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The Digitalisierung schreitet voran und macht auch vor Alltagsgegenständen und Materialien nicht halt: intelligente Kleidung misst unseren Sauerstoff- und Energieverbrauch und mit erbsengroßen Messkugeln können die Wasserqualität oder die Abläufe im Bioreaktor kontrolliert werden. Forschende der Universität Freiburg haben solche Messeigenschaften von Materialien nun weiterentwickelt. Die resultierenden Materialsysteme aus biologischen Komponenten und Polymermaterialien sind nicht nur in der Lage Informationen wahrzunehmen, sondern können diese auch verarbeiten und basierend auf diesen Informationen selbst entsprechende Impulse senden. Solche sogenannten biohybriden Systeme können demnach die Freisetzung weiterer Moleküle, beispielsweise Enzyme in Bioreaktoren, selbst steuern – sowohl zeitlich als auch konzentrationsabhängig.
Biologische Signalverabeitung auf Materialien übertragen
Der Ausganspunkt der Freiburger Molekularbiologen war die Signalverarbeitung, die wichtiger Bestandteil aller Organismen, ganz gleich ob Bakterien, Pflanzen oder Menschen, ist. Auch für elektrische Systeme wie Computer ist sie unverzichtbar. In lebenden Organismen werden solche Signale innerhalb der Zellen erkannt, verarbeitet und weiter gegeben. Die Freiburger Bioingenieure haben sich die molekulare Signalweiterleitung zunutze gemacht und sie auf verschiedene Materialien übertragen. „Mit unserem heutigen Verständnis der Komponenten und der biologischen Signalprozesse sind wir nun in der Lage, die biologischen Module aus der Synthetischen Biologie auf Materialien zu übertragen“, erklärt Wilfried Weber, Gruppenleiter an der Fakultät für Biologie und dem Exzellenzcluster BIOSS Centre for Biological Signalling Studies.
Diese nun mögliche Translation der molekularen Signalwege für verschiedene Materialien hat die interdisziplinäre Forschergruppe in mehreren Fachzeitschriften wie „Materials Today“, „Data in Brief“ und „Advanced Materials“ veröffentlicht.
The digitalisation process is continuing and does not stop at everyday objects and materials: intelligent clothing measures our oxygen and energy consumption and pea-sized measuring spheres can be used to control the water quality or the processes in bioreactors. Researchers at the University of Freiburg have now further developed such measuring characteristics of materials. The resulting material systems consisting of biological components and polymer materials are not only capable of perceiving information, but can also process it and send impulses based on this information. These so-called biohybrid systems are able to control the release of further molecules, for example enzymes in bioreactors, both in terms of time and concentration.
Transferring biological signal processing to materials
The starting point for the Freiburg molecular biologists was signal processing, which is an important component of all organisms, whether bacteria, plants or humans. Signal processing is also essential for electrical systems such as computers. In living organisms, the signals are recognised, processed and passed on within the cells. The Freiburg bioengineers have made use of molecular signal transduction and transferred it to different materials. "With our current understanding of the components and biological signalling processes, we are now able to transfer the biological modules from synthetic biology to materials," explains Wilfried Weber, group leader at the Faculty of Biology and the BIOSS Centre for Biological Signalling Studies excellence cluster.
The interdisciplinary research group has published this now possible translation of the molecular signalling pathways for different materials in several scientific journals such as "Materials Today", "Data in Brief" and "Advanced Materials".
All components must be accurately balanced
Particularly important in the development of such intelligent material systems: The activities of all building blocks have to be precisely coordinated. Jens Timmer and Raphael Engesser from the Institute of Physics at the University of Freiburg have developed special quantitative mathematical models.
Diverse application potential
"The great thing about material systems inspired by Synthetic Biology is their diversity," says Hanna Wagner, PhD student and co-author of the articles. The studies present a modular design concept that offers an easily adaptable scheme for the development of biohybrid material systems. The systems can fulfil very different requirements; for example, they can recognise physical, chemical or biological signals, process them and then carry out the desired functions themselves. For example, they could be used to amplify signals, store information or release molecules in a controlled way. The new scheme, which allows smart materials to be developed and created, enables a wide range of applications for research, biotechnology and medicine.
Fische sind reich an Omega-3-Fettsäuren und stellen daher eine wichtige Nahrungsquelle dar. Die natürlichen Ressourcen in Meer und See reichen aber längst nicht mehr aus, um die seit Jahren steigende Nachfrage zu bedienen. Daher werden Forelle, Lachs und Co. in Aquakultur gezüchtet. Die Aufzucht ist allerdings sehr kostenintensiv. Nicht nur die Einrichtung der Aquakulturanlagen auch die Reinigung des Wassers sowie die Ernährung der Fische ist teuer. Forscher der Technischen Hochschule Nürnberg wollen das mithilfe von Mikroalgen ändern. Das Projekt „Mikroalgen für die nachhaltige Aquakultur“ wird durch der Staedtler-Stiftung mit 40.000 Euro gefördert.
Anteil ungesättigte Fettsäuren im Fisch steigern
Im Kern geht es darum, die proteinreiche Kost als Fischfutter zu etablieren und damit die Kosten für die Züchtung in Aquakultur zu reduzieren. Ein Team um Irmtraud Horst nimmt dafür diverse Mikroalgen unter die Lupe, um deren Potenzial auszuloten und so geeignete Arten zu identifizieren. „In unserem Projekt testen wir verschiedene Mikroalgen zur Produktion von mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Dafür führen wir im Labor für Biotechnologie der TH Nürnberg kontinuierlich (bio-)chemische Analysen durch“. Im Labor werden dafür physikalische und chemische Parameter wie Lichtintensität, pH-Werte oder Zuckerzugabe verändert, um die Entwicklung der Algen und ihren Lipidgehalt zu optimieren. Mithilfe der Mikroalgen als Fischfutter wollen die Forscher auch den Anteil der mehrfach ungesättigten Fettsäuren im Fisch erhöhen.
