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Die Natur ist die größte Apotheke der Welt, so heißt es. Sie hält Wirkstoffe für Medikamente parat sowie Substanzen, die das Pflanzenwachstum fördern und Schädlinge bekämpfen. Eine dieser Wirkstoffquellen sind Pilze und deren antimikrobielle Substanzen. Doch die Vielfalt und das Potenzial der Pilze sind weltweit noch lange nicht entziffert. Zu den weniger erforschten Habitaten zählen die tropischen Länder. Unter der Leitung des Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung hat ein internationales Forscherteam in den vergangenen Jahren im Regenwald Thailands die sogenannten Mykobiota auf neue mikrobielle Wirkstoffe untersucht und ist fündig geworden.
Pilzliche Vielfalt auf Wirkstoffe durchforsten
Die Arbeiten wurden im Rahmen des Projekt „GoMyTri- Golden Mycological Triangle“ von der Europäischen Union mit insgesamt 330.000 Euro über das Horizon2020-Programm gefördert. „Wir suchen neue Arten und Gattungen von Pilzen, die sich für die Anwendung als biologische Schädlingsbekämpfungsmittel oder als Produzenten von neuen Wirkstoffen eignen“, erklärt Projektleiter Marc Stadler.
Unbekannter tropischer Pilz entdeckt
Seit 2015 hat das Forscherteam aus Pilzproben im Labor die einzelnen Pilzstämme isoliert und über Sequenzierungen, dem sogenannten genetischen Barcoding, charakterisiert. Zeljka Rupcic und Clara Chepkirui, zwei Doktorandinnen in Stadlers Team, sortierten dabei Vertreter bekannter Gattungen aus. Gemeinsam mit Forschern aus Thailand und den Niederlanden analysierten sie die isolierten Stämme morphologisch als auch phylogenetisch. Dabei stießen sie auf eine neue Pilzgattung, deren lebende Kultur durch antagonistische Reaktionen aufgefallen war, wie die Wissenschaftler im Fachjournal „MycoKeys“ berichten. Aus dem neuen Pilz, dem die Forscher den Namen Pseudobambusicola thailandica gaben, konnten acht Naturstoffe mit antibiotischen und nematiziden Wirkungen extrahiert und identifiziert werden, darunter sechs bisher unbekannte Wirkstoffe.
Tropen-Pilz setzt Pflanzenschädlingen zu
Auf Grund ihrer sehr moderaten biologischen Aktivität sind die neuen Pilzwirkstoffe der Studie zufolge zwar für die Entwicklung von Arzneimittel ungeeignet. Wegen seiner Schlagkraft gegen Nematoden, die in der Landwirtschaft große Schäden anrichten, könnte der Pilz jedoch ein vielversprechender Kandidat für neue biologische Pflanzenschutzmittel sein. Ob sich dieser Pilz zur biologischen Bekämpfung von Fadenwürmern und Schadpilzen und Pilzen tatsächlich eignet, wird derzeit von den Forschern im Rahmen des EU-Projektes "GoMyTri" weiter untersucht. „Dieses Projekt macht nur einen kleinen Schritt in der Wirkstoffforschung an Pilzen aus. Wir haben noch rund 30 weitere Pilzstämme in der Analyse“, sagt Clara Chepkirui.
bb
„Technologieoffene Forschung und Entwicklung sind der Schlüssel, um Zusammenhänge der Bioökonomie zu verstehen und zu nutzen“, sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek bei der Eröffnung des Global Bioeconomy Summit Mitte April in Berlin. Unter anderem gemeint hat sie damit biotechnologische Verfahren, wie die Erbgutsequenzierung, Genomchirurgie oder Fortschritte in der Synthetischen Biologie, die komplexe biologische Prozesse und Systeme besser verständlich machen und den Weg für neue innovativere und nachhaltigere Verfahren ebnen. Auf dieser Grundlage können biologische Produktionssysteme entwickelt werden, die sich durch ein neuartiges Substratspektrum, eine erhöhte Produktvielfalt oder eine hohe Produktionseffizienz auszeichnen. Biologische Ressourcen können so als biochemische "Fabriken" − idealerweise in Koppel- und Kaskadennutzung − für die Erzeugung maßgeschneiderter Inhaltsstoffe genutzt werden. Das adressiert die zweite Ausschreibungsrunde der Fördermaßnahme "Maßgeschneiderte biobasierte Inhaltsstoffe für eine wettbewerbsfähige Bioökonomie", die kürzlich gestartet ist.
Es ist ein typischer Montagmorgen, so manches Gesicht im Hörsaal der Technischen Hochschule Wildau wirkt noch etwas müde. Einer aber ist munter und erläutert geduldig die Zusammenhänge der Biochemie und Bioanalytik. „Es macht mir Spaß, etwas zu erklären – und auch, es noch mal zu erklären“, sagt Fred Lisdat. Der 54-Jährige ist an der Campushochschule südlich von Berlin Professor für Biosystemtechnik. Er liebt die Forschung, aber eben auch die Lehre. Letztere war einer der Gründe, weshalb Lisdat sich seinerzeit für eine akademische Karriere entschieden hat, einen Lebensweg, der noch zu Beginn seines Studiums keineswegs so geplant war.
Wahl zwischen Geschichte, Kunst und Chemie
„Zum Ende der Schulzeit waren meine Lieblingsfächer Geschichte, Kunst und Chemie“, erinnert sich Lisdat. Es war eine Zeit, in der man nicht so einfach wie heute das Studienfach oder gar den Beruf wechselte, also musste eine Entscheidung her. Ausschlaggebend seien die Chancen am Arbeitsmarkt gewesen: „Ich habe mich für Chemie entschieden, weil es damit viele Berufsfelder gibt.“ Gerne hätte er mal ein Jahr pausiert und Geschichte studiert, „aber dann hätte ich den Studienplatz aufgeben und mich wieder neu bewerben müssen“.
