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Viele Lebensmittel wie Käse, Joghurt, Bier, Hefeteig oder Sojasoße haben einen besonderen charakteristischen Geschmack und sind deshalb sehr beliebt. Vor allem sogenannte nicht-flüchtige Substanzen sind die Grundbausteine für diese einzigartigen Geschmacksprofile. Diese Grundbausteine wiederum bestehen aus Bruchstücken langer Eiweißmoleküle, die zum Beispiel bei der mikrobiellen oder enzymatischen Umwandlung von Milch- oder Getreideeiweiß entstehen. Von diesen Bruchstücken gibt es jedoch mehr als tausend verschiedene Varianten, und bisher ist unklar, welche von ihnen für das jeweilige Geschmacksprofil verantwortlich sind.

Geschmacksgeber schnell und effizient filtern 

Ein Forscherteam um Thomas Hofmann, Leiter des Lehrstuhls für Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik an der Technischen Universität München (TUM) und Direktor des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie, hat nun ein neues, zeitsparendes und kostengünstigeres Analyseverfahren entwickelt, um die geschmacksgebenden Eiweißbruchstücke herausfiltern zu können.

Wie die Biochemiker im Fachblatt „Journal of Agricultural and Food Chemistry“ berichten, kombiniert das Verfahren bereits etablierte Methoden aus der Proteom- und der Sensorikforschung. Dadurch können die gesuchten Eiweißbruchstücke effizient und schnell identifiziert werden. „Wir haben daher für diese Art der Vorgehensweise den Begriff ‚Sensoproteomics‘ geprägt“, sagt Andreas Dunkel vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie, der ebenfalls an der Studie beteiligt war.

17 Geschmacksgeber identifiziert

Um die Methode zu testen, untersuchte das Team zwei verschiedene Frischkäsesorten, die sich in ihrer Bitterkeit unterscheiden. Es galt herauszufinden, welche Eiweißbruchstücke diesen Geschmacksunterschied verursachen. Laut einer Literaturanalyse kamen etwa 1.600 Bruchstücke in Frage. Durch erste chemische Ausschlussverfahren sowie mithilfe der neuen Kombinationsmethode gelang es dem Forscherteam, die Zahl der möglicherweise verantwortlichen Eiweißbruchstücke auf 17 zu reduzieren. „Der von uns entwickelte ‚Sensoproteomics‘-Ansatz wird künftig dazu beitragen, geschmacksgebende Eiweißfragmente verschiedenster Lebensmittel im Hochdurchsatzverfahren schnell und effizient zu identifizieren – eine nicht-unwesentliche Hilfe, um Produkte geschmacklich zu optimieren“, so Hofmann.

Gefördert wurde das Projekt über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi).

jmr

Many foods such as cheese, yoghurt, beer, yeast dough or soy sauce have a special characteristic taste and are therefore very popular. So-called non-volatile substances in particular are the basic building blocks for these unique taste profiles. These building blocks in turn consist of fragments of long protein molecules that are formed during the microbial or enzymatic conversion (fermentation) of milk or cereal proteins. However, there are more than a thousand different variants of these fragments, and it is still unclear which of them are responsible for the respective taste profile.

New process identifies taste molecules

A research team led by Thomas Hofmann, head of the Department of Food Chemistry and Molecular Sensor Technology at the Technical University of Munich (TUM) and director of the Leibniz Institute for Food Systems Biology, has now developed a new, time-saving and more cost-effective analytical method to identify the taste-giving protein fragments.

According to their report in the "Journal of Agricultural and Food Chemistry", the new method of the Munich bioechemists combines established methods from proteome research and sensory research. This enables them to quickly and efficiently identify the protein fragments they are looking for. "We coined the term 'sensoproteomics' for this type of procedure," says Andreas Dunkel from the Leibniz Institute of Food Systems Biology, who was also involved in the study.

New method identifies 17 flavour molecules out of 1,600 possibilities

In order to test their new method, the team investigated two different types of cream cheese that differ in their bitterness. The aim was to find out which protein fragments caused this difference in taste. According to a literature analysis, it could have been one of 1,600 fragments. Using initial chemical exclusion procedures and the new combinatory method, the research team succeeded in reducing the number of possible protein fragments that cause the difference in bitternes down to 17. "The 'Sensoproteomics' approach we have developed will in the future contribute to the rapid and efficient identification of flavour-giving protein fragments from a wide range of foods using the high-throughput method - a significant help in optimising the taste of products," says Hofmann.

The project was funded by the German Federation of Industrial Research Associations "Otto von Guericke" e.V. within the framework of the programme for the promotion of joint industrial research of the Federal Ministry for Economic Affairs and Energy (BMWi).

jmr

Ob Kartoffeln, Getreide oder Mais: Nahrungsmittel, die als Vorrat lagern, ziehen oft Schadinsekten an, die für große Verluste sorgen. Selbst in klimatisierten Lagern wie Getreidesilos ist die Ware vor einem Schadbefall nicht hundertprozentig sicher. Am Fachinstitut für Ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz des Julius Kühn-Instituts (JKI) in Berlin wird derzeit an einer Methode geforscht, die Schadinsekten früh erkennen soll, um eine Ausbreitung des Befalls und damit Einbußen zu verhindern.