Kultivierung von Mikroalgen auf Abwässern
Für einen Einsatz als vegane Kost müssen Mikroalgen jedoch einige Anforderungen erfüllen: Sie müssen eine bestimmte Größe haben, leicht verdaulich sein, ausreichend schnell und dicht wachsen, frei von Toxinen sein und über die richtige Zusammensetzung an Nährstoffen verfügen. Darüber hinaus wollen die Nürnberger Wissenschaftler auch das Potenzial der Mikroalgen als Abwasserreiniger für die Aquakultur nutzen und damit an einer weiteren Kostenschraube drehen. Bisher werden Mikroalgen in beleuchteten Bioreaktoren kultiviert. Die Nürnberger Forscher setzen stattdessen auf Abwässer aus der Lebensmittelindustrie sowie salzreiche nitrathaltige Abwässer aus der Wasseraufbereitung. Darin sind mit CO2, Stickstoff und Phosphor alle für das Algenwachstum notwendigen Stoffe enthalten. „Damit bringt das Projekt auch viele Vorteile für Kläranlagen, für die Trinkwasseraufbereitung oder die Lebensmittelindustrie. Durch unsere systematische Arbeit mit mehreren Mikroalgen können wir zudem weiteren Industrien maßgeschneiderte Lösungen für ihr klärendes Abwasser und für die Produktion von Lipiden anbieten – mit Hilfe von Mikroalgen,“ erklärt Irmtraud Horst.
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In Bioraffinerien wird pflanzliche Biomasse wie Holz oder Stroh oder andere Abfall- und Reststoffe effizient und nachhaltig zur Erzeugung von Strom und Wärme aber auch für die Herstellung neuer Plattformchemikalien genutzt. Die Umsetzung erfolgt jeweils in Bioreaktoren, deren Prozesse von Katalysatoren angetrieben werden. Katalysatoren bestehen jedoch häufig aus kostspieligen und seltenen Edelmetallen. Chemiker der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben nun einen neuen kostengünstigen Katalysator ohne Edelmetalle entwickelt, der zugleich auch die Herstellung von Biokunststoffen nachhaltiger macht.
Biobasiertes Polymer als Alternative zu PET
Der neuartige Katalysator besteht aus Nickelborid, einem edelmetallfreiem Material das leichter verfügbar und kostengünstiger als Edelmetall ist. Wie die Forscher im Fachjournal „Angewandte Chemie“ berichten, überzeugte der neuartige Katalysator bei der Umsetzung wichtiger Bioraffinerieprodukte. Dabei handelt es sich um die organische Verbindung 5-Hydroxymethyl-furfural, kurz HMF, die in die Plattformchemikalie 2,5-Furandicarbonsäure (FDCA) umgewandelt werden konnte. „FDCA ist für die Industrie interessant, weil es zu Polyestern verarbeitet werden kann. So kann PEF, eine Alternative zu PET, hergestellt werden – und das alles basierend auf nachwachsenden Rohstoffen, nämlich Pflanzen“, erklärt Stefan Barwe.
Umsetzung in Echtzeit
In den Versuchen der Forscher erwies sich der Nickelboridkatalysator als äußerst effektiv. Innerhalb einer halben Stunde setzte er 98,5% des Ausgangsstoffs HMF in FDCA um. Abfallprodukte entstanden keine. Mithilfe elektrochemischer Methoden und Infrarot-Spektroskopie konnten die Bochumer Forscher außerdem erstmals in Echtzeit nachvollziehen, über welche Zwischenprodukte HMF in FDCA umgesetzt wird.
Kopplung von FDCA- und Wasserstoffproduktion
Neben der Umsetzung von FDCA wurde gleichzeitig Wasserstoff erzeugt. „Wir haben den Katalysator außerdem so designt, dass er unter den gleichen Bedingungen effektiv ist, unter denen auch die Wasserstofferzeugung gelingt“, erklärt Stefan Barwe. So war es möglich in einem Schritt sowohl den Ausgangsstoff für die Kunststoffproduktion als auch den potenziellen Energieträger Wasserstoff zu synthetisieren, der normalerweise durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen wird, wobei auch Sauerstoff entsteht. Dieser energiezehrende Prozess entfällt durch die Koppelung.
Das Projekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Exzellenzclusters Ruhr Explores Solvation (EXC 1069) und vom Sonderforschungsbereich/Transregio 247 gefördert.
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Gibt es nicht starke Unterschiede in den jährlichen Wachstumsraten der Bioökonomie in den diversen Regionen weltweit? Mein Eindruck aus eigenen Erfahrungen ist, dass Deutschland noch erhebliches Aufholpotential hat. Wo sehen Sie die Hauptgründe dafür und welche Maßnahmen wären nötig?
Dr. Jürgen Eck, CEO BRAIN AG: Während frühere Wirtschaftszyklen nahezu ausnahmslos durch Rohstoffe und entsprechend die Rohstoffinhaber determiniert wurden, so ist einer der wichtigsten Treiber einer modernen und wissensbasierten Bioökonomie die Technologie und die zur Etablierung neuer Produktionsprozesse und neuer Produkte notwendige Forschung & Entwicklung. Europa und Deutschland sind hinsichtlich F&E für die Bioökonomie gut aufgestellt, hier kommt uns der Ideenreichtum gerade der Verbünde aus universitärer, ausseruniversitärer und industrieller F&E zu gute. Ein Indikator dafür ist das Wachstum der Biotechnologiebranche – die zentrale Innovationskraft der Bioökonomie.
Gegenüber Nordamerika und Asien muss sich Europa jedoch anstrengen, den Anschluss nicht zu verlieren, denn gerade die Skalierung neuer Produktionsprozesse und die Implementierung neuer Produkte ist kapitalintensiv. So ist ein bedeutender Innovationsvorteil für Nordamerika und Teile Asiens bessere Rahmenbedingungen für Wachstumsfinanzierungen. In Nordamerika zum Beispiel ist die Bereitschaft, Risikokapital in die Biotechnologie zu investieren, wesentlich höher. Dabei geht es nicht nur um Seed-Kapital für StartUps. Es geht vor allem auch um umfangreichere Anschlussfinanzierungen, um im Labor etablierte Prozesse in industrie- und damit marktrelevante Größenordnungen überführen zu können.
Allein in der US-Region Boston, wo herausragende Institutionen wie das MIT angesiedelt sind, werden jedes Jahr mehr als 5 Milliarden Euro Wagniskapital in die Biotechnologiebranche investiert – in Deutschland kamen wir 2016 auf etwa 210 Millionen Euro. Hier gibt es erhebliches Aufholpotenzial. Unser Ziel muss sein, weiterhin eine führende Position in der F&E einzunehmen, aber zugleich auch eine Implementierung der neuen Verfahren und Produkte im Wirtschaftssystem in Deutschland und Europa zu erreichen.