Das Studium der Chemie an der Humboldt-Universität in Berlin öffnet dem jungen Mann die Augen für die Reize der Forschung: „In Lehrbüchern wirkt alles immer so klar und übersichtlich. Aber dann gewinnt man eigene Eindrücke und erlebt die Faszination, was alles noch nicht klar ist.“ Man stellt fest, wie viel noch zu entdecken und zu verstehen ist. „Während der Doktorarbeit habe ich gemerkt, dass das für mich das Richtige ist, das mich interessiert und zu mir passt.“
Fremde Kulturen als persönliche Bereicherung
Als Postdoc an der Kyushu-Universität in Japan sammelt Lisdat 1993 zwei wichtige Erfahrungen: Zum einen arbeitet der Chemiker erstmals „in der Biowelt“. Er forscht daran, technische Systeme und biologische System für Sensoren zusammenzuführen – etwas, das ihn bis in die Gegenwart begleiten wird. Zum anderen schätzt er die kulturelle Erfahrung. „Ich ermutige alle meine Studenten, so etwas zu machen, weil man dabei fürs Leben lernt.“ Er selbst reist heute noch gern, um „Hintergründe für Kultur, Religion und Verhalten der Menschen in anderen Ländern zu erkunden und verstehen zu lernen“.
Zurück in Berlin arbeitet Lisdat zunächst am Institut für Technologie und Umweltschutz (INTUS e.V.), wechselt aber bald an die Universität Potsdam ins Institut für Biologie und Biochemie. „Das war ein Institut mit vielen angewandten Forschungsthemen“, erinnert sich der Wissenschaftler an seine Forschung im Bereich Analytische Biochemie. Dort trifft er auf Frieder Scheller, einen der Väter der deutschen Biosensorik und seinen späteren Mentor. Noch zu DDR-Zeiten entwickelte Scheller in Kooperation mit der Firma Eppendorf praktische Geräte zur Glukosemessung, die beispielsweise Diabetespatienten das Leben erleichtern sollten. „In diese Richtung wollte ich auch“, schildert Lisdat seine damalige Erkenntnis, „aber da hatte ich noch einiges dazuzulernen an bioelektrischen Zusammenhängen“. Scheller ermutigt ihn schließlich zur Habilitation – und Lisdat entscheidet sich endgültig für die akademische Karriere. 2004 wird er Professor.
„Von Frieder Scheller habe ich viel für meine eigene Entwicklung gelernt. Er war immer bereit zur Interaktion mit anderen und stark darin Netzwerke aufzubauen“, berichtet Lisdat. „Er hat auch den Kontakt mit Firmen nicht gescheut und hier in der Region viel erreicht.“ Eines der Ergebnisse ist das „DiagnosticNet Berlin-Brandenburg“, in dessen Beirat heute auch Lisdat wirkt.
Freiheit der akademischen Forschung
Trotzdem zieht es ihn selbst nicht in die Industrie: „In der akademischen Forschung gibt es ein paar Freiheiten mehr“, findet der Chemiker. „Es ist zwar immer schön, wenn man sieht, dass es für etwas eine Anwendung gibt – wenn man es hinbekommt.“ Für manche Mitarbeiter sei die Kommerzialisierbarkeit auch durchaus motivierend. „Aber ich stelle bei der Forschung immer wieder fest, dass es noch viele Grundlagenfragen gibt, die nicht verstanden sind.“ Die seien wichtig, um andere Forschungsaufgaben besser umsetzen zu können. „Es ist schön, wenn man gute Tools zur Hand hat. Solche Dinge zu entwickeln, reizt mich am meisten.“
Besonders schätzt Lisdat Fördermaßnahmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). „Es ist zwar schön, durch eine Firma einen Mitarbeiter finanziert zu bekommen, aber für eine Forschungsgruppe ist es auch wichtig, Publikationen zu veröffentlichen und an Tagungen teilzunehmen.“ Das gelinge bei den BMBF-Programmen besser.
Chemie nach dem Vorbild Pflanze
Im Rahmen der Initiative „Biotechnologie 2020+“, in der es im die nächste Generation biotechnologischer Verfahren geht, hat sein Team gerade die erste Förderphase abgeschlossen: Im Tandemprojekt „Nutzung von Sonnenenergie für die Bioelektrokatalyse – Entwicklung von Photobioelektrodenstrukturen“ geht es darum, gemeinsam mit Partnern der HU Berlin auf einer Elektrode geeignete Proteinkomplexe zu verankern, die Licht einfangen, Elektronen transportieren und über diesen Weg Enzyme aktivieren.
Mit Sonnenlicht als Energiequelle sollen so in biohybriden Systemen Spezialchemikalien synthetisiert werden – ganz nach dem Vorbild der natürlichen Photosynthese in Pflanzen. Dazu müssen die Forscher die molekularen Strukturen aufklären, es schaffen, die Moleküle in großer Menge aufzureinigen und deren Funktion zu verstehen und schließlich mit diesem Wissen die Moleküle auf Elektroden funktionell zu immobilisieren. Nicht zuletzt möchte der Chemiker mit Blick auf spätere Anwendungen wissen: „Kann man mit solchen Systemen einen interessanten Grad an Effektivität erreichen?“
Ein weiteres der vielen Themen, mit denen Lisdat sich beschäftigt, ist die Biobrennstoffzelle. „Nicht als Energiequelle der Zukunft, sondern um mit der körpereigenen Energie Sensoren anzutreiben“, beschreibt er das Potenzial unter anderem für die Diabetestherapie. „Die Knopfzelle ist heute bei Sensoren das schwerste Teil, und der Kontakt zum Körper ist eh nötig. Warum nicht direkt dessen Energie nutzen?“ Erst recht, wo der Strombedarf moderner Sensoren stark gesunken ist. „Man kann heute Dinge machen, die vor 20 Jahren nicht möglich waren“, sagt Lisdat. Inzwischen gebe es zwar mehr Konkurrenz in diesem Bereich, „aber durch Erfahrungsaustausch kann man voneinander für die eigenen Fragestellungen lernen“.
