Aktuelle Veranstaltungen
Der Bedarf an Fein- und Bulkchemikalien wie Zuckerderivaten, Aromaten, Alkoholen, organischen Säuren oder Enzymen in der Industrie ist hoch. Sie werden genutzt, um Pharmaka, Kosmetika, Lebensmittel, aber auch Chemikalien herzustellen. Enzyme finden in Waschmitteln oder in der chemischen Synthese eine wichtige Anwendung. Derzeit werden viele dieser Substanzen noch auf der Basis fossiler Ressourcen erzeugt. Doch es gibt biobasierte Alternativen: Die industrielle Biotechnologie erzeugt bereits heute viele dieser Substanzen mithilfe von Mikroorganismen. Nicht ohne Grund verzeichnet die Biotech-Branche kontinuierliche Steigerungen in Umsatz und Mitarbeiterzahlen. Die biotechnologische Produktion hat viele Vorteile: Sie ist effizient und vor allem nachhaltig.
Bioprozesse sind hochkomplex
Doch die Entwicklung neuer biotechnologischer Produktionsprozesse ist im Vergleich zu anderen Industriebranchen hochkomplex. Der Biotechnologe hat schier unfassbare Möglichkeiten, die Bedingungen zur Herstellung einer Substanz zu wählen. Schon kleinste Veränderungen bei der Produktion können enorme Auswirkungen auf Quantität und Qualität des Produktes haben. Denn Mikroorganismen sind Lebewesen. Jede dieser kleinen Biofabriken benötigt andere Bedingungen, um effizient zu arbeiten. Die Komplexität dieser Suche zeigt folgendes Zahlenspiel: Ausgehend von etwa zehn sogenannten Plattform-Stämmen können mit modernen genetischen Methoden große Stammbibliotheken mit mehreren Millionen Varianten erstellt werden. Wenn dann in dem Bioprozess noch Einflussgrößen wie pH-Wert, Sauerstoff oder Nährstoffe variiert werden, steigt die Zahl der Kombinationsmöglichkeiten schnell in eine Größenordnung von 600 Trilliarden an. Selbst mit den heute zur Verfügung stehenden Technologien ist das für den Menschen nicht zu bewältigen.
Digitalisierung macht Entwicklungen schneller und effizienter
Entwicklungszyklen in der Biotechnologie sind daher meist lang und zudem schwer vorhersagbar. Hier setzt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 2,8 Mio. Euro geförderte Verbundprojekt „Digitalisierung in der Industriellen Biotechnologie“ (DigInBio) an. Seit Anfang 2018 haben drei Partner das Ziel, die Möglichkeiten der Digitalisierung, Automatisierung und Miniaturisierung für die industrielle Biotechnologie zu erschließen. Dazu gehören Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich, der Technischen Universität München und der Leibniz-Universität Hannover.
Marco Oldiges vom Forschungszentrum Jülich ist Koordinator des Verbundes und überzeugt: „Mithilfe der Digitalisierung können wir die Biotechnologie in Forschung und Entwicklung schneller und effizienter machen. Das gilt sowohl für die Wissenschaft als auch für die Industrie. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass es sich bei der konsequenten Anwendung von Digitalisierung und Miniaturisierung um nicht weniger als einen Paradigmenwechsel handelt. Der technische Mitarbeiter und der Wissenschaftler sind aktuell mit vielen zeitraubenden Routinetätigkeiten im Labor befasst. Digitale Workflows ermöglichen jetzt, dass diese wieder die Position des Wissenschaftlers und Entscheiders übernehmen können. Digitalisierung führt also nicht zu einem Wegfall von Arbeitsplätzen. Wir können vielmehr unsere Forschungskapazitäten steigern, das vorhandene Personal besser nutzen und so schneller zu Ergebnissen kommen. Für mich scheint das ein Schlüssel für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit zu sein.“
Die Entwicklung eines Impfstoffes gegen den Covid-19-Erreger läuft auf Hochtouren. Mit dabei sind auch deutsche Biotechnologie-Unternehmen wie die CureVac AG. Das Tübinger Unternehmen ist auf die Entwicklung von Arzneimitteln und Impfstoffen auf Basis des Nukleinsäuremoleküls Messenger-RNA (mRNA) spezialisiert. Am 15. Juni kündigte die Bundesregierung an, mit einer Minderheitsbeteiligung von 300 Mio. Euro bei CureVac einzusteigen.