Was ist mit Suffizenz? Muss ein gesellschaftlicher Wandel nicht auch dazu führen, dass Verzicht cool wird und weniger Verbrauch ein Ziel sein kann?
Tobias Kümmerle, Humboldt-Universität Berlin: Viele der großen Nachhaltigkeitsfragen unserer Zeit können nur mit Hilfe tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen dauerhaft gelöst werden. Dies schließt selbstverständlich auch das Hinterfragen und die Änderung von Konsumverhalten mit ein. Wenn wir Ressourcen nicht effizienter nutzen und vor allem pro Kopf weniger Ressourcen verbrauchen, wird es nicht möglich werden das globalen Artensterbens zu stoppen, den Klimawandel substantiell zu mindern oder Nahrung für eine weiterhin wachsende Weltbevölkerung zu sichern. Dieser gesellschaftliche Wandel sollte auf allen Ebenen vorangetrieben werden – jeder kann heute anfangen! Sicherlich ist jedoch vor allem auch die Politik gefragt entsprechende Anreize zum Verzicht, beispielsweise beim Fleischkonsum, oder zur Langlebigkeit von Produkten zu schaffen.
Ein gesellschaftlicher Wandel für eine nachhaltige Bioökonomie erfordert die Beteiligung aller gesellschaftlicher Gruppen. Was genau soll/kann der Beitrag der öffentlich geförderten Forschung sein?
Tobias Kümmerle: Die öffentlich geförderte Forschung stellt ein wichtiges Instrument dar um Wissenslücke zu schließen, welche nicht in direktem Zusammenhang mit wirtschaftlich direkt verwertbaren Produkten und Innovationen stehen. Dies betrifft vor allem auch die vielfältigen und oftmals komplexen Effekte bioökonomischen Handles, die Erfassung oftmals externalisierter Umweltauswirkungen oder der Analyse systemischer Zusammenhänge, welche aus der Sicht einzelner Sektoren nur schwer zu analysieren sind.
Überfrachten wir die Bioökonomie? Braucht es nicht umfassendere Aktivitäten, die zwar zu ihr beitragen, aber eigentlich extern liegen? (z.B. bewusst machen der Konsequenz unseres Konsums; Internalisierung von Kosten allgemein; neue Formen der Entwicklungszusammenarbeit; Capacity Building; Bildung)
Tobias Kümmerle: Auch wenn es manchmal kompliziert wird: die Bioökonomie sollte sich nicht auf die Erforschung neuer Technologien zurückziehen. Die vielfältigen Aus- und Wechselwirkungen bioökonomischer Verfahren auf Umwelt und Gesellschaft sollten immer im Zentrum der bioökonomischen Forschung und Anwendung stehen. Nur so lassen sich systemische Zusammenhänge aufdecken, Überraschungen vermeiden und Potentiale zur Lösung von Nachhaltigkeitsfragen optimal nutzen.
Als Basis von Informationsveranstaltungen gibt es meiner Meinung nach Wissenslücken über systemische Zusammenhänge. Wir sollten Fehler, die bei der Bioenergie gemacht wurden vermeiden.
Tobias Kümmerle: Systemische Zusammenhänge sind in der Tat noch nicht ausreichend erforscht. Dies betrifft beispielsweise die Frage wie sich Zielkonflikte über Skalen verhalten, welche Wechselwirkungen zwischen Biodiversität und Landnutzung bestehen oder wie sich indirekter Landnutzungswandel vermeiden lässt. Gleichzeitig wird bestehendes Wissen über systemische Zusammenhänge, zum Beispiel wie Fleischkonsum oder Agrarsubventionen in Deutschland sich auf Umwelt und Gesellschaft in Südamerika auswirken, zu selten kommuniziert (und beherzigt).
Jubel bei den Umwelt- und Verbraucherverbänden, große Ernüchterung bei Forschern und Unternehmern: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute ein lang erwartetes Urteil gesprochen zur Regulierung von Nutzpflanzen, die mit neuen molekularen Züchtungstechniken entstanden sind.
Demnach sind sämtliche durch Mutagenese gewonnene Organismen gentechnisch veränderte Organismen (GVO) und fallen grundsätzlich unter die strenge Regulierung der europäischen Freisetzungsrichtlinie für gentechnisch veränderte Organismen (GVO-Richtlinie). Das gilt auch für die gezielte Mutagenese durch die neue Genomschere namens CRISPR-Cas und andere Werkzeuge des sogenannten Genome Editing, mit denen sich das Erbgut von Organismen viel gezielter als bisher verändern und bearbeiten lässt. Die Anwendung der neuen Mutagenese-Verfahren birgt nach Ansicht des EuGH vergleichbare Risiken wie die Erzeugung transgener Pflanzen, bei denen fremde Erbsubstanz ins Genom von Organismen eingeschleust wird. Diese neuen Züchtungsverfahren von der Gentechnik-Regulierung auszunehmen, laufe dem Vorsorgeprinzip zuwider.
Eine Ausnahme gelte indes für klassische Mutagenese-Verfahren – etwa ionisierende Strahlung oder erbgutverändernde Chemikalien – ihre Anwendung gelte seit Langem als sicher, so das Gericht. Den Mitgliedstaaten stehe „es allerdings frei, derartige Organismen (...) den in der GVO-Richtlinie vorgesehen Verpflichtungen zu unterwerfen“. Damit ist aus Sicht des EuGH der Einsatz von CRISPR-Cas in Pflanzen eine gentechnische Veränderung und deshalb müssen alle mit dieser Methode gezüchteten Pflanzen entsprechend der GVO-Richtlinie gekennzeichnet und reguliert werden. Über die Definition von "gentechnisch veränderten Organismen" war durch das Aufkommen der Genome-Editing-Methoden in den vergangenen Jahren in Wissenschaft und Regulierungsbehörden viel diskutiert worden.
