Mikrobielle Untermieter schützen Weizenpflanzen

Mikrobielle Untermieter schützen Weizenpflanzen

Dürre und Überschwemmungen verändern die Mikrobiota in den Wurzeln und Blättern der Weizenpflanze und könnten helfen, sie gegen Klimastress zu wappnen, wie Leibniz-Forschende belegen.

In Gewächshausversuchen wurden die gemeinsame Reaktion der Weizenpflanzen und ihrer Mikrobiota untersucht, um letztlich neue Erkenntnisse für klimaangepasste Weizenanbausysteme zu liefern.
In Gewächshausversuchen wurde die gemeinsame Reaktion der Weizenpflanzen und ihrer Mikrobiota untersucht, um letztlich neue Erkenntnisse für klimaangepasste Weizenanbausysteme zu liefern.

Wetterextreme wie Dürren und Überschwemmungen haben in der Landwirtschaft allein im Jahr 2018 Schäden in Höhe von rund 770 Mio. Euro verursacht. Betroffen ist auch eine der wichtigsten Nahrungspflanzen – der Weizen. Um die Ernährung auch in Zukunft zu sichern, müssen Pflanzen widerstandsfähiger werden. In einem von der Leibniz-Gemeinschaft geförderten Verbundprojekt haben Forschende das Zusammenspiel von Weizenpflanzen und den sie besiedelnden Mikroorganismen genauer untersucht.

Das Projekt VolCorn wurde vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) koordiniert und von der Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen des Leibniz-Wettbewerbs 2019 mit rund einer Million Euro gefördert. Beteiligt waren das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ), das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) und das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv).

Zusammenspiel von Mikroorganismen und Weizenpflanze

Die Forschenden gingen davon aus, dass die Gemeinschaft der Mikroorganismen, die in den Blättern und Wurzeln der Pflanzen siedeln, für den Weizen ähnlich wichtig ist wie Mikroorganismen für das Immunsystem des menschlichen Körpers – und damit auch Einfluss auf Stresssituationen hat, die durch den Klimawandel ausgelöst werden. Im Fokus der Untersuchungen standen flüchtige organische Substanzen, sogenannte VOCs, die eine entscheidende Rolle bei der Abwehr von Stressfaktoren spielen und von der Pflanze zur Kommunikation mit der Mikrobiota genutzt werden.

Im Labor wurden daher Veränderungen im Stoffwechsel von Weizenpflanzen untersucht und gleichzeitig mit systembiologischen Methoden die Veränderungen in der Mikrobiota bestimmt. Dabei zeigte sich zum einen, dass Überschwemmungen und Dürren nicht nur das Wachstum und den Ertrag von Weizen reduzieren. Auch die Mikrobiota in Wurzeln und Blättern verändert sich. Vor allem in den frühen Wachstumsphasen siedeln sich den Forschenden zufolge vermehrt pathogene Mikroben an, sodass die Pflanze unter Stress anfälliger für Krankheiten wird.

Veränderte Mikrobiota kurbelt Stoffwechsel an

Gleichzeitig stellte das Team fest, dass sich bei Überschwemmungen auch vermehrt nützliche Bakterien im Wurzelraum ansiedeln, welche die Nährstoffaufnahme und Vitaminversorgung der Pflanze fördern. Parallel dazu stellt die Weizenpflanze ihren Stoffwechsel um, damit sie die Stickstoffversorgung und den Stoffwechsel aufrechterhalten kann. Wie das Team herausfand, spielt dabei die Aminosäure Alanin eine zentrale Rolle. „Vermutlich stellt die veränderte Mikrobiota dann vermehrt unterstützende Vitamine zur Verfügung, um den geschwächten Weizen-Stoffwechsel im Wurzelraum zu unterstützen“, erklärte Projektkoordinator Steffen Kolb vom ZALF.

Wichtige Erkenntnisse für die Pflanzenzüchtung

Werden Weizenpflanzen von Schädlingen befallen, beeinflusst dies wiederum die Bildung flüchtiger organischer Substanzen, die der Stressabwehr dienen. „Die Erkenntnisse aus dem vielschichtigen Antwortverhalten der Weizenpflanze und ihrer Mikrobiota sind für die Züchtung klimaresistenter Weizensorten von großer Bedeutung und werden neue Wege zu einem systematischen Management der Mikroorganismen in der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion eröffnen. Wir hoffen, dass wir Mikroben und deren pflanzenförderliche Eigenschaften in Zukunft gezielt anreichern können und so Weizenpflanzen widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel machen können, zum Beispiel gegen Überflutungsstress“, so Kolb.

bb