Impfstoffentwicklung beschleunigen
„Die Technologie von CureVac hat das Potenzial, neue Impfstoffe und therapeutische Behandlungsmöglichkeiten für viele Menschen zu entwickeln und über den Markt zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung beteiligt sich an diesem vielversprechenden Unternehmen, weil sie erwartet, damit Entwicklungen zu beschleunigen, und es CureVac finanziell zu ermöglichen, das Potenzial seiner Technologie ausschöpfen zu können“, so Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Laut Altmaier ist das Investment ein erster Schritt zur Umsetzung des Corona-Wirtschaftsförderungs- und Zukunftstechnologiepakets der Bundesregierung. Er stellt jedoch auch klar, dass der „Bund keinen Einfluss auf geschäftspolitische Entscheidungen von CureVac nehmen wird".
Erste klinische Test beginnen im Sommer
Das Investment wird durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) getätigt. Einzelheiten der Investition des Bundes sind laut Dietmar Hopp, Hauptinvestor von CureVac, Interims-CEO Franz-Werner Haas und Minister Altmaier in einem bereits abgesegneten Vertragsentwurf festgelegt. Die Mittel aus der Kapitalerhöhung will CureVac laut Haas für die Weiterentwicklung der Pipeline und mRNA-Plattformtechnologie einsetzen. Noch in diesem Sommer wollen die Tübinger Impfstoffspezialisten mit klinischen Tests eines Covid-19-mRNA-Vakzins beginnen. Am 17. Juni kam dafür grünes Licht vom Paul-Ehrlich-Institut, der zuständigen Behörde.
"Ich freue mich, dass die Bedeutung der Biotechnologie auch von der Regierung erkannt wird und dass diese Schlüsselindustrie nun über die frühe Forschung hinaus gefördert wird“, so Hopp. Der frühere SAP-Gründer und Curevac-Hauptaktionär macht zugleich deutlich, dass die mRNA-Technologie „nur eines der frühen und herausragenden Beispiele für visionäre unternehmerische Biotech-Innovationen aus Deutschland“ sei.
Die internationale Staatengemeinschaft und auch Hopp hatten stets betont, Covid-19-Vakzine müssten zur Versorgung aller Menschen dienen. Auf Gerüchte, wonach die US-Regierung einen Kauf oder eine Abwerbung von Führungspersonal erwogen habe, sagte Altmaier: "Germany is not for sale. Wir verkaufen nicht unser Tafelsilber."
Wie der Impfstoff funktioniert
CureVac verwendet für seine Impfstoffe den natürlichen Botenstoff mRNA als Überbringer für die Bauanleitungen von Proteinen. Injiziert man ein RNA-Präparat, so wird das Erbmolekül von einigen Körperzellen aufgenommen. Anhand dieser genetischen Bauanleitung beginnen die Zellen, Eiweißmoleküle zu synthetisieren. Sie stellen Antigene eines Krankheitserregers - im aktuellen Fall SARS-CoV-2 her, die in der Folge das Immunsystem stimulieren. Der Clou ist also, dass der Körper den Impfstoff selbst herstellt. Ein weiterer Vorteil - die RNA-Impfstoffe sind stabil und temperaturunempfindlich - sie müssen nicht kühl gelagert werden.
CureVac wurde bereits vielfach in seinen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt, darunter im Rahmen der Mittelstandsförderinitative "KMU-innovativ: Biotechnologie - BioChance".
bb/pg
Insekten sind reich an Proteinen. Mit einem durchschnittlichen Proteingehalt zwischen 35% und 77% könnten die nährstoffreichen Kerbtiere vor allem in der Futtermittelindustrie Fischmehl und Soja ersetzen, die teuer importiert werden müssen. Seit 2017 sind in der EU sechs Insektenarten für die Tierernährung zugelassen, darunter die Schwarze Soldatenfliege. Start-ups wie FarmInsect sind seither dabei, die Insektenzucht in Deutschland aus der Nische zu holen. Das Münchner Start-up hat dabei aber nicht nur die Vermehrung der Insekten im großen Maßstab im Blick. Das Team um Geschäftsführer Thomas Kuehn will die Landwirtschaft revolutionieren.