Optische Früherkennung des Insektenbefalls

Die Vision der Wissenschaftler: ein Insektenlaser. Dabei handelt es sich um ein optisches Verfahren zur Früherkennung, das Insekten in Vorratslagern ohne Einsatz von Schadstoffen bekämpfen soll. In dem seit Januar 2018 laufenden Forschungsprojekt „Insektenlaser“ untersucht ein Team um Peter Kern und Cornel Adler vom JKI, ob sich die Lasertechnik in Verbindung mit einer automatisierten Bilderkennung für den Schutz gelagerter Pflanzenerzeugnisse eignet. Erste Ergebnisse präsentierten die Forschenden bereits Anfang Oktober in Berlin auf der Internationalen Vorratsschutzkonferenz (IWCSPP)

Zunächst wurde getestet, ob ein Kamerasystems einzelne sich bewegende Insekten, wie Kornkäfer auf Getreide, auch erkennt. „Dazu gewinnt die Kamera Bildinformationen von der Oberfläche des Schüttgetreides und vergleicht diese kontinuierlich mit Referenzbildern und Merkmalen von Schadinsekten, die zuvor in einer eigenen Datenbank hinterlegt worden sind“, erklärt Adler das Vorgehen. Hierbei ist entscheidend, dass die Kamerasoftware auch leistungsstarke Bilder liefert, um kriechende oder fliegende Insekten sowie deren Larven nach Arten unterscheiden zu können.

Egal ob künstliche Gelenke, Türscharniere oder andere Anwendungen, bei denen mehrere Oberflächen mechanisch aufeinander treffen – ein Tropfen Öl oder Fett als Schmiermittel verbessert oft die jeweilige Funktion. Doch so eine Zugabe ist beispielsweise in der Biomedizin kaum oder gar nicht realisierbar. Deshalb sind Forschende und Ingenieure schon lange auf der Suche nach „selbst-schmierenden“ Materialien. Basierend auf dem Vorbild des Regenwurms haben Wissenschaftler des INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien in Saarbrücken nun ein Material entwickelt, das sich druckabhängig selbst mit Schmiermittel versorgen kann.

Material versorgt sich selbst mit Schmiermittel

Das Faszinierende am Regenwurm: An seiner Haut bleibt selbst feuchte Erde nicht haften, sondern wird abgewiesen. Diese schmutzabweisende, gleitfördernde Schmierschicht haben die Materialforscher nun im Labor nachgebaut. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Advanced Materials“ berichten, kann ihr neuentwickeltes Material sich selbst immer dann mit Schmiermittel versorgen, wenn Druck ausgeübt wird.

Das Material besteht aus einem weichen Kunststoff, in dessen Inneren sich Tröpfchen aus Silikonöl als Schmiermittel befinden. „Wenn wir Druck auf das Material geben, verändern die Tröpfchen ihre Form und wandern an die Oberfläche. Das Silikonöl verteilt sich dann gleichmäßig auf der Oberfläche zu einer wasser- und schmutzabweisenden Gleitschicht“, erklärt Jiaxi Cui, Leiter der Forschungsgruppe Schaltbare Mikrofluidik am INM. Verringert sich der Druck, bilden sich auch die Tröpfchen zurück. Diese gelangen dann wieder in das Innere des Kunststoffes, von wo aus sie bei erneutem Druck abermals an die Oberfläche gelangen.

Raue Oberfläche verbessert Schmiermittelhaftung

Der Clou: die besondes raue Oberflächenstruktur des Materials. „Auch hierbei haben wir uns vom Regenwurm inspirieren lassen. Seine Hautoberfläche ist nicht glatt, sondern rau. Das haben wir bei unserem Material berücksichtigt und die Oberfläche aufgeraut“, erläutert Cui. Dadurch kann sich der Schmierfilm besser und gleichmäßiger ausbreiten und bleibt länger auf der Oberfläche haften. Bei einem Vergleich der Schmiermittelhaftung auf einer glatten Oberfläche und der nachgeahmten rauen Regenwurmstruktur, meisterte der Gleitfilm auf der rauen Struktur 10.000 Reibungszyklen, während der Gleitfilm auf glatten Strukturen nur 300 Reibungszyklen überstand.

Das Besondere des neuen Materials liegt daher in der Kombination der rauen Oberfläche mit den Schmiermitteltröpfchen aus dem Inneren. Zudem ist es das erste Mal, dass die reibungsverringernden Eigenschaften in fester und nicht ausschließlich in flüssiger Umgebung wirken. Daher kann das geschmierte Material auch das Anwachsen von Mikroben verhindern. Auf Grund dieser Eigenschaften können sich die Wissenschaftler zahlreiche Anwendungen in der Industrie und Biomedizin für das neue Material vorstellen.

jmr

Noch existiert der Start-up-Campus nur als Modell, aber mit der Zusage des Bundes zur Finanzierung steht dem Bau des millionenschweren Großvorhabens nun nichts mehr im Wege. Anfang November gab der Haushaltsausschuss des Bundestages grünes Licht für die Errichtung des 95 Mio. Euro teuren Komplexes in Hamburg-Bahrenfeld. Das geplante Technologie- und Gründerzentrum wird damit in unmittelbarer Nachbarschaft zum renommierten Deutschen Elektronen-Synchrotron -DESY angesiedelt.

Plattform für Visionäre 

„Das Technologiezentrum wird nicht nur Unternehmertum fördern; hier können Visionäre große gesellschaftliche Herausforderungen in den Bereichen Gesundheit und Nachhaltigkeit in tragbaren Business-Modellen angehen“, erklärt Johannes Kahrs, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, der das Vorhaben von Beginn an unterstützt hat. Im Fokus des neuen Inkubators stehen Hightech-Gründungen aus den Bereichen Bio- und Nanotechnologie sowie neue, intelligente Werkstoffe.