Freude an der Lehre
Und dann befasst sich der Professor natürlich weiter mit der Lehre in dem Studiengang, den er mit aufgebaut hat – Biosystemtechnik und Bioinformatik. „Es macht Spaß, vom Konzept bis zur Umsetzung – und bei der Nachjustierung – mit dabei zu sein“, freut sich der 54-Jährige. Manchmal sei es zwar schwierig, die Studenten durch einen komplexen Stoff hindurch zu motivieren. „Aber wenn Absolventen später zurückkehren und freudig erzählen, dann ist das schon eine Bestätigung.“
Autor: Björn Lohmann
Alles hat zwei Seiten, selbst Kohlendioxid. Auf der einen Seite zählt CO2 zu den sogenannten Treibhausgasen, denn die enorme Anreicherung in der Atmosphäre durch das Verbrennen fossiler Energieträger treibt die globale Erderwärmung an. Auf der anderen Seite ist CO2 für Pflanzen, Algen und einige Bakterien lebensnotwendig: Sie wandeln Kohlendioxid mithilfe der Photosynthese in Biomasse um, bei der aus CO2 und Wasser, Zucker und Sauerstoff entstehen. Doch dieser Prozess ist relativ langsam und ineffizient. Der zentrale Biokatalysator der Photosynthese, ein Enzym namens RuBisCo, wandelt im Schnitt nur fünf bis zehn CO2-Moleküle pro Sekunde um.
Preis für bahnbrechende Entdeckung
Tobias Erb, seit 2017 Direktor der Abteilung „Biochemie und synthetischer Metabolismus" am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg, war es gemeinsam mit seinem Team gelungen, ein bis dato unbekanntes Enzym aus Purpurbakterien zu isolieren, welches CO2 bis zu zehnmal schneller umwandelt als RuBisCo. Die Forscher konnten mithilfe dieser hocheffizienten Reaktion und anderen Enzymen aus insgesamt neun verschiedenen Mikroorganismen einen künstlichen Stoffwechselweg zur CO2-Umwandlung im Reagenzglas erschaffen und damit den Weg zur Künstlichen Photosynthese ebnen. Dieser künstliche Prozess könnte in Zukunft einen großen Beitrag zur Deckung des menschlichen Energie- und Nahrungsbedarf leisten und gleichzeitig die Menge an CO2 in der Atmosphäre verringern. Für diese bahnbrechende Entdeckung und Entwicklung wurde Tobias Erb nun mit dem mit 75.000 Euro dotierten „Otto-Bayer-Preis 2018" vom Kuratorium und Stiftungsrat der Bayer Science & Education Foundation ausgezeichnet.
Auf der Spur von künstlichen Stoffwechselprozessen
Ernst-Ludwig Winnacker, Vorsitzender des Stiftungskuratoriums, erklärt: „Die Photosynthese ist der bekannteste Prozess zur Kohlendioxid Umwandlung. Tobias Erb ist mit seiner Forschung an bisher unbekannten CO2-umwandelnden Mechanismen in Mikroorganismen auf der Spur von neuen, künstlichen Stoffwechselprozessen, die zukünftig eingesetzt werden könnten, um CO2 als nachhaltigen Rohstoff zu verwenden."
Der Otto-Bayer-Preis gilt als eine der angesehensten Ehrungen für Naturwissenschaftler im deutschsprachigen Raum. Mit ihm werden Wissenschaftler für wegweisende Forschungsbeiträge auf den Gebieten der Biochemie und Chemie geehrt. Die Auszeichnung wird seit 1984 im Andenken an den Preisstifter und Erfinder der Polyurethan-Chemie, Otto Bayer, verliehen und von der „Bayer Science & Education Foundation" vergeben. Die Stiftung versteht sich als Förderer von Innovation und Pioniergeist an der Schnittstelle von Industrie, Akademie und Zivilgesellschaft.
jmr
There are two sides to everything – even carbon dioxide (CO2): on the one hand the rapid increase in atmospheric CO2 concentration due to the burning of fossil fuels causes intensification of the greenhouse effect, which in turn fuels global warming. On the other hand, CO2 is essential to keep plants, algae and some bacteria alive: they convert the greenhouse gas into biomass in a process known as photosynthesis, in which CO2 and water are used to produce sugars and oxygen. This three-billion-year-old process is relatively slow and inefficient, however. The key biocatalyst of photosynthesis, an enzyme called RuBisCO, converts only five to ten CO2 molecules per second on average.
Award for ground-breaking discovery
Tobias Erb, Head of the Biochemistry and Synthetic Metabolism department at the Max Planck Institute for Terrestrial Microbiology in Marburg since 2017, and his team managed to isolate a previously unknown enzyme from purple bacteria that converts CO2 up to ten times faster than RuBisCO. In a pioneering experiment, they succeeded in establishing an artificial metabolic pathway for in vitro CO2 conversion based on this highly efficient reaction and other enzymes from nine different microorganisms in an initial step towards artificial photosynthesis. These experiments might in future serve as the basis for a relevant contribution towards meeting human energy and food requirements while at the same time reducing the amount of CO2 in the atmosphere. For this ground-breaking discovery Tobias Erb was now honoured with the 2018 Otto Bayer Award by the Board of Trustees of the Bayer Science & Education Foundation, which is worth €75,000.
