Phosphor-Management auf dem Acker verbessern

Phosphor-Management auf dem Acker verbessern

Phosphor ist auf dem Acker eine unverzichtbare wie knappe Ressource. In einem bundesweiten Verbundprojekt untersuchen Bodenforscher, wie sich die Phosphorversorgung der Pflanzenbestände dauerhaft steigern lässt.

Bodenforscher wollen die knappe Ressource Phosphat effizienter nutzen und den Pflanzen besser zugänglich machen. Hierfür testen sie unter anderem auf kleinen Ackerparzellen Lösungen mit Phosphat-mobilisierenden Mikroorganismen.

Phosphor ist ein essenzieller Bestandteil aller lebenden Organismen. Ohne das Element würde weder der Energiehaushalt in Zellen aufrechterhalten werden können, noch wäre beispielsweise die Zellteilung möglich. Besonders in der Landwirtschaft wird mit Phosphor in Form von Phosphat gedüngt, um das Pflanzenwachstum zu unterstützen. Die Vorräte an mineralischem Lagerstätten-Phosphat werden jedoch immer knapper und werden in wenigen hundert Jahren aufgebraucht sein.

Verbundprojekt für nachhaltiges Phosphor-Management

Ein gesunder und ausreichend mit Nährstoffen versorgter Boden ist wichtig für eine nachhaltige wirtschaftliche Nutzung. Deshalb hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter anderem die Förderinitiative „BonaRes – Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie“ ins Leben gerufen. Als Teil der Bodenforschungs-Initiative befassen sich Wissenschaftler aus Rostock, Braunschweig, Jülich, Cottbus und München in dem Verbundprojekt „InnoSoilPhos“ mit der Frage, wie Phosphor als knappe Ressource effizienter genutzt und neue Phosphorquellen erschlossen werden können. Das Verbundprojekt wurde vom BMBF von 2015 bis 2018 mit rund 2,3 Mio. Euro gefördert.

Koordinator des Verbundes ist Peter Leinweber, Professor für Bodenkunde an der Universität Rostock. „Die Nutzungseffizienz von Phosphor muss dringend verbessert werden“ betont Leinweber. „Die Landwirtschaft ist der größte Verbraucher von Phosphor, doch nur ein kleiner Teil davon kommt letztlich auf unserem Teller an. Auf dem Feld wie in der Viehhaltung kommt es hier zu großen Phosphor-Verlusten, die diffus in die Umwelt verteilt werden und so beispielsweise zur Gewässereutrophierung beitragen.“

Phosphornutzung: Von der atomaren bis zur gesellschaftlichen Ebene

Um diese komplexe Fragestellung zu bearbeiten, untersuchten die Wissenschaftler verschiedene Aspekte: „Unser Ansatz war es, die Phosphorproblematik auf allen möglichen Skalenebenen zu untersuchen – von der atomaren Ebene hin bis zur gesellschaftlichen“, sagt Leinweber.

Wissenschaftler der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) haben hierfür die molekularen und chemischen Grundlagen der Phosphorbindungs- und Lösungsvorgänge mit experimentellen Ansätzen ins Visier genommen. Wie sich Phosphor auf atomarer Ebene im Boden verhält, untersucht die Arbeitsgruppe für Theoretische und Molekülphysik der Universität Rostock. Hier interessiert die Wissenschaftler vor allem die Bindung von Phosphor und Phosphorverbindungen an Bodenbestandteile. Zudem haben die Physiker untersucht, wie diese Verbindungen aufgebrochen und das Phosphat somit den Pflanzen zur Verfügung gestellt werden kann.

Münchner Forscher von der Technischen Universität und dem Helmholtz Zentrum haben außerdem analysiert, wie Mikroorganismen Phosphat im Boden aufschließen können. „Die Kollegen haben die genetischen Grundlagen der Phosphatmobilisierung in verschiedenen Mikroorganismen entschlüsselt. Sie haben aufgedeckt, unter welchen Bedingungen Gene für die Phosphatmobilisierung und den Phosphattransport aktiv werden“, so Leinweber. Das Ziel: Diese Aktivierung soll in Zukunft gezielt gesteuert und in der Landwirtschaft zum Einsatz gebracht werden können. Für die Phosphatmobilisierung aus dem Unterboden arbeiten die Bodenforscher auch mit Wissenschaftlern eines 3weiteren BonaRes-Projektes namens Soil zusammen. Hier geht es darum, die Nährstoff- und Wasserressourcen im tiefgelegenen Unterboden der Äcker für Pflanzenwurzeln besser zugänglich machen.

