Besseres Brot und Bier dank Saatgutbeimpfung

Besseres Brot und Bier dank Saatgutbeimpfung

Ein Bodenbakterium stärkt Weizen und Gerste bei Stress und verbessert gute Inhaltsstoffe des Korns.

Ein Mann steht in einem Getreidefeld
Feldexperiment zur Untersuchung der Wirkung von pflanzenwachstumsfördernden Bakterien (Sameninokulation) auf den Ertrag von Winterweizen, die Kornqualität und das Rhizosphärenmikrobiom

Jeder elfte Mensch ist unterernährt. Die Ursachen dafür sind zwar vor allem Verteilungsprobleme und die Art, wie Anbauflächen genutzt werden – etwa für Viehfutter statt für Nahrung. Dennoch ist es vor diesem Hintergrund alarmierend, wenn die Klimaforschung prognostiziert, dass immer weniger Standorte optimale Bedingungen für den Ackerbau bieten werden. Die Pflanzenzüchtung forscht deshalb an neuen Sorten, die zum Beispiel besser mit Dürre zurechtkommen oder auch auf salzhaltigen Böden wachsen können.

Zahlreiche Wildpflanzen gedeihen unter salzigen Bedingungen, darunter auch Wildgerste. „Das hat uns auf die Idee gebracht, dass die Wildgerste vielleicht Bakterien in ihrem Wurzelraum hat, die auch Kulturgerste bei Stressbedingungen helfen könnten“, erinnert sich Sylvia Schnell, Mikrobiologin an der Universität Gießen. Generell gilt Gerste als ein Getreide, das man auch bei nicht optimalen Bedingungen und schlechter Bodenqualität anbauen kann. „Weizen reagiert deutlich empfindlicher“, erklärt die Forscherin.

Sommergerste und Winterweizen im Fokus

Entstanden ist aus dieser Idee das Projekt BreadAndBeer, das vom Bundesforschungsministerium mit rund einer Million Euro über sieben Jahre gefördert wird. Ziel des Projekts ist es, die Kornqualität der für Bier bedeutsamen Sommergerste und des für Brot wichtigen Winterweizens unter ungünstigen Umweltbedingungen zu verbessern. „Wir haben diese beiden Getreide gewählt, weil sie auch in der Praxis in typischen Fruchtfolgen angebaut werden, damit der Boden nicht ermüdet und Schädlinge nicht Überhand nehmen können“, erläutert Schnell.

Zunächst galt es, die Hypothese zu prüfen, dass salzangepasste Pflanzen wie die Wildgerste Wurzelbakterien beherbergen, die eine unterstützende Rolle für das Pflanzenwachstum spielen. Dazu isolierte das Forschungsteam entsprechende Bakterien. Einige Gewächshausexperimente später war klar, dass das Bakterium Hartmannibacter diazotrophicus abiotischen Stress bei Gerste mildern und zudem Stickstoff fixieren kann, den es der Pflanze als natürlichen Dünger bereitstellt. „Aber im Gewächshaus sind wir nie bis zum Kornertrag gegangen, das geht schlecht in den kleinen Blumentöpfen“, berichtet Schnell. Deshalb folgten drei Jahre lang Feldexperimente.

Saatgut mit Bakterien beimpft

Auf zwei ökologisch bewirtschafteten Flächen baute das Forschungsteam auf jeweils 7,5 Quadratmetern eines der beiden Getreide in unterschiedlichen Konfigurationen an: In einigen Fällen waren die Samenkörner vorher in einer Lösung mit dem Bakterium beimpft worden. Die Bakterien wurden mit einer Schicht aus Gummi arabicum, einem gummiartigen Pflanzensaft, auf dem Samenkorn fixiert. Eine weitere Schicht aus Talkum sorgte dafür, dass die Aussaat mit einer Sämaschine möglich blieb.

Die erste Frage war: Würden die Bakterien sich gegen das natürliche Bodenmikrobiom behaupten können? Regelmäßig nahmen die Forschenden Proben und schauten, ob H. diazotrophicus noch vorhanden war. 273 Tage lang gelang der Nachweis bei Winterweizen, immerhin 119 Tage lang bei Sommergerste. „Das hat uns erst mal Zuversicht gegeben, das ist eine lange Zeit“, ordnet Schnell ein. Umgekehrt fand sich in den Studien auch kein störender Effekt der neuen Bakterien auf die natürliche Bakteriendiversität im Wurzelraum. „Gerade im Ökolandbau möchte man das System so natürlich wie möglich erhalten“, betont die Mikrobiologin. Im konventionellen Landbau dagegen gebe es eh viele Störungen, etwa durch Pestizide.