Tierfutter aus Insekten selbst herstellen
Die Idee: Landwirte sollen ihr eigenes Proteinfutter aus regionalen Reststoffen mithilfe von Insekten herstellen. Auf diese Weise könnten sich Landwirte nicht nur von Importen wie Soja unabhängig machen. Durch die Nutzung von Agrarreststoffen zur Aufzucht der Insekten wird gleichzeitig ein Beitrag zur regionalen Kreislaufwirtschaft geleistet – denn Ressourcen werden effizienter genutzt sowie Kosten und CO2 eingespart. Für diese nachhaltige Geschäftsidee konnte FarmInsect nun neue finanzkräftige Investoren gewinnen. Hilfe kommt von drei Business Angels, die das Münchner Start-up mit einem sechsstelligen Betrag bei der Kommerzialisierung unterstützen. Das frische Kapital wurde im Rahmen einer Seedfinanzierungsrunde eingeworben.
IT-Plattform lotst Landwirte durch die Insektenproduktion
Damit Landwirte Futter aus Insekten herstellen können, entwickelte FarmInsekt eine IT-Plattform, die mit zahlreichen Sensoren verbunden ist und den Landwirt automatisch durch den gesamten Prozess der Insektenproduktion führt. Vorkenntnisse zur Insektenzucht seien nicht nötig, erklärt Geschäftsführer Thomas Kuehn in einem Gespräch mit bioökonomie.de. Von einer Mühle zur Reststoffzerkleinerung bis hin zu einer Klimakammer für die Insektenhaltung decke die Anlage alle Produktionsschritte ab.
Zum Einsatz kommt die Schwarze Soldatenfliege. „Sie hat ein sehr breites Futterspektrum und ist daher bestens geeignet, Reststoffe zu verwerten“, erläutert Kuehn. Fallobst, Grasschnitt, Kartoffeln, aber auch Biertreber, die als Reststoffe beim Bierbrauen anfallen, können Kuehn zufolge für die Insektenzucht genutzt werden. Aber nicht nur das: „Die Körper der Insekten können wieder als Dünger aufs Feld gebracht werden.“
Pilotanlage in Aquakultur-Betrieb geplant
Mit dem frisch eingeworbenen Kapital will das junge Unternehmen nun östlich von München eine Pilotanlage aufstellen. Nicht der Bauerhof wird hier zum Testfeld für FarmInsect, sondern die Fischzucht. Dafür hat das Start-up bereits mit einem der größten Fischzuchtbetriebe in Bayern einen Vertrag geschlossen. „Die Aquakultur ist ein sehr interessanter Bereich, weil wir dort Fischmehl durch Insekten ersetzen können“, so Kuehn.
bb
Seit Millionen von Jahren gewinnen Pflanzen Energie aus der Photosynthese. Dieser komplexe biochemische Prozess wird von zwei großen Proteinen gesteuert: den Photosystemen (PS) I und II. Diese natürlichen Photosynthese-Proteinkomplexe sind auch das Herzstück in Biosolarzellen. Sie ermöglichen die Umwandlung der Energie des Sonnenlichts in chemisch gebundene Energie. Eine besondere Rolle spielt dabei das PSII, das Wasser als Elektronenquelle für die Stromerzeugung nutzen kann. Der Grünanteil des Sonnenlichts war bisher aber nicht nutzbar. Diese sogenannte Grünlücke haben Wissenschaftler der Ruhr-Universität in Bochum (RUB) um Marc Nowaczyk und Volker Hartmann sowie vom Israel Institute of Technology in Haifa um Noam Adir nun geschlossen. Wie das Team im Fachjournal Journal of Materials Chemistry berichtet, kombinierten sie dafür das PSII mit Lichtsammelproteinen aus Cyanobakterien namens Phycobilisomen.