Gemischte Reaktionen aus der Politik
Das für viele überraschende Urteil löste in Politik, Wirtschaft und bei den Umwelt- und Verbänden sehr gemischte Reaktionen aus. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek sagte, als Forschungsministerin hätte sie sich ein forschungsfreundlicheres Urteil gewünscht. „Nun wird es darauf ankommen, dass die Anwendung des Gentechnikrechtes künftig nicht dazu führt, die moderne Pflanzenzüchtungsforschung in Deutschland und Europa vollständig zum Erliegen zu bringen“, so die Ministerin. Innovative Pflanzenzüchtungen seien notwendig, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner betonte, es sei nun wichtig, das Urteil des EuGH sorgfältig auszuwerten. Der Verbraucherschutz habe Vorrang. „Gleichzeitig will ich den Blick für Entwicklungen und Innovationen offen halten“, sagte Klöckner. Vielerorts würden neue Züchtungstechnologien bereits angewandt oder seien unerlässlich, um für eine ausreichende Versorgung beispielsweise mit Getreide zu sorgen. Klöckner wies in ihrem Statement auf die Auswirkungen des EuGH-Urteils auf internationaler Ebene hin. Denn während nun mit neuen Züchtungstechniken gewonnene Pflanzen in bestimmten Ländern außerhalb der EU dereguliert sind, benötigen sie in der EU eine Zulassung nach dem Gentechnikrecht. „Das ist ein Flickenteppich an Regelungen, den die Europäische Kommission zusammensetzen muss.“ Bundesumweltministerin Svenja Schulze nannte das Urteil eine gute Nachricht, da der Schutz von Umwelt und Gesundheit auch bei der neuen Gentechnik höchste Priorität habe. "Jetzt haben wir endlich die notwendige Rechtssicherheit."
The ruling of the European Court of Justice (ECJ) regarding the regulation of crops created with new molecular and genome-editing breeding techniques was announced yesterday, July 25th, in Luxembourg. The long-awaited decision was met with cheers by environmental groups and consumer organisations, but caused disillusionment and lack of understanding among researchers and entrepreneurs
According to the verdict, all organisms generated by mutagenesis are genetically modified organisms (GMOs) and are thus generally subject to the strict regulation of the European directive for genetically modified organisms (GMO Directive). This includes the targeted mutagenesis by the new tool CRISPR-Cas and other so-called genome editing tools that allow for a much more targeted modification of the genome than previous techniques.
Yet, in the view of the ECJ, the application of the new methods involves similar risks as the methods resulting in transgenic plants in which foreign genetic material is introduced into the genome of the organisms. Hence, their reasoning: Exempting the new breeding methods from genetic engineering regulation would not be compatible with the precautionary principle.
An exception, however, still applies to classical mutagenesis methods – such as ionizing radiation or mutagenic chemicals – their application has long been studied and used and is thus considered safe. However, the court also stated that Member States are "free to subject such organisms (...) to the obligations laid down in the GMO Directive". Thus, according to the ECJ, the use of CRISPR-Cas in plants is a genetic modification and therefore all plants bred using this method must be labeled and regulated in accordance with the GMO Directive. There has been a heated debate surrounding the definition of "genetically modified organisms" among scientists and regulators in recent years, especially since the advent of the CRISPR-Cas toolkit.
Mixed reactions from politics
The surprising verdict was met with mixed reactions from politics, economics and environmental associations. Federal Research Minister Anja Karliczek said that as research minister she would have preferred a more research-friendly judgment. "Now it will be important that the application of genetic engineering law does not impede modern plant breeding research in Germany and Europe," said the Minister. Innovative plant breeding methods and tools are necessary to meet the challenges of climate change.
Federal Minister for Agriculture Julia Klöckner stressed the importance of carefully evaluating the judgment of the ECJ. Consumer protection is priority. "At the same time, I want to keep my eye open for developments and innovations," Klöckner said. In many countries, new breeding technologies are already in place and are indispensable to ensure adequate supplies of grain, for example. In her statement, Klöckner pointed to the impact of the ECJ ruling on an international level. While plants generated via new breeding techniques are deregulated in certain countries outside the EU, they require approval in the EU according to the Genetic Engineering Law. "This is a patchwork of regulations, which the European Commission now has to combine." Federal Environment Minister Svenja Schulze called the verdict good news, since the protection of the environment and health is a top priority. "Now we finally have the necessary legal clarification."
Scientists are disappointed
The President of the National Academy of Sciences Leopoldina Jörg Hacker demonstrated disappointment concerning the verdict from Luxembourg: "The ECJ ruling points in a different direction than the one that the National Academy of Sciences Leopoldina and numerous other research institutions have long proposed: not the breeding process should be decisive for the legislator, but the product." Especially for many smaller biotech companies that were working towards bringing CRISPR-Cas-engineered drought-tolerant plant varieties to the market, this judgment could be detrimetal.
Industry warns of international disadvantages
The Federal Association of German Plant Breeders (BDP) described the judgment as a step backwards for agriculture and society. "In its ruling, the ECJ ignores the scientific assessment of experts from European and national authorities, according to which plants that do not differ from classically bred ones should not be classified as GMOs," said BDP chairman Stephanie Franck. The association also referred to the unanswered question of how to deal with imported products from abroad that were created using the new breeding methods. The President of the German Farmers' Association, Joachim Rukwied, also criticized the verdict: "Europe is in danger of missing out on connecting with other regions of the world. This judgment prevents us to employ the necessary tools and possibilities to master the challenges of climate change regarding plant breeding. The EU genetic engineering law now has to be reviewed and assessed concerning its future viability to take advantage of the opportunities offered by the new breeding methods."
The industry associations expressed similar consternation. Peter Heinrich, CEO of the biotech industry association BIO Deutschland said: "What is important is whether the organism could have been created naturally and whether the precautionary principle is respected, and not how it came to be." Managing Director of BIO Deutschland Viola Bronsema additionally referred to the already used and approved but substantially more error-prone breeding methods that use chemicals or ionizing radiation. "Therefore it is very unfortunate and even incomprehensible that the ECJ has decided to exclude these procedures (CRISPR-Cas) from the mutagenesis exception."
According to the German Industry Association for Biotechnology (DIB), the ECJ ruling and its sweeping extension of the European GMO Directive blocks the enormous potential for innovation provided by genome editing. DIB CEO Ricardo Gent said: "The verdict is very bad news for plant breeders, drug researchers and bio-based chemicals manufacturers. Highly innovative methods such as Crispr-Cas are over-regulated without any scientific justification.” Germany and Europe would thus fall behind all countries such as China, the United States and Russia when it comes to expertise in biotechnology.