Feld mit unreifem Getreide
Sommergerste komplementierte im Projekt die Fruchtfolge.

Mehr Stroh und besseres Korn

Am Ende jeder Vegetationsperiode bestimmte das Forschungsteam den Kornertrag und den Strohertrag. Dabei verglichen die Fachleute, ob es Unterschiede gab zwischen jenen Plots, in denen das Saatgut mit Bakterien beimpft worden war, und jenen, in denen die Pflanzen unbeimpft wuchsen. Erhielten die Pflanzen keine Düngung, dann zeigte sich, dass beimpfte Pflanzen etwas kräftiger wuchsen. „Beim Strohertrag war dieser Effekt signifikant, beim Kornertrag gerade nicht mehr“, berichtet die Projektleiterin. Letzteres könnte aber auch auf die stark schwankenden Umweltbedingungen im Feld zurückzuführen sind, die eine solche statistische Aussage erschweren.

Am Ende spielt für Landwirte aber nicht nur die Menge des Korns, sondern auch dessen Qualität eine entscheidende Rolle. So ist der Rohproteingehalt der ausschlaggebende Faktor für die Bezahlung des Ernteguts bei Weizen. Deshalb analysierten die Forschenden, wie sich die Inhaltsstoffe zusammensetzten. Beim beimpften Weizen war der Proteinanteil klar erhöht und korrelierte zudem mit der Zahl der Hartmannibacter-Bakterien an der Wurzel. „Das ist ein starker Hinweis, dass die Bakterien etwas mit dem Rohproteingehalt zu tun haben“, interpretiert Schnell. Die Projektpartner an der Universität Hohenheim aus der Arbeitsgruppe von Christian Zörb analysierten die Proteine näher und fanden mehr Gliadine und Glutenine nach Samenbeimpfung. Erstere verbessern das Teigvolumen, letztere die Teigelastizität. „Unsere Projektpartner haben mit dem geernteten Korn auch Backversuche gemacht und konnten bestätigen, dass das Getreide nach Samenbeimpfung mit Bakterien eine bessere Backqualität aufweist“, erzählt die Forscherin.

Auch bei Sommergerste zeigte sich ein erhöhter Proteingehalt. „Der war fast schon zu hoch fürs Bierbrauen, weil Protein beim Gärprozess eher stört“, berichtet Schnell. Aber auch die wichtigen Gehalte von Stärke und Amylose fielen durch die Bakterien höher aus. „Je mehr Zucker, desto besser gelingt die alkoholische Gärung“, erklärt die Projektleiterin.

Übertragbarkeit und biologische Prozesse besser verstehen

Inzwischen wurde der Versuchsanbau auf weitere Felder ausgeweitet, die konventionell bearbeitet werden. Verbunden mit anderen Standorten und anderen Wetterbedingungen, sollen so die Ergebnisse auf Allgemeingültigkeit überprüft werden. Gibt es die Effekte auch mit Düngung, Pestizidbehandlung und anderen Bodenbedingungen?

Das Projekt BreadAndBeer

Das Projekt „BreadAndBeer – Produktion von Weizen und Gerste mit reduziertem Input im ökologischen Landbau“ ist Teil der BMBF-Fördermaßnahme „Pflanzenwurzeln und Bodenökosysteme: Bedeutung der Rhizosphäre für die Bioökonomie – Rhizo4Bio“. Beteiligt sind die Justus-Liebig-Universität Gießen und die Universität Hohenheim. Das Bundesforschungsministerium stellt über den Zeitraum von Februar 2020 bis Juli 2027 rund eine Million Euro an Fördermitteln bereit.

Außerdem analysieren die Forschenden nun die Interaktion zwischen Pflanze und Bakterium genauer. Welche Rolle spielt etwa die Stickstofffixierung der Bakterien dafür, dass die Kornqualität steigt? Nicht zuletzt soll im Labor geprüft werden, ob Hartmannibacter nicht nur die Toleranz für versalzte Böden, sondern auch für Trockenstress verbessert. „Wir hatten zwar im ersten Anbaujahr auf dem Feld wahnsinnig trockene Bedingungen“, erinnert sich Schnell. „Das war allerdings in der ersten Wachstumsphase der Pflanzen – da konnte das Bakterium nicht helfen.“ Ob aber die Folgen von Trockenheit während der Blüte oder der Kornfülle abgemildert werden können, das wird die restliche Projektlaufzeit zeigen.

Autor: Björn Lohmann