Stabile Superkomplexe schließen Grünlücke
Im Gegensatz zum PSII anderer Organismen können Cyanobakterien mit Hilfe der Lichtsammelproteine auch grünes Licht nutzen. „Cyanobakterien haben das Problem dadurch gelöst, dass sie spezielle Lichtsammelproteine, die Phycobilisomen, bilden, die auch dieses Licht nutzbar machen", erklärt Marc Nowaczyk, Leiter der Projektgruppe Molekulare Mechanismen der Photosynthese an der RUB. Was in der Natur problemlos funktioniert, ist dem Team um Nowaczyk nun erstmals auch im Labor gelungen.
Die Wissenschaftler schufen dafür stabilisierte Superkomplexe, in denen sie die Proteine dicht beieinander dauerhaft fixierten. Anschließend brachten sie diese in Elektrodenstrukturen ein. „Diese Herausforderung konnten wir durch maßgeschneiderte, dreidimensionale und zugleich transparente Elektroden in Kombination mit redoxaktiven Hydrogelen meistern“, so Studienautor Volker Hartmann.
Effizienz der Biosolarzelle gesteigert
Auf diese Weise gelang es den Forschern erstmals, eine Zweikomponenten-Bioelektrode zu entwickeln, die doppelt so viele Photonen innerhalb der „Grünlücke" nutzt und damit die Effizienz biologischer Solarzellen deutlich steigern könnte. Als nächstes stehen die Verbesserung von Herstellung und Lebensdauer der biologischen Komponenten auf dem Plan.
bb/MaK
For millions of years, plants have been generating energy from photosynthesis. This complex biochemical process is controlled by two major proteins: the photosystems (PS) I and II. These natural photosynthetic protein complexes are also the heart of biosolar cells. They enable the conversion of the energy of sunlight into chemically bound energy. A special role is played by PSII, which can use water as an electron source for power generation. However, the green part of the sunlight has not been usable so far. Scientists from the Ruhr-Universität Bochum (RUB) around Marc Nowaczyk and Volker Hartmann and from the Israel Institute of Technology in Haifa around Noam Adir have now closed this so-called green gap. As the team reported in the Journal of Materials Chemistry, they combined PSII with light collecting proteins from cyanobacteria called phycobilisomes.
Stable supercomplexes close green gap
In contrast to the PSII of other organisms, cyanobacteria can also use green light with the help of light collecting proteins. "Cyanobacteria have solved the problem by forming special light-collecting proteins, the phycobilisomes, which also make use of this light," explains Marc Nowaczyk, head of the project group Molecular Mechanisms of Photosynthesis at the RUB. Nowaczyk and his team have now succeeded for the first time in doing in the laboratory what works perfectly in nature.
To achieve this, the scientists created stabilized supercomplexes in which they permanently attached the proteins close together. They then inserted them into electrode structures. "We were able to master this challenge with customized, three-dimensional and at the same time transparent electrodes in combination with redox-active hydrogels," says study author Volker Hartmann.
Efficiency of the biosolar cell increased
In this way, the researchers succeeded for the first time in developing a two-component bioelectrode that uses twice as many photons within the "green gap" and could thus significantly increase the efficiency of biological solar cells. Next on the agenda is to improve the production and lifetime of the biological components.
Welches Potenzial haben Algen? Was verbirgt sich hinter Aquaponik, und wie viel Leben steckt in einem Wassertropfen? Antworten auf solche und ähnliche Fragen will die schwimmende Ausstellung zur "blauen Bioökonomie" auf der Make Science Halle (MS Halle) geben. Wo sich einst Passagiere über das Wasser schippern ließen, füllen nun Computer, Mikroskope und Exponate die Plätze. Die Fahrgastkabine des einstigen Ausflugsschiffes wurde in den vergangenen Monaten zu einem schwimmenden Bürgerforschungslabor umgerüstet. Zur Crew gehören Studenten und Forscher von Hochschulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen entlang der Saale. Gemeinsam nutzen sie das Schiff als Plattform, um in den kommenden Monaten ihre Forschungsprojekte vorzustellen.
Dialog mit der Öffentlichkeit
Im Fokus der Mission steht der Dialog mit der Öffentlichkeit. Zahlreiche Mitmachaktionen in Form von Experimenten und Expeditionen sind geplant. Für die Initiatoren ist das Labor auf dem Wasser auch ein Sinnbild für die Dynamik der Forschung. Das Konzept der schwimmenden Lehr-Lern-Plattform wird im Rahmen des "Wissenschaftsjahrs 2020/21 - Bioökonomie" vom Bundesforschungsministerium gefördert.