DESY als Bauplaner

Als Initiator dieses ganzheitlich konzipierten Inkubators wird DESY auch die Verantwortung für den Bau übernehmen. Das Konzept sieht eine passgenaue Bedarfsdeckung für Start-ups aus den Bereichen Life Sciences, Biotechnologie und neue Materialien vor, um Marktreife und Zulassungen von Produkten zu beschleunigen. „DESY und Hamburg sind ideal für die Ansiedlung dieses Start-up-Campus. Unsere Innovationskraft und die vielfältigen Verbindungen in Wirtschaft und Gesellschaft werden das neue Gründerzentrum zum Erfolg führen“, betont Helmut Dosch, Vorsitzender des DESY-Direktoriums. Während die Baukosten vollständig vom Bund getragen werden, wird die Hansestadt Hamburg die Kosten für die ersten Betriebsjahre in Höhe von mindestens 10,5 Mio. Euro übernehmen.

Etappenweise Inbetriebnahme des Zentrums

Mit dem geplanten Technologiezentrum sollen sowohl das wirtschaftliche als auch das Innovationspotenzial, das sich aus neuen Technologien, Möglichkeiten und Entwicklungen in den Bereichen der Lebens- und Materialwissenschaften ergibt, nutzbar gemacht werden. Neugründungen werden hier von modernsten Laboren und Büros, aber auch von der Integration in den Forschungscampus in Hamburg-Bahrenfeld profitieren. Ziel ist es, das Zentrum etappenweise in Betrieb zu nehmen, so dass ein wirtschaftlicher Betrieb zügig gewährleistet werden kann.

bb

Im Juli dieses Jahres hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Organismen, die durch den Einsatz neuer Techniken der gezielten Mutagenese gewonnen wurden, einschließlich der sogenannten Genschere CRISPR-Cas, genetisch veränderte Organismen (GVOs) sind. Als GVOs unterliegen sie den entsprechenden Rechtsvorschriften, der sogenannten GVO-Richtlinie. Diese  reguliert und begrenzt den Verkauf dieser Organismen auf dem europäischen Markt: Sie müssen langwierige und umfassende Tests durchlaufen, wodurch sich ihre Entwicklungszeit und -kosten erheblich erhöhen.

Die Entscheidung des EuGH wurde von der Wissenschaft und der Biotech-Industrie scharf kritisiert. Der Deutsche Bioökonomierat, ein unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung, hat sogar ein neues GVO-Gesetz gefordert. Nun hat die Gruppe der wissenschaftlichen Chefberater des Scientific Advice Mechanism (SAM) der Europäischen Kommission auch eine Erklärung veröffentlicht, in der sie eine „wissenschaftliche Perspektive bezüglich der Regulation von durch Geneditierung entstandenen Produkten und deren Bedeutung für die GVO-Richtlinie" darlegen.

SAM drängt zu neuer GVO-Richtlinie

SAM wurde im Oktober 2015 mit dem Ziel gegründet, die EU-Kommission mit qualitativ hochwertigen, zeitnahen und unabhängigen wissenschaftlichen Gutachten bei ihren politischen Aktivitäten zu unterstützen. Die Gruppe der Chief Scientific Advisors besteht aus sieben unabhängigen Wissenschaftlern. In ihrer Stellungnahme kommen die Berater zu dem Schluss, dass die GVO-Richtlinie überarbeitet werden sollte, damit sie dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. Carlos Moedas, EU-Kommissar für Forschung, Wissenschaft und Innovation, begrüßte die Erklärung von SAM: „Gen-Editing ist eine wichtige Technologie mit einem enormen Potenzial zur Verbesserung der menschlichen Gesundheit und zum Schutz der Umwelt. Die Erklärung der Chief Scientific Advisors liefert einen wertvollen Beitrag zu unseren Überlegungen über die Regulierung der Zukunftssicherheit, damit unsere Gesetze mit den Labors Schritt halten können.“ Vytenis Andriukaitis, EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, fügte hinzu: „Die EU ist ein Verfechter der höchsten Standards der Lebensmittelsicherheit. Um das Beste aus neuen Entwicklungen und Innovationen zu machen, ermutige ich zu einer umfassenden Reflexion und Diskussion darüber, wie wir als Gesellschaft bei Themen wie der Gentechnik vorankommen wollen.“

Die Stellungnahme von SAM geht auf die einzelnen Gründe des im Juli gefällten EuGH-Urteils ein. So weisen die Autoren darauf hin, dass die seit den 1960er Jahren in der Pflanzenzüchtung weit verbreitete zufällige Mutagenese zwar das Genom eines Organismus durch Behandlung beispielsweise mit einem chemischen Mutagen oder Bestrahlung an mehreren Stellen ungezielt verändert, diese Verfahren aber uneingeschränkt angewendet wurden und weiterhin angewendet werden können. Im Gegensatz dazu sind die neuen Techniken, die zu einer gezielten Mutagenese führen, die eine DNA-Sequenz genau an einer oder mehreren Zielpositionen im Genom verändern, durch die GVO-Richtlinie stark eingeschränkt. Daher kommt SAM zu dem Schluss, dass die GVO-Richtlinie aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und neuesten technischen Entwicklungen nicht mehr zeitgemäß ist. Zudem werfe die GVO-Richtlinie weitere Probleme auf, insbesondere im Hinblick auf die Definition von GVO im Zusammenhang mit natürlich vorkommenden Mutationen, Sicherheitserwägungen sowie der Erkennung und Identifizierung.