Artificial metabolic processes for the future
Ernst-Ludwig Winnacker, Chairman of the Foundation’s Board of Trustees, explains, “Photosynthesis is the best-known process of carbon dioxide conversion. Tobias Erb’s research has led him to discover previously unknown CO2-converting mechanisms in microorganisms, and he is seeking new artificial metabolic processes, that could be used in the future so that CO2 can become a sustainable raw material.”
The Otto Bayer Award is one of the most prestigious honours for life scientists in German-speaking countries. It honours scientists who have conducted pioneering research in innovative areas of biochemistry and chemistry. It has been presented since 1984 in memory of its endower and the inventor of polyurethane chemistry, Professor Otto Bayer. The prize is awarded by the Bayer Science & Education Foundation. The foundation sees itself as a promoter of innovation and a pioneering spirit at the interface between industry, academia and civil society. Its primary objectives are the recognition of outstanding achievements in research, the promotion of science talents and support for innovative school projects in biology and chemistry.
jmr
Das Bundesforschungsministerium unterstützt im Rahmen der Fördermaßnahme „Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel“ bislang vier sogenannte Nachwuchsgruppen (www.bioecon-societal-change.de). Eine davon ist STRIVE, die Abkürzung steht für „Sustainable Trade and Innovation Transfer in the Bioeconomy“. Der Bonner Agrarökonom Jan Börner koordiniert die Nachwuchsgruppe, in der fünf Postdocs sowie mehrere Doktorandinnen und Doktoranden forschen.
Beton ist ein Hauptrohstoff der Bauwirtschaft, deren Herstellung allerdings sehr energieintensiv ist. Zudem werden bei der Produktion der Zementklinker, die dem Beton in Form von Zement als Bindemittel beigemischt werden, große Mengen des Treibhausgases CO2 freigesetzt. In Kooperation von Wissenschaftlern der Universität in Lagos aus Nigeria und der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM) entstand ein Bio-Beton aus pflanzlichen Reststoffen. Bei der Entwicklung des nachhaltigen Baustoffes wurden Maniok-Schalen verwendet, die in Afrika bisher im Abfall landeten.
150.000 Euro als Projektförderung
Das deutsch-nigerianische Forschungsprojekt ist eines von insgesamt vier Kooperationen, die Anfang Mai vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Afrika-Strategie der Bundesregierung mit dem Deutsch-Afrikanischen Innovationspreis ausgezeichnet worden. Der mit jeweils 150.000 Euro dotierte Preis kommt den Projekten jeweils als Förderung zugute. Mit der Auszeichnung sollen lokale und regionale Innovationskapazitäten in den afrikanischen Partnerländern gestärkt werden. „Die Preisträger gehen mutig voran mit ihren gemeinsamen Projekten, die in Afrika für innovative Lösungen sorgen und den Menschen neue Perspektiven ermöglichen. Ihre wissenschaftliche Leistung wollen wir heute würdigen und damit die nachhaltige Entwicklung auf dem afrikanischen Kontinent fördern“, sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek bei der Preisverleihung. Eine neue Ausschreibung für den Deutsch-Afrikanischen Innovationsförderpreis sei für den Sommer 2018 geplant.
Kooperation mit Forschern aus Lagos
Das Team um BAM-Ingenieur Wolfram Schmidt von der BAM forscht seit vielen Jahren an pflanzlichen Stoffen, die hierzulande als Rohstoffe für chemische oder mineralische Zusatzstoffe von Beton infrage kommen. Im Fokus stehen dabei vor allem Reststoffe aus der Landwirtschaft. Die Idee Maniok-Schalen als Rohstoff für Baustoffe zu verwenden, stammt von Kolawole Adisa Olonade von der Universität in Lagos. Maniok - auch Cassava genannt - ist in Afrika als Stärkelieferant ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Nigeria ist der größte Cassava-Produzent. Doch die Cassava-Schalen landen tonnenweise auf Müllhalden, wo sie nur langsam verrotten. Dabei schlummert in ihnen ungeahntes Potenzial. "Die Asche aus Cassava-Schalen oder Reishülsen eignet sich hervorragend als Zementersatz für die Betonherstellung", erläuterte Schmidt gegenüber bioökonomie.de auf der Hannover Messe.
Der Beton, den Schmidt in der mehrjährigen Kooperation mit Partnern aus Nigeria hergestellt hat, ist nicht nur technisch überzeugende Zementalternative. Cassavaschalen sind in mehrfacher Hinsicht als Baurohstoff geeignet: Zum einen lässt sich aus den Schalen die anhaftende Reststärke als Zusatzstoff für Beton verwenden. Zudem kann nach dem Verbrennen der Schalen, die Asche aufgrund ihres hohen Anteils an reaktivem Siliziumdioxid als nachhaltiger Zementersatz verwendet werden und so die Ökobilanz im Vergleich zu herkömmlichem Beton verbessern. Schließlich kann die bei der Ascheproduktion entstehende Verbrennungsenergie noch genutzt werden, um beispielsweise Ziegel herzustellen.