Ein Beispiel für die fortwährende Entwicklung sind Algen, deren Potenziale für die Bioökonomie immer weiter erschlossen werden. Die Multitalente sind an Bord der Make Science Halle einer der Hauptakteure. Besucher können beispielsweise erleben, wie ein Algenbioreaktor funktioniert und welche Köstlichkeiten man aus Algen zubereiten kann. Neben dem Multitalent Alge zeigt eine Aquaponikanlage, wie Fisch- und Tomatenzucht Hand in Hand gehen können. Auch ein Projekt zur Analyse von Mikroplastik im Wasser wird vorgestellt.
Wissenschaft, Kunst und Kultur unter einem Dach
Darüberhinaus ist die Make Science Halle ein Versuch, Wissenschaft, Kultur und Kunst in einem völlig neuen Ansatz zu vereinen. Ober- und Unterdeck des rund 27 Quadratmeter großen Schiffes sind Forschungslabor, Openair-Kino, Experimentierküche, Maker-Werkstatt und Atelier zugleich. Daran beteiligt sind die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die Hochschule Anhalt, die Kunsthochschule Burg Giebichenstein, die Hochschule Merseburg und die Fraunhofer-Gesellschaft.
Die trockenen Hitzesommer in den Jahren 2018 und 2019 haben Landwirten in Deutschland vielerorts hohe Ernteverluste beschert und die Böden nachhaltig geschädigt. Die Folgen der langanhaltenden Dürre sind bis heute sichtbar: Der Oberboden trocknet in einem Dürresommer besonders schnell aus. Wichtige Nahrungspflanzen wie Weizen und Mais leiden, weil ihre Wurzeln nicht ausreichend mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden. Eine Lösung ist der Anbau von Zwischenfrüchten, die den Boden für die nachkommende Frucht fit machen. Im Ökolandbau ist das gängige Praxis, für die konventionelle Landwirtschaft bisher jedoch zu ineffektiv. Projektkoordinatorin Sandra Spielvogel erklärt warum: „Im ökologischen Landbau ist es so, dass Zwischenfruchtmischungen manchmal zwei Jahre stehen gelassen werden. Das ist für die Bildung von Wurzelröhren zwar viel effektiver, aber man hat auch ein oder zwei Jahre keinen Ertrag auf dem Ackerland. Und das würde ein konventioneller Landwirt wirtschaftlich nicht verkraften.“
Zwischenfruchtmischungen für den konventionellen Landbau
Im Projekt RootWayS will ein Team um Sandra Spielvogel vom Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde der Christian-Albrechts-Universität Kiel nun den Einsatz von Zwischenfruchtmischungen für den konventionellen Landbau attraktiv machen. Mithilfe von tiefwurzelnden Zwischenfruchtmischungen wollen sie Nutzpflanzen in kurzer Zeit den Weg zu den Wasser-und Nährstoffressourcen im Unterboden ebnen. Im Fokus steht hier die Maispflanze. Das im April gestartete Vorhaben wird im Rahmen der Fördermaßnahme „Pflanzenwurzeln und Bodenökosysteme: Bedeutung der Rhizosphäre für die Bioökonomie - Rhizo4Bio“ bis 2024 vom Bundesforschungsministerium mit rund 1 Mio. Euro gefördert.
Wasser und Nährstoffe aus dem Unterboden ziehen
„Da der Boden in der Regel von oben nach unten austrocknet, könnten Pflanzen Wasser und Nährstoffe aus dem Unterboden noch länger aufnehmen. Das fällt aber vielen Kulturpflanzen wie dem Mais schwer“, erklärt die Projektkoordinatorin. „Wenn man jetzt Zwischenfrüchte anbaut, könnten diese mit ihren Wurzeln Straßen in den Unterboden einbauen. Dann könnte der Mais als Folgefrucht bereits die vorhandenen Wurzelkanäle nutzen und schneller in den Unterboden kommen.“
Baden-Württemberg soll zu einer Leitregion für biobasiertes, kreislauforientiertes Wirtschaften werden. Dieses ehrgeizige Ziel hat die Landesregierung in ihrer 2019 verabschiedeten Landesstrategie „Nachhaltige Bioökonomie Baden-Württemberg“ festgeschrieben. Dafür wurde nun ein neues Förderpaket geschnürt. Unter dem Titel „Nachhaltige Bioökonomie als Innovationsmotor für den Ländlichen Raum“ sollen gezielt Technologien aus der anwendungsorientierten Grundlagenforschung praxistauglich gemacht werden.