Das Endprodukt sollte bewertet werden

Außerdem, so der SAM-Bericht weiter, seien die durch die zufällige Mutagenese eingeführten Veränderungen in der Regel drastischer als die, die sich aus gezielten Genomeditierungsstechniken ergeben. Sie umfassen nicht nur zahlreiche Punktmutationen, sondern auch Deletionen und größere Umlagerungen von Genomfragmenten. Die daraus resultierenden geneditierten Pflanzen müssen deshalb anschließend langwierig und genau überprüft werden. Dennoch ist es den Experten zufolge sehr wahrscheinlich, dass die letztendlich ausgewählten Endprodukte zusätzliche, ungewollte Mutationen tragen. Da solch unbeabsichtigte Effekte bei gentechnisch veränderten Produkten seltener auftreten, seien diese sicherer als Produkte der zufälligen Mutagenese. Daher, so argumentieren die Autoren, sollten die GVO-Richtlinien und Rechtsrahmen mehr Wert auf die Merkmale des Endprodukts als auf die Produktionstechnik legen: „Die Sicherheit eines Produkts wird durch seine Eigenschaften bestimmt und nicht durch die Art und Weise, wie es hergestellt wurde."

International einheitliche Regulierungen gefordert

Laut SAM wird das Urteil des EuGH weitreichende Folgen für die Verbraucher wie etwa Landwirte in Europa haben und sich auch auf den internationalen Handel und die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern auswirken. Dieser Argumentation folgend hat auch ein Komitee der Welthandelsorganisation (WTO) kürzlich eine Erklärung zu landwirtschaftlichen Anwendungen der Präzisionsbiotechnologie veröffentlicht. Darin heißt es, dass Präzisionsbiotechnologietechniken wie gezielte Genombearbeitungswerkzeuge für landwirtschaftliche Innovationen unerlässlich sind. Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung und des Klimawandels seien solche Innovationen dringend erforderlich. Ein vorrangiges Ziel sollte es daher sein, die Bemühungen zu koordinieren, um sicherzustellen, dass die jeweiligen Regulierungsansätze wissenschaftlich fundiert und international einheitlich sind.

Wenn sich die nationale Regulierungsansätze unterscheiden, werde dies nicht nur zu einer internationalen Asynchronität der Zulassungen führen, sondern auch zu einer Asymmetrie der Regulierungsansätze und zu potenziellen Handelsproblemen, die Innovationen behindern könnten, heißt es. Daher fordert die WTO die einzelnen Regierungen nachdrücklich auf, willkürliche und ungerechtfertigte Unterscheidungen zwischen Produkten aus der Präzisionsbiotechnologie und ähnlichen Produkten, die mithilfe anderer Methoden hergestellt wurden, zu vermeiden. Nach Angaben der WTO sollte zudem mehr unternommen werden, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Regulierungen und vor allem deren Begründungen zu stärken und damit die Akzeptanz zukünftiger landwirtschaftlicher Innovationen zu verbessern.

Zusammenfassend verlangen sowohl WTO als auch SAM von den europäischen Gesetzgebern, dem Endprodukt Vorrang vor der angewandten Technik zu geben. Wenn dieses als „sicher" eingestuft werde, sollte die jeweilige Technik zur Erreichung dieses Ziels zweitrangig sein. Darüber hinaus plädieren beide Organisationen für eine verbesserte und verstärkte Kommunikation. Sie fordern einen breiten Dialog sowohl mit Interessensgruppen als auch mit der Öffentlichkeit, um anhaltende Ängste und Missverständnisse zu beseitigen.

jmr

In July of this year, the Court of Justice of the European Union (ECJ) ruled that organisms obtained by using new techniques of directed mutagenesis, including those known as ‘gene editing techniques’ such as CRISPR-Cas, are genetically modified organisms (GMOs). As GMOs, they are subject to the corresponding legislation, the so-called GMO-Directive. This directive severely regulates and restricts these organisms from the European market by imposing strict and extensive testing, thereby significantly increasing their developing time and costs.

The decision of the ECJ was met by harsh criticism from the scientific community and biotech industry. The German Bioeconomy Council, an independent advisory body of the German government, even called for new GMO laws. Now, the Group of Chief Scientific Advisors of the European Commission’s Scientific Advice Mechanism (SAM) has also published a statement providing “A Scientific Perspective on the Regulatory Status of Products Derived from Gene Editing and the Implications for the GMO Directive”.

SAM urges for revision of GMO Directive

SAM was established in October of 2015 with the goal to support the Commission with high quality, timely and independent scientific advice for its policy-making activities. Its Group of Chief Scientific Advisors comprises seven independent scientists. In their statement, the advisors conclude that the GMO Directive should be revised to reflect the current state of scientific knowledge. Carlos Moedas, EU-Commissioner for Research, Science and Innovation, welcomed SAM’s statement: “Gene-editing is a critical technology with an enormous potential to improve human health and preserve the environment. The statement by the Chief Scientific Advisors also provides a valuable input into our reflections on future proofing regulation so that our laws can keep up with labs.” Vytenis Andriukaitis, Commissioner for Health and Food Safety, added: “The EU is a champion of the highest standards of food safety. To make the best out of new developments and innovations, I encourage a broad reflection and discussion on how we, as a society, want to go forward with such issues as gene editing.”

The statement by SAM offers a point-by-point reply to the reasons given by the ECJ for their ruling in July. For instance, they point out that although random mutagenesis, which has been used extensively in plant breeding since the 1960s, alters an organism’s genome at multiple positions in a non-targeted way by treatment with e.g. a chemical mutagen or irradiation, these methods have been and can still be used without restrictions. In contrast, the new techniques resulting in directed mutagenesis that alter a DNA sequence precisely at one or more targeted positions in the genome are heavily restricted under the GMO-Directive. Therefore, SAM concludes, new scientific knowledge and recent technical developments have made the GMO-Directive no longer fit for purpose. Moreover, the GMO-Directive gives rise to more general problems, in particular with regard to the definition of GMOs in the context of naturally occurring mutations, safety considerations, as well as detection and identification.