Pflanzliche Reststoffe als neue Einnahmequelle für Landwirte
Die Materialforscher der BAM sind zuversichtlich, ein heimisches Pendant zur Maniok-Pflanze zu finden, deren pflanzliche Komponenten zukünftig chemische Zusatzstoffe im Hochleistungsbeton ersetzen können. „Aus unserer Grundlagenforschung und den Erfahrungen, die wir bei der Zusammenarbeit mit unseren afrikanischen Partnern sammeln, werden wir einiges auf die Gegebenheiten in hochtechnisierten Ländern übertragen können“, sagt Wolfram Schmidt. Die Nutzung landwirtschaftlicher Reststoffe in der Bauwirtschaft würde nicht nur die Umwelt schonen. Für Landwirte würde sich damit auch zusätzliche Einkommensquelle auftun.
bb/pg
Wasser ist kostbar. Das gilt insbesondere für warme und subtropische Länder wie das west-afrikanische Burkina Faso. Dabei fehlt es der Landwirtschaft nicht nur an Wasser, sondern auch an Nährstoffen wie Phosphor für den Boden und die darauf angebauten Pflanzen. Phosphor ist ein essenzieller Bestandteil der Landwirtschaft, fördert das Wachstum vieler Pflanzen und kann nicht durch andere Stoffe ersetzt werden. Neue Kleinkläranlagen zur Phosphorrückgewinnung sollen das Abwasserproblem entschärfen und zugleich Dünger für die ausgelaugten Böden bereitstellen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Vorhaben mit rund 121.000 Euro.
Phosphor-Kreislauf schließen
Diese neuartigen Kleinkläranlagen sollen den Menschen in Burkina Faso bald eine deutliche Verbesserung ihrer Lebenssituation bringen. Das Prinzip: Mithilfe von Pflanzenkohle wird lebensnotwendiger Phosphor aus dem Abwasser zurückgewonnen und kann als Bodendünger wiederverwendet werden. Entwickelt und umgesetzt hat das Konzept die Firma Ökoservice (Denkendorf) gemeinsam mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) sowie lokalen Partnern vor Ort wie ClimateSol. „Die Projektergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass der Phosphor-Kreislauf mit cleverer Umwelttechnik geschlossen werden kann – in Deutschland und weltweit. Das muss auch ein zentrales Anliegen sein, um durch entsprechende Kooperationen unsere gemeinsame Lebensgrundlage zu erhalten“, so DBU-Generalsekretär Alexander Bonde.
Aus Abfall wird Dünger
Der Clou der neuen Kleinkläranlangen: Auf die Vorklärung kann verzichtet werden, so dass kein hochbelasteter Fäkalschlamm entsteht. Zudem ist die Anlage äußerst kompakt gebaut. Beides bringt deutliche Kostenvorteile und einen geringeren ökologischen Fußabdruck. „Das Besondere ist, dass wir dem Klärschlamm regionale Pflanzenkohle hinzugegeben haben. Die bleibt beim Kochen über, wird aus den Schalen des Wüstendattelbaums gewonnen und ist ein Abfallprodukt der Ölherstellung“, erklärt Projektleiter Jörg Fingas von der TUHH. Auf der Kohle lagert sich demnach der im Schmutzwasser enthaltene Phosphor und die Biomasse ab, so dass sie anschließend gezielt als Dünger eingesetzt werden und nährstoffarme Böden wieder fruchtbarer machen kann. Fingas zufolge ist das Wasser am Ende soweit gereinigt, dass damit Felder bewässert werden können.
Nächstes Ziel: Trinkwasserqualität
Ökologische und ökonomische Aspekte standen für die Projektpartner immer im Vordergrund: „Deshalb haben wir die Anlage so konzipiert, dass sie von lokalen Handwerkern gebaut werden kann und damit eine Wertschöpfung vor Ort stattfindet“, sagt Thomas Czoske von Ökoservice. Möglichst viele Bauteile sollen lokal beschafft werden können. Die getestete Anlage ist für einen Haushalt mit bis zu 12 Personen ausgelegt. Für die Zukunft sind jedoch Größenordnungen von bis zu 5.000 Menschen angedacht. Somit eignen sich die zukünftigen Kleinkläranlagen sowohl für einzelne Wohngebäude als auch für Hotels, Schulen oder Camps. Für die nächsten zwei Jahre ist zunächst einmal der Betrieb der Testanlage geplant. In dieser Zeit soll außerdem im Rahmen einer Doktorarbeit erforscht werden, ob mit der Kleinkläranlage sogar Trinkwasserqualität erreicht werden kann. „Mit dem Projekt stärken wir gleich mehrere Kreisläufe: neben dem des Phosphors auch den des Wassers und der lokalen Wertschöpfung“, fasst DBU-Experte Franz-Peter Heidenreich zusammen.
jmr
Biofilme können nicht nur Schiffsrümpfen zusetzen oder unsere Zähne angreifen. Sie können sogar gesundheitsgefährdend sein, wenn sich Mikroorganismen in die hartnäckigen und schleimigen Schichten einnisten oder diesen gar selbst produzieren und sich dadurch vor unserem Immunsystem oder Antibiotika schützen. So macht es auch das Bakterium Bacillus subtilis, das eine ganz eigene Methode entwickelt hat, die schützende Schleimschicht aufzubauen. Ein Berliner Forscherteam um Anne Diehl vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und Yvette Roske vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) berichtet im Fachjournal PNAS von der besonderen Schleimbildung.
TasA ist ein dynamisches Protein
Um die Ausbildung von Biofilmen zu hemmen und die Wirksamkeit beispielsweise von Antibiotika zu garantieren, ist es notwendig, die Struktur des Biofilms zu kennen. Wie die Forscher jetzt herausfanden, wird der wichtigste Baustein des Biofilms, nämlich das Protein TasA, bereits im Zellinneren vorgeformt. Gelangt TasA dann nach außen, bildet es längere Ketten, sogenannte Fibrillen, die wie ein Grundgerüst oder „Mauern“ den Biofilm stabilisieren.