Consumer and environmental organisations support ECJ ruling
In contrast, environmental and consumer associations were highly satisfied with the verdict: "In its judgment, Europe's highest court confirms the position of environmental and consumer protectionists, independent scientists and GMO-free companies," said Hubert Weiger, chairman of the Federation for the Environment and Nature Conservation (BUND). Moreover, now, politicians need to act: "The Federal Government has promised in its coalition agreement that it guarantees freedom of choice for consumers with respect to genetic engineering and the resulting crops," Weiger said. The biotech-critical consulting firm Testbiotech also welcomed the verdict. According to them, obvious differences between conventional breeding and the new genetic engineering techniques could be demonstrated in the resulting plants, beven if no additional genes were inserted.
jmr/pg
Phosphor ist ein essenzieller Bestandteil aller lebenden Organismen. Ohne das Element würde weder der Energiehaushalt in Zellen aufrechterhalten werden können, noch wäre beispielsweise die Zellteilung möglich. Besonders in der Landwirtschaft wird mit Phosphor in Form von Phosphat gedüngt, um das Pflanzenwachstum zu unterstützen. Die Vorräte an mineralischem Lagerstätten-Phosphat werden jedoch immer knapper und werden in wenigen hundert Jahren aufgebraucht sein.
Verbundprojekt für nachhaltiges Phosphor-Management
Ein gesunder und ausreichend mit Nährstoffen versorgter Boden ist wichtig für eine nachhaltige wirtschaftliche Nutzung. Deshalb hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter anderem die Förderinitiative „BonaRes – Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie“ ins Leben gerufen. Als Teil der Bodenforschungs-Initiative befassen sich Wissenschaftler aus Rostock, Braunschweig, Jülich, Cottbus und München in dem Verbundprojekt „InnoSoilPhos“ mit der Frage, wie Phosphor als knappe Ressource effizienter genutzt und neue Phosphorquellen erschlossen werden können. Das Verbundprojekt wurde vom BMBF von 2015 bis 2018 mit rund 2,3 Mio. Euro gefördert.
Koordinator des Verbundes ist Peter Leinweber, Professor für Bodenkunde an der Universität Rostock. „Die Nutzungseffizienz von Phosphor muss dringend verbessert werden“ betont Leinweber. „Die Landwirtschaft ist der größte Verbraucher von Phosphor, doch nur ein kleiner Teil davon kommt letztlich auf unserem Teller an. Auf dem Feld wie in der Viehhaltung kommt es hier zu großen Phosphor-Verlusten, die diffus in die Umwelt verteilt werden und so beispielsweise zur Gewässereutrophierung beitragen.“
Phosphornutzung: Von der atomaren bis zur gesellschaftlichen Ebene
Um diese komplexe Fragestellung zu bearbeiten, untersuchten die Wissenschaftler verschiedene Aspekte: „Unser Ansatz war es, die Phosphorproblematik auf allen möglichen Skalenebenen zu untersuchen – von der atomaren Ebene hin bis zur gesellschaftlichen“, sagt Leinweber.
Wissenschaftler der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) haben hierfür die molekularen und chemischen Grundlagen der Phosphorbindungs- und Lösungsvorgänge mit experimentellen Ansätzen ins Visier genommen. Wie sich Phosphor auf atomarer Ebene im Boden verhält, untersucht die Arbeitsgruppe für Theoretische und Molekülphysik der Universität Rostock. Hier interessiert die Wissenschaftler vor allem die Bindung von Phosphor und Phosphorverbindungen an Bodenbestandteile. Zudem haben die Physiker untersucht, wie diese Verbindungen aufgebrochen und das Phosphat somit den Pflanzen zur Verfügung gestellt werden kann.
Münchner Forscher von der Technischen Universität und dem Helmholtz Zentrum haben außerdem analysiert, wie Mikroorganismen Phosphat im Boden aufschließen können. „Die Kollegen haben die genetischen Grundlagen der Phosphatmobilisierung in verschiedenen Mikroorganismen entschlüsselt. Sie haben aufgedeckt, unter welchen Bedingungen Gene für die Phosphatmobilisierung und den Phosphattransport aktiv werden“, so Leinweber. Das Ziel: Diese Aktivierung soll in Zukunft gezielt gesteuert und in der Landwirtschaft zum Einsatz gebracht werden können. Für die Phosphatmobilisierung aus dem Unterboden arbeiten die Bodenforscher auch mit Wissenschaftlern eines weiteren BonaRes-Projektes namens Soil3 zusammen. Hier geht es darum, die Nährstoff- und Wasserressourcen im tiefgelegenen Unterboden der Äcker für Pflanzenwurzeln besser zugänglich machen.
Inokulate und Pflanzen-Mikroben-Gemeinschaften
Wie können Pflanzen von einem verbesserten Phosphor-Angebot profitieren? Dieser Frage geht das Team um Leinweber nach. Dazu führen die Forscher Experimente in Laborgefäßen und auf kleinen Parzellen im Feld durch. „Wir haben Inokulate, also Lösungen mit Phosphat-mobilisierenden Mikroorganismen hergestellt, die wir auf die Pflanzen und den Boden gegeben haben“, erläutert Leinweber. Hierfür wurden zuvor Pilze und Bakterienstämme aus Bodenproben isoliert, deren Nützlichkeit im Hinblick auf die Phosphatmobilisierung bereits bekannt war. „Wir haben außerdem untersucht, bei welchen Kulturpflanzen diese Pilze und Bakterien bereits besonders häufig angesiedelt sind. Diese Pflanzen werden wir dann als Zwischenfrüchte auf den Äckern einführen, um die Konzentration an Phosphat-mobilisierenden Mikroben im Boden zu erhöhen“, so Leinweber.
Bei der Anwendung dieser beiden Ansätze – Inokulate mit Mikroorganismen oder Anbau von Pflanzen mit hoher Mikrobendichte – entpuppte sich der zweite Ansatz als vielversprechender: „Die Inokulate, die wir auf dem Ackerboden verbreitet haben, haben generell einen relativ geringen Effekt“, sagt Leinweber. Der Bodenforscher vermutet, dass die zusätzlichen Mikroorganismen in dem komplexen Nahrungsnetz des Bodens nicht durchsetzungsfähig genug sind.