Considering the end product rather than the technique

Furthermore, the SAM statement continues, the changes introduced by random mutagenesis are usually more drastic than those resulting from targeted gene editing techniques, and include not only numerous point mutations, but also deletions and major rearrangements of genome fragments. The resulting mutant organisms (i.e. plants) require lengthy screening of the organisms’ characteristics. Despite this, the ultimately selected end products are likely to carry additional mutations beyond the ones resulting in the desired trait, each of which can be considered to be an ‘unintended effect’. Since unintended effects will occur less frequently in targeted gene edited products, these are potentially safer than the products of random mutagenesis. Therefore the authors argue that the regulatory framework for GMOs should put more emphasis on the features of the end product, rather than on the production technique: “The safety of a product is determined by its characteristics and not by the way it was generated.”

Regulations should be internationally harmonized

According to SAM, the ruling of the ECJ will have far-reaching consequences for European citizens – consumers as well as farmers – and will impact international trade and cooperation with developing countries. Following this line of argument the World Trade Organization (WTO) also recently released a statement on agricultural applications of precision biotechnology. The WTO states that precision biotechnology techniques such as targeted genome editing tools are essential for agricultural innovations. Given the growing world population as well as climate change, such innovations are urgently needed. A primary objective therefore should be to coordinate efforts to ensure that the respective regulatory approaches are scientifically based and internationally harmonized.

If in turn domestic regulatory approaches for products derived from precision biotechnology differ, it will cause not only international asynchronicity in approvals, but also an asymmetry in regulatory approaches and create potential trade issues that could impede innovation. Thus, the WTO urges the individual governments to avoid arbitrary and unjustifiable distinctions between products derived from precision biotechnology and similar products obtained through other production methods. According to the WTO, public communication efforts will build trust in updated regulatory frameworks and improve the acceptability of future agricultural innovations.

In summary, the WTO as well as SAM urge European legislators to give the final product priority over the applied technique to generate it – if the final product is classified as ‘safe’, the respective technique to achieve it should be of less concern. Moreover, both organisations call for enhanced and improved communication with the public and promote a broad dialogue with stakeholders as well as the public to resolve lingering fears and misunderstandings.

jmr

Indonesien ist der weltweit größte Inselstaat und muss sich daher vorrangig autark versorgen. In den 1960er Jahren führte die Regierung dort eine sogenannte grüne Revolution durch, die alledings mit „grün" im Sinne von Nachhaltigkeit wenig zu tun hatte: Die Landwirtschaft wurde stark industrialisiert, um Erträge zu steigern und einer Hungerkatastrophe vorzubeugen. Vor allem die Abkehr von der traditionellen Landwirtschaft und der vermehrte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hinterließen ihre Spuren. Viele Böden haben an Fruchtbarkeit verloren und Rückstände von Pestiziden belasten die Nahrung. Inzwischen besinnen sich deshalb manche Landwirte bereits wieder auf einen ökologisch nachhaltigen Anbau. In dem Projekt IndORGANIC will Martina Padmanabhan diese einzelnen Ansätze fördern, vernetzen und weiterentwickeln, um dem Land langfristig zu einer profitablen und nachhaltigen Landwirtschaft zu verhelfen. Das Bundesforschungsminsterium (BMBF) fördert das Projekt mit 882.190 Euro.

An Tieren getestete Kosmetika sind seit März 2013 innerhalb der EU verboten. In der medizinischen Forschung sind Tierversuche allerdings noch weit verbreitet, weil es an aussagekräftigen alternativen Verfahren fehlt. Um die Erforschung und Vermittlung tierversuchsfreier Testmethoden voranzutreiben, haben die britische Kosmetikfirma Lush und die Verbraucherorganisation Ethical Consumer 2012 den mit 280.000 Euro dotierten Lush-Prize ins Leben gerufen. Bei einem Festakt am 16. November wurden nun zum sechsten Mal die Preisträger gekürt. Erstmals fand die Preisverleihung nicht in London, sondern in Berlin satt.

Preis für zwei deutsche Nachwuchsforscher

56 Nominierte aus 17 Ländern konkurrierten mit ihren In-vitro-Verfahren um den diesjährigen Lush-Preis in den Kategorien Wissenschaft, Ausbildung, Lobbyarbeit, Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchsforschung. Zu den insgesamt 13 Preisträgern gehören auch zwei junge Nachwuchsforscher aus Deutschland: Die Biotechnologin Alexandra Damerau von der Charitè-Universitätsmedizin in Berlin und der  Toxikologe Daniel Urbisch vom Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen. Sie wurden zusammen mit drei weiteren Gewinnern für ihr Engagement in der Kategorie Nachwuchsforscher geehrt. Verbunden mit der Trophäe ist ein Preisgeld von jeweils 11.000 Euro. In den vier anderen Sparten wurden jeweils zwei Sieger prämiert.