Das Ziel der Berliner Forscher war es, die molekulare Struktur von TasA zu entschlüsseln. Anne Diehl vom FMP wurde dabei von den Eigenschaften des Proteins überrascht: „Ich habe in den 32 Jahren meiner Berufstätigkeit auf dem Gebiet der Proteinstrukturforschung noch nie mit einem so dynamischen Protein gearbeitet. Bereits nach kurzer Zeit lagern sich die löslichen TasA-Proteine zusammen und erzeugen einen Gelee-artigen Zustand“, so Diehl im Rückblick.
Robuster Kern mit flexiblen Schlaufen
Einen möglichen Grund fand Yvette Roske vom MDC: Sie entschlüsselte die dreidimensionale Faltung des Proteins mittels hochenergetischer Röntgenstrahlung am BESSY in Berlin-Adlershof. „Es zeigte sich, dass die Struktur von TasA in weiten Bereichen hoch geordnet ist. Ein großer Anteil an ß-Faltblatt-Elementen verleiht dem Protein einen robusten Kern, der jedoch mit flexiblen Schlaufen dekoriert ist", erklärt Roske.
Hohe Stabilität trotz fehlender Aminosäure Arginin
Überrascht waren die Forscherinnen auch darüber, dass die Aminosäure Arginin nicht zu den Bestandteilen von TasA gehört. Denn Arginin ist einer der häufigsten Bausteine von Proteinen. „Dass ein Protein gänzlich auf diesen Grundbaustein verzichtet, muss einen Grund haben", betont Diehl. Arginin dient häufig als Ansatzpunkt für Proteasen - Enzyme, die andere Proteine zerschneiden. Die Abwesenheit von Arginin erklärt möglicherweise die außerordentliche Stabilität von TasA gegenüber Proteasen und macht dieses Protein damit zu einem äußerst robusten Stützpfeiler des schützenden Biofilms.
Neue Ansätze gegen Krankheitserreger
Die Erforschung der Biofilme geht nun in die nächste Phase. Die Teams vom FMP und MDC konnten bereits zeigen, dass sich zuvor ungeordnete flexible Teile von TasA neu ausrichten, wenn sich die Bausteine zu Fibrillen zusammenlagern. Weitere Untersuchungen der Fibrillen sollen dazu beitragen, die Stabilität der Biofilme besser zu verstehen und vielleicht sogar neue Ansätze im Kampf gegen Krankheitserreger zu finden.
jmr
Reststoffe nutzen und natürliche Ressourcen schonen - dies sind nur zwei Eckpfeiler auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen und biobasierten Wirtschaft. Doch grüne Ideen in der Bioökonomie brauchen Anschub, um zu wachsen und auf dem Markt bestehen zu können. Hier setzt der Gründerwettbewerb „PlanB- Biobasiert.Business.Bayern“ an. Der Wettbewerb wird seit 2014 von der BioCampus Straubing GmbH organisiert und von einem breiten Partner- und Sponsoringnetzwerk unterstützt. Neben dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Technologie gehören Unternehmen wie Evonik, der Spezialchemie-Konzern Clariant, der Futtermittelhersteller DoFu und der High-Tech Gründerfonds zu den Unterstützern.
Ideen im Film darstellen
Am 7. Mai ist nunmehr die dritte Staffel von PlanB gestartet. Erneut werden vielversprechende Geschäftsideen von Start-ups und Innovatoren aus ganz Deutschland gesucht, die sich einer nachhaltigen und biobasierten Wirtschaft verschrieben haben und mit grünen Produkten, Technologien, Prozessen oder Dienstleistungen aktiv sind. Die Vorhaben können bis zum 14. August in Form von kurzen Skizzen, aber auch per Film online über die Webseite von PlanB eingereicht werden.
Using residual materials and conserving natural resources - these are just two of the cornerstones on the way to a sustainable and bio-based economy. However, novel green ideas in the bioeconomy need support to grow and succeed in the marketplace. This is where the start-up competition "PlanB- Biobased.Business.Bavaria" comes into play. The competition has been organized by BioCampus Straubing GmbH since 2014 and is supported by a broad partner and sponsoring network. In addition to the Bavarian State Ministry for Economic Affairs, Energy and Technology, companies such as Evonik, the specialty chemicals group Clariant, the feed producer DoFu and the High-Tech Gründerfonds are among the supporters.
Presenting ideas on film
On May 7th the third round of PlanB has started. Once again, the game is on for promising business ideas by start-ups and innovators from all over Germany, who are committed to a sustainable and bio-based economy and are involved with green products, technologies, processes or services. The projects can be submitted in the form of short sketches, but also by film, online via PlanB's website until August 14th.
Im Magen statt im Müll
Jedes Jahr landen Milliarden Plastikröhrchen im Müll. Dabei geht es auch anders: Der Eatapple-Halm besteht aus speziell behandelten Apfelresten. In der Anfangsphase des Unternehmens wurde der Trinkhalm mit Hilfe einer umgebauten Nudelmaschine am Karlsruher Institut für Technologie produziert. Mittlerweile findet die Produktion am Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) statt – dort ist es möglich zwischen 10.000 und 100.000 Trinkhalme pro Tag herzustellen.
Apfel statt Plastik
Im Gegensatz zu den herkömmlichen Strohhalmen aus Plastik kann dieser Trinkhalm gegessen oder ohne Bedenken weggeworfen werden. Die Hauptzutat sind Apfelreste – gepresste Rückstände aus der Apfelsaftproduktion, die sonst auch als Futtermittel für Tiere genutzt werden. Das Trinkröhrchen hält außerhalb des Getränks bis zu acht Monaten; im Getränk etwa eine Stunde.
Markt
Die essbaren Strohhalme können bereits online bestellt werden.