Derzeit wird in einem Anschlussprojekt im Rahmen des BonaRes-Projekts untersucht, wie oft die Zwischenfrüchte mit der hohen Mikrobendichte angebaut werden sollten, um eine langfristig verbesserte Phosphatmobilisierung zu ermöglichen und den Phosphor-Bedarf nachfolgender Kulturpflanzen zu decken.
Muttermilch gilt als ideale Nahrung für Säuglinge, weil sie neben Nährstoffen auch reich an natürlichen Gesundmachern wie humane Milchzucker ist, auch humane Oligosaccharide – HMO genannt. Der Jennewein Biotechnologie GmbH ist es vor Jahren gelungen, diese gesunden Zuckermoleküle biotechnologisch mithilfe von Mikroorganismen herzustellen, sodass auch nicht gestillte Kinder gesund ernährt werden können. Seit 2015 stellt das rheinland-pfälzische Biotech-Unternehmen das Zuckermolekül 2‘-Fucosyllactose im Industriemaßstab her. Im November vergangenen Jahres wurde der erste biotechnologisch erzeugte Milchzucker von der Europäischen Kommission als funktioneller Lebensmittelzusatz zugelassen.
Ausbau der Milchzucker-Produktion am Stammsitz
Mit einem Kredit von 15 Mio. Euro von der Europäischen Investitionsbank (EIB) kann das Biotechnologieunternehmen aus Rheinbreitbach seine Erfolgsgeschichte nun weiterschreiben. Mithilfe des frischen Kapitals sollen unter anderem die Produktionskapazitäten am Stammsitz des Unternehmens in Rheinbreitbach erweitert werden. „Mit dem Kredit hat uns die Europäische Investitionsbank ihr Vertrauen geschenkt und die Chance gegeben, den Markt für humane Milch-Oligosaccharide weiterhin zu erobern“, so Gründer und Geschäftsführer der Jennewein GmbH, Stefan Jennewein, Mitte Juli anlässlich der Vertragsunterzeichnung.
Die Aussichten auf einen Geschäftsbankkredit seien laut Jennewein beschränkt gewesen, da sein Unternehmen in einem neuen und sehr innovativen Marktsegment aktiv sei. „Die EU-Bank unterstützt in Europa zahlreiche Projekte, die von Natur aus risikoreicher sind und daher öfter auf Schwierigkeiten beim Zugang zu Finanzierungen stoßen“, begründet EIB-Präsident Werner Hoyer das Darlehen.
Jennewein erweitert Forschungskapazitäten
Der Kredit soll aber auch in ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum fließen. Im Juni hatte Jennewein den Mietvertrag für ein etwa 1.000 Quadratmeter großes Grundstück in Bonn-Bad Godesberg unterzeichnet. Auf dem Gelände in der Mildred-Scheel-Straße soll Unternehmensangaben zufolge ein neues R&D Center für Mikrobiom-Forschung und synthetische Designer-Mikroorganismen entstehen. „Der Umzug eines Teils unserer Forschungsabteilung vom Standort Rheinbreitbach nach Bonn wurde durch das starke Wachstum des Unternehmens in den letzten Jahren und der daraus resultierenden Platznot für weitere Forschungsaktivitäten notwendig“, erklärt die stellvertretende Leiterin der Foschungs-und Entwicklungsabteilung bei Jennewein, Katja Parschat. Etwa 3,6 Mio. Euro will Jennewein am Bonner Standort in eine neue Laborausstattung investieren.
mh/bb
Methionin ist eine essentielle Aminosäure, die vor allem in der Tiermast in großem Maßstab eingesetzt wird. Viele in großen Mengen benötigte Aminosäuren werden bereits fermentativ hergestellt – unter anderem vom deutschen Spezialchemiekonzern Evonik. Fermentative Verfahren zur Produktion von Methionin haben sich hingegen noch nicht durchgesetzt. Ein neu entwickeltes, enzymbasiertes Verfahren könnte nun die bisherige petrochemische Produktion ersetze, wie Forscher der Technischen Universität München im Fachjournal „Nature Catalysis" veröffentlicht.
Evonik förderte Forschung zu Methionin-Herstellung
„Ausgehend von der Überlegung, dass Methionin in Mikroorganismen von Enzymen unter Abgabe von CO2 zu Methional abgebaut wird, versuchten wir diesen Prozess umzukehren“, erklärt Arne Skerra, Inhaber des Lehrstuhls für Biologische Chemie. Mit diesem Konzept hatte sich Skerra an einer 2013 veröffentlichten Ausschreibung des Unternehmens Evonik beteiligt, neue Methionin-Herstellungswege vorzuschlagen. Evonik prämierte die Idee und förderte das Projekt. Die derzeit gängige industrielle Herstellung von Methionin erfolgt in einem 6-stufigen chemischen Prozess aus petrochemischen Ausgangsstoffen, bei der unter anderem hochgiftige Blausäure benötigt wird. Der Biotech-Vorschlag wurde damals auf Rang 3 nach zwei alternativen chemischen Herstellungswegen gesetzt. Nicht ohne Stolz berichtet Skerra gegenüber transkript.de, dass sein enzymatischer Ansatz nun gegenüber den beiden zunächst aussichtsreicher eingeschätzten Methoden zum Erfolg geführt hat.
Effizienter als Photosynthese
Die TUM feiert daher die Arbeit ihrer Forscher als „Durchbruch bei industrieller CO2-Nutzung”. In mehrjähriger Arbeit gelang es TUM-Professor Skerra, dem Postdoc Lukas Eisoldt und der Doktorandin Julia Martin, die Reaktion im Labormaßstab bis zu einer Ausbeute von 40% zu verbessern. „Im Vergleich zur komplexen Photosynthese, in der die Natur ebenfalls auf biokatalytischem Wege CO2 als Baustein in Biomoleküle einbaut, ist unser Verfahren hochelegant und einfach“, berichtet Skerra. „Die Photosynthese verwendet 14 Enzyme und hat eine Ausbeute von nur 20%, während unsere Methode bloß zwei Enzyme benötigt.“ Das Grundmuster dieser neuartigen biokatalytischen Reaktion könne künftig auch Vorbild für die industrielle Herstellung anderer wertvoller Aminosäuren oder von Vorprodukten für Arzneimittel sein.