Kompaktes In-vitro-Gelenkmodell in 3D

Alexandra Damerou ist Doktorandin an der Berliner Charitè. Ihre persönliche Motivation: Tierversuche ersetzen. In der Abteilung Rheumatologie und klinische Immunologie forscht die 31-Jährige derzeit gemeinsam mit ihrem Team an einem validen In-vitro-3D-Gelenkmodell, um therapeutische Strategien für Arthritis austesten und entwickeln zu können. Die Komplexität des Gelenkmodells ist dabei zugleich Herausforderung und Alleinstellungsmerkmal. Denn bisher fehlt es an einem solch komplexen Modell, mit dessen Hilfe Therapien und Mechanismen der chronischen Gelenkentzündung nachvollzogen werden können. „Wir wollen daher ein komplexes Gelenkmodell auf Basis humaner Vorläuferzellen entwickeln. Dafür müssen alle Komponenten, die in einem Gelenk vorhanden sind, nachgebaut werden – vom Knochen über den Knorpel bis hin zur Bindegewebshülle. 3D Modelle sind komplexere Modelle und damit näher am Original, da man verschiedene Funktionen besser abbilden kann“, erklärt Damerau im Gespräch mit biooekonomie.de. Bis das alternative Testverfahren in der Grundlagenforschung und zum Test therapeutischer Strategien genutzt werden kann, ist es noch ein weiter Weg. „Der Preis zeigt mir, dass es der richtige Weg ist und dass unser Projekt geschätzt wird“, sagt Damerau. Die Arbeit der Nachwuchsforscherin am In-vitro-Gelenkmodell im Projekt „3DInJoMo – 3D Inflamed Joint Model“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Allergische Substanzen gefunden

Die preisgekrönte In-vitro-Methode von Daniel Urbisch ist hingegen bereits in Europa und den USA regulatorisch akzeptiert. Im Rahmen seiner Doktorarbeit bei der BASF in Ludwigshafen hat der 34-Jährige die Grundlage für die Alternativmethode gelegt. Sein Schwerpunkt: Hautsensibilisierer bestimmen. Gemeinsam mit seinem Team entwickelte er eine Teststrategie, bestehend aus drei Alternativmethoden – einem peptidbasierten und zwei zellbasierten Tests. Diese wurden kombiniert, um Stoffe zu detektieren, die allergische Reaktionen der Haut auslösen können. „Unsere Prädiktionsmodell beantwortet die Frage 'Hautsensibilisierer ja oder nein' und besteht aus alternativen Testmethoden.  Hier haben wir jeweils die Methoden mit der höchsten Vorhersagekraft herausgefiltert und so ein Alternativverfahren etabliert, das zuverlässiger als der Tierversuch ist“, erläutert der Chemiker und Toxikologe im Gespräch mit biooekonomie.de.

Bestätigung für den Richtungswechsel

90% der sogenannten Humansensibilisierer und Nichtsensibilisierer konnten Urbisch zufolge mit der tierversuchsfreien Strategie vorhergesagt werden. Im Tierversuch lag die Quote bei 82%. „Unser Verfahren heißt '2 out of 3' und bedeutet, wenn zwei der drei Tests positiv sind, ist die Substanz ein Sensibilisierer“. Mithilfe des Preisgeldes wird Urbisch seine Forschungsarbeit nun fortsetzen. Dabei will sich der Chemiker auf die Wirkstärke der Hautsensibilisierer konzentrieren und weitere chemische Substanzen in peptidbasierten Tests untersuchen, um deren Potenzial vorhersagen zu können. „Der Preis ist für mich eine Bestätigung, dass ich den Richtungswechsel zur Toxikologie damals gemacht habe“, sagt der Forscher.

bb

Hightech-Material aus Zucker

Ein deutsches Forscherteam hat in jahrelanger Forschung ein Verfahren entwickelt, um einen ganz besonderen Zellstoff sowohl in großen Mengen als auch in einer ausgezeichneten Qualität zu produzieren. Bei diesem Zellstoff handelt es sich um sogenannte bakterielle Nanocellulose (BNC). BNC wird nicht etwa aus vorhandener Cellulose gewonnen, sondern wird durch einen biotechnologischen Prozess mit Hilfe eines Bakteriums beispielsweise aus Zuckern hergestellt.

Ein Werkstoff mit Potenzial

Aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften kann die biotechnologisch hergestellte Nanocelllulose die Behandlung für viele Menschen angenehmer und effektiver machen kann. BNC ist hochkristallin, sehr reißfest und kann die 170-fache Menge Wasser aufnehmen. Ihre Fasern sind einhundert Mal dünner als Zellstoff. BNC kann Wirkstoffe bis zu vier Stunden speichern und ist durch den hohen Wasseranteil leicht wieder von der Haut zu lösen. Die Wundauflagen verwachsen nicht mit dem Wundgrund, ermöglichen eine Tragedauer von bis zu 14 Tagen ohne Verbandswechsel und lassen sich auch dann noch schmerzfrei von der Wunde ablösen. So wird die Gefahr von Narbenbildung deutlich reduziert. Auch in der Schönheitsmedizin kommt die aus Bakterien gezüchtete Nanocellulose zum Glätten von Falten zum Einsatz.

Marktreife

Bakterielle Nanocellulose eignet sich als Maske oder Wundauflage sowohl für trockene als auch für feuchte Verbände. Sie ist für medizinische und für kosmetische Anwendungen auf dem Markt erhältlich.

Eine Ernte, zwei Produkte

Diesem Problem stellte sich das Hamburger Start-up Bio-Lutions. Zusammen mit dem brandenburgischen Unternehmen Zelfo entwickelte Bio-Lutions ein Verfahren, um eine nachhaltige Verpackungsalternative aus Agrarabfällen herzustellen. Bei diesem Verfahren werden Pflanzenreste wie Bananenstämme, Tomatenpflanzen, Reis- und Weizenstroh oder Ananassträucher zunächst getrocknet und anschließend mechanisch zu Mikro- und Nanofasern zerkleinert. Durch die Zugabe von Wasser erhält man einen selbstbindenden Faserbrei, der sich ohne chemische Bindemittel in verschiedene Formen pressen lässt. So entstehen zu 100% biologisch abbaubare Verpackungen für Lebensmittel und andere Produkte.