Forschungsansätze in die Praxis bringen
„Bisher wurden durch unsere exzellente Forschung innovative Lösungsansätze im Labormaßstab entwickelt oder im Grundsatz gezeigt. Um den Systemwechsel in Zukunft zu ermöglichen, gilt es nun, vielversprechende Ansätze von der Forschung in die Praxis zu bringen“, so der baden-württembergische Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk. Ziel des Programms ist es, den Technologie- und Wissenstransfer im Bereich der nachhaltigen Erzeugung und Nutzung von Ressourcen aus der regionalen Land- und Forstwirtschaft zu unterstützen. Das Land stellt dafür Fördermittel in Höhe von 6 Mio. Euro bereit.
Um möglichst viele Ideen aus Wissenschaft und Wirtschaft auf den Weg zu bringen, ist der Aufruf thematisch bewusst breit aufgestellt. Gefördert werden die effiziente und nachhaltige Erzeugung und Bereitstellung von regionaler Biomasse, verbraucherorientierte Produkt- und Prozessinnovationen entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette, intelligentes Rohstoff- und Stoffstrommanagement, neue Materialien aus Holz, lignozellulosehaltige Aufwüchse und landwirtschaftliche Nebenströme sowie innovative Konzepte zur Weiterentwicklung von Biogasanlagen.
Keine Heilung, aber mehr Lebensqualität verspricht ein deutsches Forschungsprojekt für Patienten mit Phenylketonurie (PKU). Mit dieser erblichen Stoffwechselkrankheit wird weltweit etwa jedes zehntausendste Kind geboren. Unbehandelt führt sie zu schweren geistigen Entwicklungsstörungen. Ursache dafür ist ein Überschuss der Aminosäure Phenylalanin, der entsteht, weil der Körper der Betroffenen das in vielen Eiweißmolekülen enthaltenenen Baustein nicht abbauen kann. Letztlich gelangt das überschüssige Phenylalanin über die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn und richtet dort Schaden an.
Nur Obst, Gemüse und Aminosäuremischungen
Bislang gibt es eine ebenso einfache wie unbequeme Therapie: lebenslange Einschränkungen bei der Ernährung. Betroffene müssen es vermeiden, Phenylalanin zu sich zu nehmen, also auf alle Arten von natürlichem Eiweiß weitgehend oder im Einzelfall sogar ganz verzichten und sich im Wesentlichen von Obst und Gemüse ernähren. Die so zu einer gesunden Ernährung fehlenden Eiweiße werden in Form von Phenylalanin-freien Aminosäuremischungen supplementiert. Einen besseren Weg will das Forschungsprojekt „Phe-frei3“ entwickeln, das vom Bundesforschungsministerium im Programm „KMU-innovativ: Biotechnologie-BioChance“ von März 2019 bis Februar 2022 mit rund 915.000 Euro gefördert wird. Phe-frei3 steht dabei für die „Biotechnologische Herstellung des Phenylalanin-freien Proteins GSP105 zur Verbesserung des Diät-Managements bei Phenylketonurie“.
Für das Projekt haben sich die metaX Institut für Diätetik GmbH und ein Team des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME) zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es, ein Protein herzustellen, das kein Phenylalanin enthält, wohl aber alle anderen wichtigen Aminosäuren. „Gut schmeckende Lebensmittel für PKU-Patienten“ beschreibt metaX-Geschäftsführer Bernhard Hoffmann die Vision und nennt als Beispiel Pasta und Veggieburger. „Aminosäuremischungen und hier besonders die unentbehrlichen Aminosäuren sind sehr bitter“, erläutert Yvonne Mücke, die bei metaX die Forschung im Projekt koordiniert. Außerdem lassen sich Aminosäuremischungen nicht stark erwärmen oder anderweitig in Lebensmitteln verarbeiten, wie das mit Proteinen möglich ist. Bislang gibt es daher lediglich Tabletten, Pulver, Drinks und immerhin auch Riegel mit Aminosäuremischungen. Deren Geschmack lässt aber trotz verbesserter Rezepturen noch immer zu wünschen übrig.