Großtechnische Anwendung im Visier
Das Team wird das inzwischen patentierte Verfahren durch Protein-Engineering nun so weit verfeinern, dass es sich für die großtechnische Anwendung eignet. Damit könnte es zum ersten Mal einen biotechnologischen Herstellungsprozess geben, der gasförmiges CO2 als unmittelbaren chemischen Grundstoff nutzt. Den Forschern zufolge scheiterten bisher Versuche, das klimaschädliche Treibhausgas stofflich zu verwerten, am äußerst hohen Energieaufwand, der dazu nötig ist. Evonik hat sich das geistige Eigentum mit Fokus auf die Methioninherstellung gesichert und wägt derzeit seine Optionen ab. Vor anderthalb Jahren hatte sich das Chemieunternehmen für einen Millionenbetrag bereits eine Technologie der französischen Firma Metabolic Explorer zur fermentativen Herstellung von Methionin aus Pflanzenrohstoffen gesichert. Seitdem ist es allerdings um das Projekt still geworden.
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Methionine is an essential amino acid which is used on a large scale in animal feed. It is currently being manufactured from petrochemical source materials, in a process that uses highly toxic hydrogen cyanide. In 2013, Evonik Industries, one of the world's largest producers of methionine, invited university researchers to propose new processes for making the substance safer to produce. Now, researchers at the Technical University Munich (TUM) have developed an enzymatic process that extracts methionine from the greenhouse gas carbon dioxide (CO2). The scientists published their findings in the journal Nature Catalysis.
More efficient than photosynthesis
“Based on the idea that methionine in microorganisms is degraded by enzymes to methional with the release of CO2, we tried to reverse this process, because every chemical reaction is in principle reversible, while often only with the extensive use of energy and pressure,” explains Arne Skerra from the Department of Biological Chemistry. With this approach, Skerra participated in Evonik’s call for proposals and the specialty chemicals company awarded the concept and supported the project. They optimised the process to a yield of 40%, making it more efficient than photosynthesis. “Compared to the complex photosynthesis, in which nature also biocatalytically incorporates CO2 into biomolecules as a building block, our process is highly elegant and simple,” reports Skerra. “Photosynthesis uses 14 enzymes and has a yield of only 20%, while our method requires just two enzymes.”
Breakthrough in industrial CO2 usage
TUM has called the biotechnological manufacturing process a “breakthrough in industrial CO2 usage”. If successful on a large scale, the method could be the first to use gaseous CO2 as an immediate chemical precursor. Up to now, attempts to recycle the greenhouse gas, which is a major contributor to climate change, have failed due to the extremely high energy required to do so.
Ligninhaltige Aerogele als Isoliermaterial
Leunaer Chemiker isolieren Lignin
Entwickelt wurde das Organosolv-Verfahren am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna. Dabei wird Lignozellulose aus Buchenholzresten nur mit Wasser und Alkohol in seine Grundbestandteile fraktioniert. Es entsteht unter anderem hochreines Lignin, das auch chemischen Industriezweigen als wertvoller Grundstoff dienen kann. Am Fraunhofer CBP wurde das Verfahren bereits vor vier Jahren erfolgreich in den Pilotmaßstab übertragen. „Wir fraktionieren das Holz in seine Hauptbestandteile Lignin, Hemicellulose und Cellulose, indem wir es mit Wasser und Alkohol bei hoher Temperatur und hohem Druck kochen, quasi wie in einem Dampfkochtopf”, sagt Moritz Leschinsky, Gruppenleiter am Fraunhofer CBP. Das Lignin und die Hemicellulosen lösen sich in der Flüssigkeit, während die faserige Cellulose fest bleibt. In einem weiteren Schritt gewinnen die Wissenschaftler das Lignin aus der Flüssigkeit, indem sie es fällen und abtrennen. Nach Entfernung des Alkohols verbleiben die Hemicellulosen-Zucker. Der feste, faserige Cellullose-Rückstand wird bei Bedarf mit Enzymen versetzt und verzuckert, also in einzelne Glucose-Moleküle gespalten.
Die Entwicklung des Organosolv-Verfahren am Fraunhofer CBP wurde im Rahmen des Vorhaben „Stoffliche Nutzung von Lignin: Nanoporöse Materialien" vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) gefördert.
Hamburger Start-ups bringen Aerogele auf den Markt
Der andere Bioraffinerieprozess – das auf Stroh als Ausgangsmaterial basierende Aquasolv-Verfahren – wurde an der Technischen Universität Hamburg-Harburg entwickelt. Zwei Ausgründungen der Hamburger Universität treiben die Markteinführung des Werkstoffs weiter voran: BioMP (Biomass High Pressure) bündelt Kompetenzen im Bereich der Heißwasserhydrolyse und Herstellung von Lignin zur Bemusterung und Weiterverarbeitung. Aerogelex stellt verschiedene Arten organischer Aerogele her – unter anderem Lignin-PU-Aerogelplatten. Alle Beteiligten stellen interessierten Firmen Muster für die Entwicklung neuer Produkte aus diesen Materialien zur Verfügung.
ml/jmr
Krankheitserreger wie Salmonellen können durch Lebensmittel übertragen werden. Besonders häufig sind diese Bakterien in Eiern und Geflügelfleisch aber auch in Käse- oder Wurstaufschnitt zu finden. Forscher vom Institut für Lebensmittelqualität und -sicherheit der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) haben gemeinsam mit der terraplasma GmbH eine neue Methode entwickelt, um Lebensmittel vor Bakterien zu schützen. Das Team nutzt dafür kaltes Plasma. Plasma entsteht, wenn Gas ausreichend Energie zugeführt wird, beispielsweise über ein elektrisches Feld. Dabei entstehen geladene Teilchen. „Diese Teilchen reagieren mit den Zellmembranen und dem Erbgut von Bakterien und zerstören sie. Menschliche und tierische Zellen bleiben dabei intakt“, erklärt Birte Ahlfeld vom Institut für Lebensmittelqualität und -sicherheit der TiHo.
