Bioökonomierat: Proteinquellen erschließen
Hülsenfrüchte, Algen und Insekten sind hochwertige Eiweißlieferanten. Der Bioökonomierat fordert in einem Analyse-Papier, die Erforschung alternativer Proteinquellen zu stärken.
Die Weltbevölkerung wächst rasant. 2050 werden nach Schätzungen der Vereinten Nationen 9,7 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Schon heute haben 795 Millionen Menschen nicht ausreichend zu essen und leiden unter Hunger und Unterernährung.
Proteinversorgung der Zukunft im Blick
Die Weltbevölkerung auch zukünftig zu ernähren, gehört daher zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Dabei geht es aber nicht nur um Masse, sondern um „eine für Mensch und Umwelt gesunde Ernährung“, wie der Bioökonomierat in einem aktuellen Analysepapier schreibt. Hinsichtlich einer gesunden und nachhaltigen Ernährung sieht das Beratergremium der Bundesregierung daher die „Proteinversorgung“ als Schlüssel und lenkt den Fokus auf das Potenzial alternativer Eiweißquellen wie Hülsenfrüchte, Algen und Insekten.
Der Grund: Die Produktion eiweißhaltiger Lebensmittel vor allem auf Basis tierischer Proteine belasten zunehmend Umwelt, Klima und Gesundheit. Etwa 70% der weltweiten Agrarflächen werden allein für den Anbau von Futtermitteln für Nutztiere verwendet. Hinzukommen der enorme Wasserverbrauch in Ackerbau und Tierhaltung sowie große Mengen klimaschädlicher Stoffe wie Methan oder Nitrat, die durch die Tierhaltung die Umwelt schädigen. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach tierischen Proteinquellen auch in Ländern wie Indien deutlich an.
Lösungen für nachhaltige Ernährung
Mit seiner aktuellen Kurzanalyse „Bioökonomie für eine nachhaltige Ernährung – Lösungsansätze für die Proteinversorgung der Zukunft“ nimmt sich der Bioökonomierat diesem Thema an und formuliert Lösungsansätze. Bereits heute bietet der Markt zahlreiche vegane oder pflanzliche Alternativen, um den Proteinbedarf zu decken. „Es gibt jedoch neue Produkte und Verfahren der Bioökonomie, die hier noch einen Schritt weiter gehen. Die wohl spannendsten Entwicklungen spielen sich gerade in der Proteingewinnung durch Algen, Insekten und Mikroorganismen ab“, betont die Ernährungsforscherin Hannelore Daniel, die Mitglied des Rates ist. Den Fleischkonsum auf ein „gesundes Maß“ zu reduzieren und gleichzeitig die Nutzung alternativer Proteinquellen stärken, würden nach Einschätzung des Biokonomierates vor allem in den Industrieländern die mit der Tierhaltung verbundenen Probleme deutlich entschärfen.
Papier zu alternativen Proteinquellen
Das BÖRMEMO „Bioökonomie für eine nachhaltige Ernährung – Lösungsansätze für die Proteinversorgung der Zukunft“ ist bereits die sechste Kurzanalyse zu einem speziellen Thema aus der biobasierten Wirtschaft, die der Bioökonomierat erarbeitet hat.
Eine zunehmend begehrte Eiweißquelle sind Insekten. Mit neuen Produkten wie Fitnessriegeln aus Grillen oder Mehlwürmern statt Beef im Burger versuchen vor allem Start-ups hierzulande, das Interesse für die ungewöhnliche Kost zu wecken. Auch als Tierfutter sind Insekten gefragt. Der Vorteil: Im Gegensatz zur Fleischproduktion ist der Verbrauch von Wasser, Energie und Ackerfläche deutlich niedriger. Platz- und ressourcenschonend ist auch die Aufzucht von Mikroalgen. Die grünen Winzlinge benötigen keinen Ackerflächen. Sie gedeihen sogar im Brackwasser sowie an Gebäudefassaden und auf Dächern.
Markthürden überwinden
Damit der Sprung in den Massenmarkt gelingt, seien jedoch noch viele technologische Hürden zu überwunden, schreiben die Autoren des Papiers. Gleiches gilt für die Produktion von In-vitro-Fleisch: es gebe erste vielversprechende Versuche, Fleisch auf der Basis von Stammzellen im Labor zu züchten. Der Bioökonomierat verweist darauf, dass sich bei all diesen neuen Produkten wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen ergeben, etwa im Bereich der Lebensmittelsicherheit, der industriellen Fertigung und der Käufermotivation.
Forschung stärken
„Neue Lebensmittel dieser Art könnten die Ernährung der Zukunft revolutionieren. Hierfür muss man die Forschung an alternativen Proteinquellen jedoch stärker fördern“, so Co-Ratsvorsitzende Christine Lang. Mit dem BÖRMEMO appelliert der Bioökonomierat daher an die Bundesregierung, „finanzielle Mittel und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen für Forschung“ an alternativen Proteinquellen zu sichern. Zudem weist der Rat auf die Bedeutung des Verbraucherverhaltens hin. Denn Neuerungen wie Lupinen-Drinks oder Insektensnacks haben demnach nur eine Chance, wenn der Kunde im Supermarkt die Wahl zwischen herkömmlichen Fleischwaren und alternativen Proteinprodukten hat.
bb