Nicht nur umweltfreundlich, auch wirtschaftlich

Der Prozess spart Wasser und Energie und kommt außerdem ganz ohne Chemikalien und Zusätze aus, wie sie ansonsten in der Zellstoffindustrie durchaus üblich sind. Die Rohstoffe werden vor Ort bezogen und da keine Spezialisten zur Bedienung der Anlage nötig sind, wird lokal produziert. Die Produkte sind kompostierbar. Alles in allem sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltig.

Marktreife

Eine größere industrielle Anlage für die nahezu CO2- neutralen Produkte steht in Karnataka, im Bundesstaat Bangalore. Indien, da dort zum einen die Kosten niedriger sind, zum andern aber das Problem besonders dringlich. Die Situation ist so dramatisch, dass einige indische Bundesstaaten, unter anderem Karnataka, Einwegplastik verboten haben. Der Bedarf an nachhaltigen und preisgünstigen Alternativen ist demnach besonders groß - Abnehmer sind bereits Indiens größter Online-Supermarkt und die indische Kaffeehauskette Coffee-Day.

Gespräche mit Joint-Venture-Partnern und Kunden in weiteren Ländern in Asien, Amerika, Europa und Australien laufen.

 

Für einen kommerziellen Einsatz genügt es noch nicht, dennoch ist bemerkenswert, was einem Team aus deutschen und portugiesischen Elektrochemikern gelungen ist: Die Forscher der Ruhruniversität Bochum, des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr und der Universität Lissabon haben die Stromdichte einer Biobrennstoffzelle verachtfacht. Der Schlüssel dazu ist ein speziell entwickeltes Polymer, wie das Team im Fachjournal „Nature Communications“ berichtet.

Enzym ersetzt Platin

Herkömmliche Brennstoffzellen benötigen als Katalysator das teure Metall Platin. Seit Jahren forschen Chemiker daher an günstigeren Alternativen. Große Hoffnungen ruhen auf den sogenannten Biobrennstoffzellen, insbesondere jener Variante, in der das Enzym Hydrogenase die Funktion des Platins übernimmt. Während das Enzym hydrophil ist – also Wassermoleküle anzieht – , nur in einer wässrigen Lösung funktioniert und empfindlich auf Sauerstoff reagiert, sind die Anforderungen einer Brennstoffzelle genau entgegengesetzt: Die Anode ist hydrophob (Wasser abstoßend), die wässrige Lösung behindert den Transport des Wasserstoffs zur Anode und Sauerstoff ist Teil der Reaktion.

Polymer löst chemische Probleme

Gelöst haben die Forscher das Problem durch ein speziell entworfenes Polymer, das einen porösen Körper bildet. Dort können die Hydrogenasen eingebettet werden. Damit sind sie vor dem Kontakt mit Sauerstoff geschützt. Außerdem hat das Polymer ausgewogen hydrophobe und hydrophile Eigenschaften, sodass es als Bindeglied zwischen den Enzymen und der Anode fungieren kann. „Die porösen Strukturen bieten eine große Oberfläche und ermöglichen so eine hohe Enzymbeladung“, nennt Wolfgang Schuhmann, Leiter des Zentrums für Elektrochemie an der Universität Bochum, einen weiteren Vorteil.

3D-Struktur verachtfacht Stromdichte

Diese hohe Enzymbeladung war das eigentliche Ziel der Entwicklung. Bislang konnte nur eine einzige Enzymlage auf die Anode aufgebracht werden, was den Stromfluss limitierte. Dank des Polymers lassen sich die Hydrogenasen nun in weit höherer Konzentration mit sogenannten Gasdiffusionselektroden verwenden, die eine dreidimensionale Struktur besitzen.

Das neue System erreicht eine Stromdichte von acht Milliampere pro Quadratzentimeter, achtmal so hoch wie bisherige Kombinationen aus Enzym und Polymer. Kombinierten die Chemiker ihre Bioanode mit einer Biokathode, erreichte die so gebildete Biobrennstoffzelle eine Leistungsdichte von bis zu 3,6 Milliwatt pro Quadratzentimeter. Die Leistungsdichte kommerzieller Brennstoffzellen mit Platinkatalysator liegt etwa um den Faktor 100 höher. Bis zu einer wirtschaftlichen Anwendung der Biobrennstoffzelle sind somit weitere Optimierungen erforderlich.

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Die Biowissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) freuen sich über eine Förderung in Höhe von rund 8 Mio. Euro bis 2023. Auf diesen Betrag summieren sich zwei Graduiertenkollegs, die jetzt die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziert hat. Sie werden in den Forschungsschwerpunkt „Biowissenschaften – Makromolekulare Strukturen und biologische Informationsverarbeitung“ der MLU eingebettet.

Auslandsaufenthalte für Doktoranden

„Das ist besonders erfreulich, weil ein Graduiertenkolleg für den wissenschaftlichen Nachwuchs noch einmal deutlich bessere Bedingungen bietet, als es in einzelnen Arbeitsgruppen möglich ist“, hebt Wolfgang Paul, Prorektor für Forschung der MLU, hervor. So ermöglichen die Graduiertenkollegs den Nachwuchsforschern beispielsweise Auslandsaufenthalte in den Laboren internationaler Forschungspartner. 