Into the stomach instead of the garbage
Every year, billions of plastic tubes end up in the garbage. But there is an alternative: the Eatapple straw consists of specially treated apple residue. In the initial phase of the company, the drinking straw was produced with the help of a converted pasta machine at the Karlsruhe Institute of Technology. Production now takes place at the German Institute of Food Technology - where it is possible to produce between 10,000 and 100,000 drinking straws per day.
Apple instead of plastic
In contrast to conventional plastic straws, this drinking straw can be eaten or thrown away without reservation. The main ingredient is apple residue - pressed waste from apple juice production, which are otherwise used as animal feed. The drinking tube lasts up to eight months outside the drink; in the drink about an hour.
Ready for the market
The edible straws can be ordered online.
Umsatz und Gewinn waren bisher die entscheidenden Kriterien, um ein Unternehmen zu bewerten. Mittlerweile reichen Finanzdaten allein nicht mehr aus, damit Investoren investieren oder Verbraucher Produkte kaufen. Auch soziale und ökologische Faktoren rücken immer öfter bei der Bewertung eines Unternehmens in den Mittelpunkt. Ab diesem Jahr sind erstmals große kapitalmarktorientierte Unternehmen in Deutschland gesetzlich verpflichtet, auch über ihr soziales und ökologisches Engagement zu berichten.
Sozial-ökonomische Verantwortung sichtbar machen
Hintergrund ist das sogenannte CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, das seit 2017 in Kraft ist. CSR steht für "Corporate Social Responsibility". Das Gesetz soll Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitskräften anhalten, auch Transparenz hinsichtlich ihres Engagements bei Themen wie Menschenrechte, Umweltschutz und soziale Belange zu zeigen und damit auch die sozial-ökologische Verantwortung des Unternehmens sichtbar zu machen.
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und die Unternehmensinitiative future untersuchen bereits seit 1994, wie Unternehmen über Umwelt und Nachhaltigkeit berichten und stellen die Ergebnisse in einem Ranking dar. Im Vorfeld des diesjährigen Rankings wurden nunmehr 100 berichtspflichtige deutsche Unternehmen, darunter große sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) befragt, um erste Auswirkungen des neuen Gesetzes aufzuzeigen.
Gesetz zur Berichtspflicht zeigt Wirkung
Die aktuelle Unternehmensumfrage zeigt: Das neue Gesetz zeigt bereits Wirkung. 57 der befragten Unternehmen gaben an, sich nunmehr stärker als bisher mit Nachhaltigkeitsrisiken ihrer Geschäftstätigkeit auseinanderzusetzen. „Immer mehr Unternehmen stellen sich darauf ein, dass Transparenz in Sachen Umwelt- und Sozialbelangen zu den Standards guter Unternehmenskommunikation gehört“, sagt Projektleiter Christian Lautermann vom IÖW.
Mehrheit der Befragten befürwortet Transparenz
Zudem befürworten etwa 80% der befragten Unternehmen die gesetzliche Pflicht, auch soziale und ökologische Aspekte offenzulegen. Das war nicht immer so. In der Vergangenheit waren Unternehmen diesbezüglich eher zurückhaltend. Die Autoren erwarten jedoch, dass in Folge des neuen Gesetzes Nachhaltigkeit für Unternehmen zukünftig noch wichtiger wird. „Indem sie sich nun auch qua Gesetz mit Nachhaltigkeitsthemen und -risiken auseinandersetzen, entdecken Unternehmen zunehmend deren Relevanz für die eigene geschäftliche Entwicklung“, erläutert Lautermann.
Kriterien fürs Ranking erstmals branchenspezifisch
Im Rahmen des bevorstehenden Rankings der Nachhaltigkeitsberichte haben IÖW und future für 2018 daher die Bewertungskriterien erneut angepasst. Erstmals werden Faktoren wie Produktverantwortung, Verantwortung in der Lieferkette oder Interessen der Mitarbeiter auch branchenspezifisch bewertet. „Viele Unternehmen schätzen diese Kriterien als Orientierungshilfe für die eigene Berichterstattung, wie unsere Befragung erneut bestätigte. Insbesondere KMUs greifen stark darauf zurück“, sagt Udo Westermann von future.
Neues Ranking-Runde zu Nachhaltigkeitsberichten gestartet
Das Ranking der Nachhaltigkeitsberichte findet 2018 zum zehnten Mal statt und wird erneut vom Bundesarbeitsministerium für Arbeit unterstützt. Großunternehmen können sich mit ihren Berichten bis 30. Juni 2018, KMU bis zum 31. Juli 2018 um eine Teilnahme bewerben. Informationen zu den Teilnahmebedingungen sind auf der Internetseite des Rankings Nachhaltigkeitsberichte zu finden.
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Die Übersäuerung der Ostsee ist nur ein Beispiel dafür, wie der Klimawandel die Weltmeere beeinflusst. Deren Schutz und nachhaltige Nutzung wurde daher auch von den Vereinten Nationen in der Nachhaltigkeitsagenda verankert. Im Vergleich zu anderen Weltmeeren sind die Klimafolgen in der Ostsee allerdings ausgeprägter und schneller sichtbar, wie Forscher feststellten.
Ostsee als Zeitmaschine
„Dieses einzigartige Brackwassermeer kann als eine Art Zeitmaschine dienen, die uns zukünftige globale Entwicklungen besser abschätzen lässt“, sagt Thorsten Reusch vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Gemeinsam mit 25 Forschern aus sieben Ländern plädiert Reusch in der Fachzeitschrift „Science Advances“ dafür, die Ostsee als Modellregion für Entwicklungen im Weltozean zu nutzen. Denn die Ostsee sei in der Entwicklung vielen Regionen voraus. „Das heißt, dass Veränderungen, die im Weltozean erst für die Zukunft erwartet werden, bereits eingetroffen sind. Die besondere Situation der Ostsee, mit ihrem geringen Wasservolumen und langsamen Wasseraustausch mit dem offenen Ozean, wirkt hier wie ein Verstärker, der viele Prozesse schneller ablaufen lässt“, betont der Mitinitiator der Studie, Jan Dierking vom GEOMAR.
