfaserplatten. Möbel aus sogenannten mitteldichten Faserplatten (MDF) haben den Vorteil, dass sie Schwankungen bei Temperatur und Luftfeuchte besser standhalten. Der Nachteil: Die Holzfaserplatten werden mit einem Bindemittel verklebt, das Formaldehyd enthält – ein stechend riechender Stoff, der Krebs erzeugen kann.

Formaldehydfreies Bindemittel auf Casein-Basis

Ein Material, das alle Vorteile von MDF bedient, aber ohne Formaldehyd auskommt, hat nun Designerin Sofia Souidi mit Unterstützung des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung – Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) kreiert. „Gemeinsam mit der Produktdesignerin Sofia Souidi haben wir ein hochleistungsfähiges, formaldehydfreies Bindemittel auf Casein-Basis entwickelt. Kombiniert mit Holzfasern entsteht daraus ein Material, das wie MDF verarbeitet werden kann – wir nennen es Superwood“, berichtet Steffen Sydow, Projektleiter am Fraunhofer WKI.

Superwood besteht demnach aus dem Milchprotein Casein, das ein wichtiger Grundstoff der Käseproduktion ist. Die Nutzung des Milcheiweißes als Klebstoff konkurriert hier jedoch nicht mit der Lebensmittelproduktion, denn das Casein wird aus Abfallprodukten der Milchproduktion gewonnen. Bei diesen sogenannten Abfällen handelt es sich um Milch, die aus hygienischen Gründen entsorgt werden muss. In Deutschland sind das jährlich zwei Millionen Liter. Auch für die Holzfaserplatten wird kein Baum extra gefällt, sondern Altholz verwendet. Damit ist das neue Material nicht nur nachhaltig produziert, sondern auch vollständig recycelbar. Darüber hinaus hat das Team mit andersfarbigen Forst- und Produktionsabfällen experimentiert, die in das Material gemischt wurden und verschiedenste Gestaltungsvarianten für Holzfaserplatten eröffneten.

Für Möbelbau und Architektur geeignet

Superwood lässt sich sowohl zu Platten als auch zu Formteilen pressen und ist daher sowohl für den Möbelbau als auch in der Architektur einsetzbar. „Denkbar wäre die Herstellung von Platten aus unserem Material, die wie Gipskartonplatten vielseitig und unkompliziert im Innenausbau verwendet werden könnten“, erklärt Produktdesignerin Sofia Souidi. Auch im Fahrzeuginterieur, wie im Innenausbau von Wohnmobilen und Wohnwagen, wäre das Material wegen der 3D-Formbarkeit eine Alternative.

Recyclingkonzept für Superwood erstellt

Darüber hinaus hat das Team besonders auf die Wiederverwendbarkeit des neuen Materials Wert gelegt und ein Recyclingkonzept für die Verwertung nach Ende der Nutzungszeit erstellt. „Für mich war die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer WKI im Hinblick auf die Überführung des Herstellungsprozesses in den industriellen Maßstab besonders gewinnbringend. Die technischen Möglichkeiten im Technikum des Fraunhofer WKI haben meine vorhergehenden Versuche auf die nächste Ebene gebracht“, so die Designerin.

Im Rahmen der ersten Projektphase, die von Juli 2019 bis August 2021 dauerte und vom Fraunhofer-Netzwerk „Wissenschaft, Kunst und Design“ gefördert wurde, ging es vor allem um die Zusammensetzung und Optimierung des Materials im kleinindustriellen Maßstab. Die Förderung der zweiten Projektphase bis August 2022 erfolgt durch die IKEA-Stiftung.

bb