Bergbau: Mit Mikroben Kupfer gewinnen
Bislang werden Kupfererze mit Chemikalien aufbereitet. Deutsche und chilenische Forscher wollen nun bioaktive Stoffe aus Meeresbakterien als umweltfreundliche Alternative etablieren.
Kupfer ist für die deutsche Industrie ein bedeutendes Massenmetall: Es wird vor allem in der Kabel- und Elektroindustrie gebraucht, aber auch in der Bau- und Automobilbranche und im Maschinenbau. Bislang muss der Wertstoff entweder über Metallkonzentrate oder als Roherz importiert werden. Ein wichtiger Partner für Deutschland ist hierbei Chile, Weltmarktführer für Kupferabbau und –export. „Chile hat ein großes Interesse daran, die eigene Bergwerksproduktion an Kupfer effizienter und umweltbewusster zu gestalten“, erklärt Martin Rudolph, Leiter der Abteilung Aufbereitung am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF). Das Institut gehört zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und kooperiert eng mit der TU Bergakademie Freiberg. Im HIF werden Technologien erforscht und entwickelt, die dabei helfen sollen, eine langfristige Versorgung der Wirtschaft mit strategisch wichtigen Technologiemetallen sicherzustellen.
Mit Blick auf den Pazifikstaat Chile sehen die Helmholtz-Forscher großes Optimierungspotenzial. So wird dort Salzwasser anstelle von Frischwasser eingesetzt, um das Wertmetall zu gewinnen. Allerdings ist dafür ein erhöhter Einsatz an Chemikalien nötig. Außerdem geht das im Erz enthaltene Molybdän verloren – ein wichtiges Sondermetall, das unter anderem für Stahllegierungen als Schmiermittel und in elektronischen Bauteilen verwendet wird.
Bakterien statt Chemikalien
Vor diesem Hintergrund haben die Deutschen nun im Februar gemeinsam mit dem Advanced Mining and Technology Center an der Universidad de Chile in Santiago de Chile eine Kooperation gestartet. Unterstützt mit einer Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wollen die Forscher innerhalb der nächsten drei Jahre einen umweltfreundlicheren Weg finden, um Kupfer aufzuarbeiten.
Dabei setzen die Wissenschaftler auf Bakterien als nützliche Helfer. Schon bei der Gewinnung von seltenen Erden gibt es erste Ansätze, Mikroben im Bergbau zu nutzen. Bei der Kupferaufarbeitung sind vor allem solche Bakterien gefragt, die an die salzhaltigen Bedingungen angepasst sind. Die Wissenschaftler haben deshalb Meeresbakterien im Visier. Diese könnten eine vielversprechende Alternative zu Chemikalien sein und den Molybdänverlust mindern, glauben die Forscher. „Wir brauchen keine lebenden Mikroben, sondern nur jene aktiven Stoffe, die in der Lage sind, mineralische Oberflächen gezielt zu verändern“, erläutert Katrin Pollmann, die am HIF die biotechnologische Arbeitsgruppe leitet. „Das können bakterielle Zellen, Zellbestandteile, Stoffwechselprodukte oder Biomoleküle sein.“
Umweltfreundliche Aufarbeitung von Roherzen
Auf diesem Wege könnte das bisher genutzte Verfahren der Flotation umweltverträglicher werden. Seit 150 Jahren wird die Flotation in der Industrie eingesetzt, um Roherze aufzuarbeiten und die wertvollen von den weniger wertvollen Mineralien zu trennen. Denn viele nützliche Metalle liegen oftmals in sehr geringen Konzentrationen vor. „Kupfer liegt in den Erzen oft fein verteilt vor und ist für klassische Aufbereitungsverfahren schwer zugänglich", sagt Katrin Pollmann. Bei der Flotation wird beispielsweise das fein zermahlene Erzgestein mit Wasser vermengt. Durch den Zusatz von Chemikalien werden die Erzpartikel unterschiedlich benetzbar gemacht; Wertstoffe werden gesammelt und wertlose Partikel zurückgehalten. Der Kupfergehalt von Roherz kann dadurch von rund einem Prozent auf etwa 30 Prozent gesteigert werden.
Bioflotation als neuen Standard etablieren
In Zukunft wollen die Forscher nun einen biobasierten Ansatz – die Bioflotation – etablieren. Statt chemischer Reagenzien sollen bioaktive Stoffe zum Einsatz kommen, die aus den salztoleranten Bakterien isoliert werden. Schon heute ist bekannt, dass bestimmte Bakterien das Eisenmineral Pyrit für ihren Stoffwechsel brauchen – bei der Aufbereitung von Kupfer muss dieses Mineral abgeschieden werden. Ziel ist, dass sich die bioaktiven Stoffe an die Erzminerale anlagern und so die kupfer- und molybdänhaltigen Minerale herausgefiltert werden. In einem ersten Schritt wollen die Forscher zunächst geeignete Bakterien finden, um die bioaktiven Substanzen zu isolieren. Im zweiten Schritt sollen die Wechselwirkungen mit den Mineraloberflächen bis auf die Molekülebene untersucht werden. HIF-Forscher Martin Rudolph betont: „Wir nehmen an, dass sich Bioflotation einfach in die klassische Aufbereitung integrieren lässt. Ein weiterer Vorteil: Bioaktive Stoffe bauen sich in der Umwelt selbst ab. Wie sie sich konkret dort verhalten, ist eine Frage für weitergehende Forschung.“
jmr