Inokulate und Pflanzen-Mikroben-Gemeinschaften

Wie können Pflanzen von einem verbesserten Phosphor-Angebot profitieren? Dieser Frage geht das Team um Leinweber nach. Dazu führen die Forscher Experimente in Laborgefäßen und auf kleinen Parzellen im Feld durch. „Wir haben Inokulate, also Lösungen mit Phosphat-mobilisierenden Mikroorganismen hergestellt, die wir auf die Pflanzen und den Boden gegeben haben“, erläutert Leinweber. Hierfür wurden zuvor Pilze und Bakterienstämme aus Bodenproben isoliert, deren Nützlichkeit im Hinblick auf die Phosphatmobilisierung bereits bekannt war. „Wir haben außerdem untersucht, bei welchen Kulturpflanzen diese Pilze und Bakterien bereits besonders häufig angesiedelt sind. Diese Pflanzen werden wir dann als Zwischenfrüchte auf den Äckern einführen, um die Konzentration an Phosphat-mobilisierenden Mikroben im Boden zu erhöhen“, so Leinweber.

Bei der Anwendung dieser beiden Ansätze – Inokulate mit Mikroorganismen oder Anbau von Pflanzen mit hoher Mikrobendichte – entpuppte sich der zweite Ansatz als vielversprechender: „Die Inokulate, die wir auf dem Ackerboden verbreitet haben, haben generell einen relativ geringen Effekt“, sagt Leinweber. Der Bodenforscher vermutet, dass die zusätzlichen Mikroorganismen in dem komplexen Nahrungsnetz des Bodens nicht durchsetzungsfähig genug sind.

Derzeit wird in einem Anschlussprojekt im Rahmen des BonaRes-Projekts untersucht, wie oft die Zwischenfrüchte mit der hohen Mikrobendichte angebaut werden sollten, um eine langfristig verbesserte Phosphatmobilisierung zu ermöglichen und den Phosphor-Bedarf nachfolgender Kulturpflanzen zu decken.

Die elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt einen Phosphor-lösenden Pilz auf Knochenkohle.

Recyclingdünger aus Knochenkohle

Leinwebers Team testete zudem eine altbekannte Quelle phosphorhaltigen Düngers: Knochenkohle, die aus Schlachtanfällen gewonnen wird. „Zusammen mit dem Julius-Kühn-Institut in Braunschweig haben wir auf mehreren Parzellen verschiedene Arten von Knochenkohle ausgebracht und deren Wirkung auf das Pflanzenwachstum untersucht“, erläutert Leinweber.

Knochenkohle ist besonders nährstoffreich und wurde mittlerweile als Boden­verbesserungs­mittel in Deutschland zugelassen. Das Problem: Bisher beinhaltet die Knochenkohle noch hauptsächlich schwer lösliche Phosphatverbindungen. In Zukunft könnten hier abermals die Phosphat-mobilisierenden Mikroorganismen oder auch chemische Aufschlussverfahren ins Spiel kommen, um das Phosphat den Pflanzen besser zugänglich zu machen.

Viele Düngeempfehlungen unnötig

In Rahmen des Projekts InnoSoilPhos wurde auch die heutige Düngepraxis im Ackerbau kritisch hinterfragt. „Nach unseren Berechnungen ist die Düngeempfehlung für viele Böden gar nicht notwendig oder viel zu hoch angesetzt“, so Leinweber. Tatsächlich habe die Düngung kaum Einfluss auf den landwirtschaftlichen Ertrag, sei somit Geldverschwendung und belaste unnötig die Umwelt.

Der Effekt von überflüssigem, ausgespültem Phosphor auf die Umwelt wurde ebenfalls untersucht: Bodenphysiker der Universität Rostock analysierten hierfür das „Austragssystem“, also die Verluste von Phosphor im Feld sowie die unerwünschten Einträge in die Gewässer. In einem Anschlussprojekt wird zudem die Betriebsökonomie des Phosphat-Managements untersucht. Hier werden Fragen untersucht wie: wieviel kostet die überflüssige Düngung die Landwirte? Geht sie tatsächlich mit einer Ertragssteigerung einher?

Politikempfehlungen zum Phosphor-Management

Schließlich befasste sich das Projekt auch mit den „Governance-Aspekten“ im Umgang mit Phosphor. Hier geben die Wissenschaftler Empfehlungen zu rechtlichen Regelungen, politischen Rahmenbedingungen sowie ethischen Aspekten. „Um das Phosphormanagement zu verbessern, muss man letztlich auch beim Konsumverhalten ansetzen“, so Leinweber. Bei der Fleischproduktion werde besonders viel Phosphor eingesetzt, das wiederum von den Tieren nur ineffizient genutzt und zu einem Großteil ausgeschieden wird und so letztlich in der Umwelt landet. „Die größten Phosphor-Probleme und Gewässerbelastungen sehen wir immer dort, wo auch die Tierhaltung sehr hoch ist“, unterstreicht Leinweber. Um den Phosphorverbrauch zu minimieren und somit die Umwelt zu schonen, sei demnach auch ein Umdenken beim Konsumenten nötig.

Autorin: Judith Reichel