Mit Plasma Salmonellen bekämpfen
Wegen seiner antimikrobiellen Wirkung wird kaltes Plasma bereits erfolgreich eingesetzt, um etwa Saatgut keimfreifrei zu machen oder chronische Wunden zu heilen. Dass damit auch Lebensmittel sicherer werden können, konnte das Team um Ahlfeld im Rahmen einer im Fachjournal „PLOS ONE“ erschienenen Studie nun beweisen. Für ihre Untersuchungen nutzen sie mit Salmonellen und Listerien kontaminierten Lachsschinken und behandelten diesen mit kaltem atmosphärischen Plasma.
Plasmaerzeugung aus Raumluft
Die terraplasma GmbH, ein Spin-Off des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching bei München, hatte eigens dafür ein Gerät entwickelt, das kaltes Plasma aus der Raumluft erzeugt: das Plasmatube-System. Dieses System besteht aus zwei zylindrischen Plasmaquellen, mit jeweils zwei elektrisch voneinander isolierten Elektroden. „Die Fläche der Elektroden ist erweiterbar, so können wir vermutlich große Oberflächen mit kaltem Plasma behandeln. Das ist mit bisher untersuchten Verfahren noch nicht möglich gewesen“, sagt Ahlfeld.
Bakterienmenge auf kontaminierten Schinken reduziert
Bei der Behandlung des kontaminierten Lachsschinkens wurden jeweils die Spannung des elektrischen Feldes, die Luftfeuchtigkeit des Gases sowie die Behandlungsdauer verändert und danach die Anzahl der noch lebenden Bakterien mit denen von unbehandeltem Lachsschinken verglichen. Das Ergebnis: Die Anzahl der Bakterien auf dem behandelten Schinken ließ sich mittels kaltem Plasma signifikant reduzieren, auch wenn Bakterien noch nachweisbar waren.
Bessere Konservierung durch Plasmabehandlung
Nachdem der plasmabehandelte Schinken unter handelsüblicher Schutzgasatmosphäre verpackt und weitere 14 Tage bei acht Grad Celsius gekühlt wurde, reduzierte sich diese Bakterienmenge nochmals deutlich, so dass sie teils kaum nachweisbar war. Für das Abtöten der Bakterien war auch die Verpackung unter Schutzgasatmosphäre hilfreich, erklärt Ahlfeld's Kollegin an der TiHo, Karolina Lis: „Das Schutzgas enthält keinen Sauerstoff, stattdessen hohe Konzentrationen an Stickstoff und Kohlenstoffdioxid. Dadurch werden sauerstoffabhängige Mikroorganismen in ihrem Wachstum gehemmt und im Schinken enthaltenes Fett wird nicht ranzig.“
Weitere Bakterien bekämpfen
Fazit: Die Behandlung mit kaltem atmosphärischen Plasma kann Lebensmittel nicht nur vor Bakterien schützen, sondern auch das gängige Konservierungsverfahren effektiv unterstützen. Auch ist die Erzeugung mittels des neuartigen Plasmatube-Systems relativ kostengünstig, da Raumluft als Arbeitsgas verwendet wird, und ist zugleich äußerst umweltfreundlich, da kein Abfall entsteht. Die Hannoveraner Forscher arbeiten bereits daran, weitere Bakterien mittels Plasma zu bekämpfen: „Wir möchten ein Behandlungsprotokoll entwickeln, das gegen alle relevanten Bakteriengattungen wirksam ist. Zudem müssen wir ausschließen, dass sich der Nährstoffgehalt, die Beschaffenheit und der Geschmack des Lebensmittels durch die Behandlung verändern“, erklärt Lis.
bb
Pathogens such as salmonella can be transmitted through food. These bacteria are found most frequently in eggs and poultry but also in cheese and sausage slices. Researchers from the Institute for Food Quality and Safety of the University of Veterinary Medicine Hannover, Foundation (TiHo) together with terraplasma GmbH have developed a new method to protect food from bacteria. The team uses cold plasma for this purpose. Plasma is produced when gas is supplied with sufficient energy, for example via an electric field. This produces charged particles. "These particles react with the cell membranes and the genetic material of bacteria and destroy them. Human and animal cells remain intact," explains Birte Ahlfeld from the Institute for Food Quality and Safety at TiHo.
Fighting salmonella with plasma
Because of its antimicrobial effect, cold plasma is already being used successfully to sterilise seeds or heal chronic wounds. Ahlfeld and his team have now been able to prove in a study published in the specialist journal "PLOS ONE" that food can also be made safer. For their investigations, they used smoked ham contaminated with salmonella and listeria and treated it with cold atmospheric plasma.
Plasma generation from indoor air
terraplasma GmbH, a spin-off of the Max Planck Institute for Extraterrestrial Physics in Garching near Munich, had developed a device specifically for this purpose that generates cold plasma from room air: the Plasmatube system. This system consists of two cylindrical plasma sources, each with two electrically isolated electrodes. "The area of the electrodes is expandable, so we can likely treat large surfaces with cold plasma. This has not yet been possible with previously investigated methods," said Ahlfeld.
Bacteria reduced on contaminated hams
During the treatment of the contaminated smoked ham, the voltage of the electric field, the air humidity of the gas and the duration of the treatment were all modified, and then the number of bacteria still living was compared with those of untreated ham. The result: The number of bacteria on the treated ham was significantly reduced by cold plasma, even if bacteria were still detectable.
Better preservation through plasma treatment
After the plasma-treated ham was packaged in a commercially available protective gas atmosphere and cooled for a further 14 days at eight degrees Celsius, this quantity of bacteria was significantly reduced again, so that it was hardly detectable in some cases. For the killing of the bacteria, the packaging under inert gas atmosphere was also helpful, explains Ahlfeld's colleague at the TiHo, Karolina Lis: "The inert gas contains no oxygen, but rather high concentrations of nitrogen and carbon dioxide. This inhibits the growth of oxygen-dependent microorganisms and the fat contained in the ham does not become rancid.
Fighting other bacteria
The bottom line is that treatment with cold atmospheric plasma can not only protect food from bacteria, but can also effectively support the current preservation process. The innovative Plasmatube system is also relatively inexpensive to produce because room air is used as a working gas and is also extremely environmentally friendly because no waste is produced. The researchers from Hannover are already working on using plasma to combat other bacteria: "We want to develop a treatment protocol that is effective against all relevant bacterial genera. In addition, we must rule out the possibility that the nutrient content, texture and taste of the food may change as a result of the treatment," explains Lis.