Neue Holzfasern zum Bauen
Forscher der Universität Kassel wollen aus Weidenholz Endlosfasern entwickeln und als neuen textilen Werkstoff etablieren.
Weidenholz wurde bereits vor Jahrhunderten zum Korbflechten genutzt, weil es äußerst biegsam, leicht und trotzdem zugfest ist. Die in wasserreichen Gegenden beheimateten Bäume wachsen im Vergleich zu anderen Hölzern wie Buche außerdem sehr schnell und sind daher als nachwachsender Rohstoff für die Bioökonomie äußerst interessant. Die Eigenschaften des Weidenholzes wollen sich Forscher der Universität Kassel nun zunutze machen. Im Verbundprojekt TETHOK - Textile Tektonik für den Holzbau geht es um die Entwicklung sogenannter Endlosfäden aus Massivholz für textile Werkstoffe.
„Im Grunde nehmen wir buchstäblich einen Faden wieder auf, der vor etlichen Jahrzehnten abgerissen ist – Korbflechterei hat in Mitteleuropa eine lange Tradition", sagt Projektleiterin Stefanie Silbermann. „Auch für die Holzweberei gab es Ansätze im Handwerk des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Bemühungen an der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR in Eberswalde in den 1980er Jahren, endlose Fäden aus Weidenholz zur Bestückung von Webstühlen zu entwickeln, brachen mit der deutschen Wiedervereinigung ab.“
Endlosfäden aus Weiden flechten
Gemeinsam mit Gestaltern der Universität Kassel will das Team nun leichte, flexible und zugfeste Flechtweidenschienen mit einem Querschnitt von wenigen Quadratmillimetern stirnseitig zu einem Endlosfaden zusammenfügen. So soll ein neuartiges Halbzeug für die Weiterverarbeitung zu textilen Strukturen entstehen. Je nach Weiterbehandlung erhält die Holzfaser dann ihre Festigkeit. Das sogenannte Monofil lässt sich aufspulen und anschließend mit unterschiedlichen Verarbeitungsverfahren zum Beispiel verknoten, weben, flechten, legen und wickeln. Am Ende der Projektlaufzeit 2020 soll die automatisierte Fertigung der Endlosfäden aus Weidenholz an Web- und Flechtmaschinen sowie Leg- und Wickelrobotern möglich sein
Perspektiven für die Landwirtschaft
„Unsere Entwicklung vereint die Vorteile von Textilien mit den Vorteilen von Massivholz“, erklärt die Sprecherin des Verbundprojektes, Heike Klussmann. „Textilien sind leicht, flexibel, sehr formbar und ästhetisch. Dazu kommt, dass Holz nachhaltig ist und sein vielseitiger Anbau Perspektiven für die Landwirtschaft bietet, auch in Deutschland.“ Nicht nur die Landwirtschaft würde davon profitieren. Auf Grund der zahlreichen Vorteile textiler Werkstoffe sehen die Forscher ein breites Anwendungsspektrum für ihre neuen textilen Massivholzfasern vor allem in der Architektur, im Bauwesen, im Fahrzeugbau und im Produktdesign. Daraus könnten beispielsweise textile Formholzteile für Strukturbauteile, Fassaden, Möbel oder Innenausstattungen von Autos hergestellt werden.
bb