Proteinfaltung verstehen

Eines der beiden Graduiertenkollegs wird sich mit der Proteinforschung befassen. Konkret geht es darum, die Struktur einer besonderen Art von Proteinen aufzuklären. „Proteine steuern viele wichtige Prozesse im Körper. Um zu verstehen, wie sie funktionieren, müssen wir ihre Struktur genau analysieren und beschreiben können", erläutert die Pharmazeutin Andrea Sinz, Sprecherin des neuen Graduiertenkollegs. Die sogenannten intrinsisch untergeordneten Proteine ändern jedoch ihre Struktur abhängig von ihren Bindungspartnern. Die Forscher möchten herausfinden, welche Mechanismen den Prozessen zugrunde liegen – denn diese Proteinklasse wird auch mit der Entstehung von Tumoren in Zusammenhang gebracht.

Kommunikation in Pflanzenzellen aufklären

Das andere Graduiertenkolleg ist der Pflanzenforschung gewidmet. „Bis heute ist nicht im Detail geklärt, wie die einzelnen Zellräume in Pflanzenzellen koordiniert werden, wie sie miteinander kommunizieren und wie Stoffe von einem Kompartiment ins nächste transportiert werden“, beschreibt Graduiertenkolleg-Sprecher Ingo Heilmann vom Institut für Biochemie und Biotechnologie die Aufgabe. Viele wichtige Moleküle der Pflanze, darunter Phytohormone und weitere sekundäre Pflanzenstoffe, werden schrittweise in unterschiedlichen Kompartimenten zusammengebaut. Wie die Pflanze solche Prozesse koordiniert, möchten die Forscher in den kommenden Jahren aufklären. Je Graduiertenkolleg stehen dazu in der ersten Förderphase elf Promotionsstellen zur Verfügung.

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Anfang Oktober veröffentlichte die Europäische Kommission eine aktualisierte Bioökonomiestrategie, die einen Aktionsplan zur Entwicklung einer nachhaltigen und zirkulären Bioökonomie für ganz Europa enthält. Kurz darauf trafen sich Bioökonomieexperten zu einer von der Europäischen Kommission organisierten Konferenz in Brüssel, um diese neue Strategie zu diskutieren. Nun wollen die sechs führenden europäischen Universitäten im Bereich der Bioökonomie ihre Expertisen in Forschung, Lehre, Bildung und Innovation bündeln und eine gesamteuropäische Bioökonomie-Universität gründen.

Globale Herausforderungen mithilfe der Bioökonomie meistern

Angesichts globaler Herausforderungen wie steigende Bevölkerungszahlen und Klimawandel sind neue und nachhaltige Wege zur Herstellung von Lebensmitteln, Kleidung, Alltagsprodukten und Unterkünften unerlässlich. Die Europäische Union ist deshalb bestrebt, diese Ziele mithilfe der wissensbasierten Bioökonomie zu erreichen. Das Konstrukt einer European Bioeconomy University – einer Bioökonomieuniversität für ganz Europa – ermöglicht es den sechs stärksten europäischen Universitäten im Bereich der Bioökonomie, gemeinsam auf dieses Ziel hinzuarbeiten.

Eine Initiative der Universität Hohenheim

Die Idee der „Europäischen Bioökonomieuniversität" wurde von der Universität Hohenheim mit dem klaren Ziel ins Leben gerufen, die europäische Wirtschaft ressourceneffizienter, nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu machen. „Wir sind uns mit der Europäischen Union einig, dass die Bioökonomie die Zukunft ist", sagte Stephan Dabbert, Präsident der Universität Hohenheim.

Zusammenarbeit ausbauen

Mitglieder der neu gegründeten gesamteuropäischen Universität sind neben der Universität Hohenheim die italienische Universität Bologna, die Universität Ostfinnland, das AgroParisTech – das Paris Institute of Technology for Life, Food and Environmental Sciences, die österreichische Universität für Bodenkultur in Wien sowie die niederländische Universität und Forschung Wageningen. „In der Vergangenheit haben Forscher an diesen sechs Universitäten an zahlreichen Projekten zusammengearbeitet. Wir wollen diese Zusammenarbeit ausbauen und eine neue Form der Zusammenarbeit schaffen, damit wir sichtbarer und effektiver an der Gestaltung der europäischen Bioökonomie arbeiten können", so Dabbert.

Besonders drei Dinge sind nach Ansicht der sechs Universitäten für eine erfolgreiche, gesamteuropäischen Bioökonomieuniversität unerlässlich: Forschung, Bildung und Exzellenz in der Lehre sowie Innovationen. Das sind die Schlüssel zur Umsetzung von Forschungsergebnissen in neue Technologien, Dienstleistungen, Produkte und Unternehmen.

Europäische Bioökonomie stärkt Wirtschaft

Eine zukünftige nachhaltige und wissensbasierte europäische Bioökonomie wird nicht nur den Einsatz fossiler Rohstoffe in der Industrie minimieren und die Umwelt schützen, sondern auch der Wirtschaft zugute kommen: Bereits heute stellt der bioökonomische Sektor mehr als 18 Millionen Arbeitsplätze bereit. Bis 2030 könnten mindestens eine Million neue „grüne" Arbeitsplätze entstehen. Experten zufolge würde davon besonders die junge Arbeitnehmergeneration in Europa profitieren und auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union gestärkt werden. Die Bioökonomie fördert damit den Übergang zu einer nachhaltigen Industrie.

Neue Universität als Denk- und Ideenfabrik

Das Konsortium der sechs Universitäten ist überzeugt, dass die Europäischen Bioökonomieuniversität der EU künftig als Denk- und Ideenfabrik dienen wird. Denn die teilnehmenden Partner decken alle Bereiche der Bioökonomie ab: von Landwirtschaft, Ernährung, Forstwirtschaft, Umwelt und Nachhaltigkeit über industrielle Anwendungen und Biotechnologie bis hin zu wirtschaftlichen und sozialen Aspekten.

jmr