So sind die Wassertemperaturen in der Ostsee in den vergangenen 30 Jahren um etwa 1,5 Grad Celsius gestiegen, während sich das Wasser anderer Weltmeere nur um 0,5 Grad Celsius erwärmte. Auch haben sich sauerstofffreie Zonen in den Tiefen der Ostsee im vergangenen Jahrhundert flächenmäßig verzehnfacht. Der pH-Wert des Wassers erreicht auf Grund der Übersäuerung zudem bereits heute Werte, die in tieferen Ozeanen erst im nächsten Jahrhundert erwartet werden. Gründe für diese Extremwerte sind die intensive Nutzung und dichte Besiedlung der Küstenregionen durch die hoch industrialisierten Anrainerstaaten sowie Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft und der Fischerei.
Beispiel für gelungendes Managment
Doch gerade, weil die Ostsee menschlichen Einflüssen so stark ausgesetzt ist, sei sie ein Beispiel für „ein gelungenes Management in einem komplexen politischen Umfeld“, schreiben die Forscher. Internationale Abkommen der neun Anrainerstaaten haben beispielsweise dazu geführt, dass die Nährstoffeinträge ab den 1980er Jahren deutlich reduziert sowie Fisch- und Vogelbestände geschützt werden konnten.
Auf Grund ihrer besonderen Topografie gehört die Ostsee zudem zu den am besten erforschten Meeren der Erde, argumentieren die Forscher. Bereits 1900 wurden die ersten wissenschaftlichen Beobachtungen durchgeführt. Die Forscher sind überzeugt, dass die vorhandenen Daten die Grundlage für ein fundiertes Ressourcenmanagement bilden, auf die nur wenige Regionen der Erde zurückgreifen können. „Weil die Prozesse in der Ostsee besonders drastisch ablaufen, kann uns die Region im Guten wie im Schlechten Hinweise geben, wie wir auf die Herausforderungen der Zukunft reagieren sollten“, betont Reusch.
bb
Mikroalgen sind die neuen Hoffnungsträger der Bioökonomie. Sie sind nicht nur wichtige Sauerstoffproduzenten und eine alternative Proteinquelle, sondern auch vielversprechende Kandidaten zur Herstellung von Biosprit und neuen Materialien. Kieselalgen faszinieren Forscher darüber hinaus vor allem wegen ihrer Fähigkeit, aus dem anorganischen Material Silicat ungewöhnliche und hoch-filigrane Zellwände zu bilden.
Enzym Glucansynthase beeinflusst Energiespeicherung
Anhand der Kieselalge Phaeodactylum tricornutum hat ein Team um Peter Kroth von der Universität Konstanz untersucht, wie die Energiespeicherung in der Alge, von den Chloroplasten bis hinein in bestimmte Zellorganellen der Pflanze, die sogenannten Vakuolen, erfolgt. Wie die Forscher im Fachjournal „PNAS“ berichten, konnten sie ein Enzym entschlüsseln, das die Photosynthese und damit die Energiespeicherung entscheidend beeinflusst. Im Rahmen der Studie untersuchten sie konkret, welch weitreichende Auswirkungen eine Hemmung der Speicherung von Kohlenhydraten auf die Photosynthese dieser Algen hat.
Energiespeicherung auf Umwegen
Anders als höhere Pflanzen, wo der Zucker durch Photosynthese direkt in den Chloroplasten hergestellt wird, erfolgt in Algen die Energiespeicherung über Umwege. Kieselalgen transportieren die Kohlenhydrate zunächst in die Vakuolen, wo sie bis zur Nutzung als sogenanntes Chrysolaminarin zwischengelagert werden.
Das Team um Peter Kroth konnte nun nachweisen, dass sich in der Kieselalge Phaeodactylum tricornutum das Enzym Glucansynthase in der Vakuolen-Membran befindet, welche fortlaufend einzelne, einfache Kohlenhydratmoleküle in die Speicherorte, die Zellorganellen, pumpt und diese zu Molekülketten verbindet. Wie die Forscher berichten, werden diese Ketten wiederum von weiteren speziellen Enzymen mit Kohlenhydrat-Seitenketten versehen, so dass ein komplexes Speicher-Kohlenhydrat, das Chrysolaminarin, entsteht.
Zuckerrückstau behindert Photosynthese und Algenproduktion
Tests ergaben, dass ein Entzug des Enzyms Glucansynthase nicht nur zu einer verringerten Bildung des Speicherungsstoffes Chrysolaminarin, sondern auch zu einem Rückstau von Kohlenhydraten bis in die Chloroplasten führt. Dadurch wurde sowohl die Photosynthese-Leistung als auch das Wachstum der Algen gedrosselt. Selbst die eigentlich stabile Membran-Grundstruktur der Chloroplasten sei durch die fehlende Speichermöglichkeit des Zuckers in der Vakuole verändert worden, schreiben die Wissenschaftler. Ohne das Enzym konnte selbst eine Steigerung der Photosynthese-Leistung mittels erhöhter CO2-Konzentration die Algenproduktion nicht automatisch steigern.
Die Erkenntnisse der Konstanzer Forscher zum Ablauf der Energiespeicherung könnten die biotechnologische Nutzung von Algen weiter vorantreiben.
bb