Suche nach Proteinen ohne Phenylalanin
Die Forschungspartner haben sich deshalb in Datenbanken auf die Suche nach einem Protein gemacht, das von Natur aus nur wenig Phenylalanin enthält. Mit gentechnischen Methoden wollten sie dann diese Phenylalanin-Reste gegen andere unentbehrliche Aminosäuren austauschen. „Wir haben jedoch schnell gemerkt, dass das Protein sich nicht mehr richtig faltet, wenn wir mehr als zwei oder drei Aminosäuren ersetzen“, erinnert sich IME-Forscher Stefan Rasche. Also verschärfte das Team die Suchkriterien weiter. Maximal ein Phenylalanin durfte nun noch vorhanden sein, außerdem mussten Nährwertparameter und Größe stimmen – und natürlich durfte das Zielprotein nicht toxisch für den Menschen sein. „Wir haben 831.000 Sequenzen gescreent und erhielten nur 15 Treffer“, berichtet Rasche. Komplett frei von Phenylalanin war nur ein einziger dieser Kandidaten.
Die Entscheidung fiel jedoch für ein Protein, das insgesamt attraktiver erschien – und der Austausch einer einzigen Aminosäure erwies sich als problemlos. Das neue Protein ist wie erhofft geschmacksneutral, gut löslich, chemisch stabil und auch tolerant gegenüber erhöhter Temperatur – ideal also für eine Weiterverarbeitung. Außerdem ist das Protein anfällig gegenüber Enzymen aus der Gruppe der Proteasen, was für eine gute Verdaulichkeit spricht. Zugleich bedeutet das aber auch, dass als Produktionsorganismus nur solche in Frage kommen, die eine geringe Proteaseaktivität aufweisen, damit das Protein nicht schon bei der Herstellung wieder zerstört wird. „Wir haben das Protein in verschiedenen Mikroorganismen exprimiert und auch in einem Hochleistungsstamm“, berichtet Rasche von der erfolgreichen Suche.
Ein Berliner Unternehmen hat sich der Problematik angenommen und nachhaltige Kleidung aus biologischen Fasern auf Cellulose-Basis entwickelt, die die Haut schützen und pflegen soll.
Stoff aus Meeresalgen
VitadylanTM heißt der Stoff, der die Haut beim Tragen pflegt. Basis bilden Meeresalgen von den isländischen Fjorden, die ressourcenschonend zweijährig und nur in festgeschriebener Menge geerntet werden. Die folgende Verarbeitung findet ausschließlich in Deutschland statt: Getrocknet und gemahlen werden die Algen unter anderem mit Zinkoxid-Fasern angereichert und in einem patentierten Verarbeitungsprozess, der die Vitamine und Mineralstoffe der Alge erhält, zu Stoff gewebt. Statt Baumwolle ist Modal, also Buchenholzfaser, weiterer Bestandteil. Das führt dazu, dass die Produktion eines herkömmlichen Shirts aus VitadylanTM um die 70 Liter Frischwasser verbraucht, während die Produktion eines vergleichbaren Baumwoll-Shirts bis zu 2.700 Liter an Wasser benötigt – das entspricht einem um 97% reduzierten Wasserverbrauch.
Hautpflege inklusive
Die Wahl der natürlichen Rohstoffe erlaubt neben der nachhaltigen und wassersparenden Herstellung auch pflegende Effekte für die Haut. Von allen Naturprodukten enthalten Meeresalgen einen der höchsten Anteile an den Vitaminen A, C und E, an Mineralien und Spurenelementen. Des Weiteren hat Zinkoxid eine antibakterielle und geruchsmindernde Wirkung und ist essentiell für Immunsystem, Sinnesfunktionen und den Stoffwechsel.
Marktreife
Graue Lang- sowie Kurzarmshirts und sportliche Unterwäsche sind erhältlich unter greyfashion.de.