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Nicht nur einzelne Gene verändern, sondern ganze Chromosomen-Stücke austauschen – ein deutsches Pflanzenforscherteam hat die Einsatzmöglichkeiten der molekularen Schere CRISPR-Cas9 auf eine neue Ebene gehoben. Das Team um Holger Puchta vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Kollegen des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben berichten über diese Weiterentwicklung des Genome Editing im Fachjournal „Nature Plants“. Der Europäische Forschungsrat hat das Projekt namens CRISBREED mit einem Advanced Grant in Höhe von 2,5 Mio. Euro gefördert.

Ganze Chromosomen-Stücke ausgetauscht

Das Erbmolekül DNA eines Organismus wird während Zellteilungen in eine Reihe von Paketen verschnürt, die sogenannten Chromosomen. Jedes Lebewesen trägt eine charakteristische Zahl an Chromosomen. „Auf den Chromosomen sind in festgelegter Reihenfolge die einzelnen Gene angeordnet“, erläutert Puchta. „Bisher ließen sich mit CRISPR-Cas nur Veränderungen in einzelnen Genen erreichen. Nun können wir ganze Chromosomen verändern und neu zusammensetzen.“ Durch den Einsatz des CRISPR-Cas-Systems haben die Forscher gezielt sogenannte Translokationen herbeigeführt - einen wechselseitigen Umbau der Chromosomen-Arme. Dabei war es in Zellen der Modellpflanze Arabidopsis thaliana gelungen, die Arme der Chromosomen 1 und 2 sowie 1 und 5 miteinander zu tauschen.

Damit lassen sich auch Gene trennen, die bislang nebeneinander auf dem Chromosom lagen und daher eng gekoppelt waren. Weil die Veränderungen dauerhaft und erblich sind, bietet das große Chancen für die Pflanzenzüchtung: „Wir haben nun die Möglichkeit, die Veränderung von Chromosomen gerichtet zu steuern und Verknüpfungen zwischen Merkmalen gezielt zu festigen oder aber zu lösen“, freut sich Puchta und blickt optimistisch nach vorn: „In Zukunft wird diese kontrollierte Umstrukturierung des Genoms die Pflanzenzüchtung revolutionieren.“

Vorteil gegenüber klassischer Züchtung

In der klassischen Züchtung basiert die Optimierung der Sorten darauf, Elternpflanzen auszuwählen, die erstrebenswerte Eigenschaften kombinieren. Werden diese auf natürliche Weise vererbt, werden damit meist auch jene Eigenschaften mitvererbt, deren ursächliche Gene in räumlicher Nähe des Gens für die wünschenswerte Eigenschaft liegen. Genetiker sprechen dabei von gekoppelten Genen, weil ein Nachkomme meist beide oder keines der Gene erhält. Bei besonders enger Kopplung kann es daher unmöglich sein, auf natürlichem Weg ein unerwünschtes Merkmal aus einer Sorte zu entfernen, ohne auch das positive Merkmal zu verlieren. Der Einsatz von klassischer Gentechnik insbesondere in Europa in der Pflanzenzüchtung wenig akzeptiert, weil dabei Fremdgene in einen Organismus eingeführt werden. Die Genom-Editierung hingegen ist ein dritter Weg, der diese Thematik umgeht. Hierbei werden lediglich bereits vorhandene Gene einer Pflanze in einer Weise verändert, wie es auch durch natürliche Vorgänge erfolgen könnte.

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Not just changing individual genes but replacing entire chromosome pieces - a German team of plant researchers has taken the application possibilities of the CRISPR-Cas9 molecular scissors to a new level. The team around Holger Puchta from the Karlsruhe Institute of Technology (KIT) and colleagues from the Leibniz Institute of Plant Genetics and Crop Plant Research (IPK) in Gatersleben report on this further development of genome editing in the journal "Nature Plants". The European Research Council has funded the project named CRISBREED with an Advanced Grant of 2.5 million euros.

Entire chromosome pieces exchanged

An organism's DNA molecule is tied up in a series of packets, the so-called chromosomes, during cell division. Every living being carries a characteristic number of chromosomes. "The individual genes are arranged in a fixed order on the chromosomes," explains Puchta. "So far, CRISPR-Cas has only been able to achieve changes in individual genes. Now we can alter entire chromosomes and reassemble them." By using the CRISPR-Cas system, the researchers have specifically induced so-called translocations - a mutual remodeling of the chromosome arms. In cells of the model plant Arabidopsis thaliana, the researchers succeeded in exchanging the arms of chromosomes 1 and 2 as well as 1 and 5.

This allows the separation of genes that were previously located next to each other on the chromosome and were therefore closely coupled. Because the changes are permanent and hereditary, this offers great opportunities for plant breeding: "We now have the possibility to control the alteration of chromosomes in a directional way and to strengthen or loosen links between features in a targeted manner," Puchta is pleased and looks ahead optimistically: "In the future, this controlled restructuring of the genome will revolutionize plant breeding."

Advantage over classical breeding

In classical breeding, variety optimization is based on selecting parent plants that combine desirable traits. If these traits are inherited naturally, then in most cases those traits are also inherited whose causal genes are located in close proximity to the gene for the desirable trait. If these are inherited in a natural way, the properties whose causative genes are in close proximity to the gene for the desired property are usually also inherited. Geneticists speak of coupled genes, because a descendant usually receives both or none of the genes. In the case of particularly close coupling, it may therefore be impossible to remove an undesirable characteristic from a variety by natural means without also losing the positive characteristic. The use of classical genetic engineering in plant breeding, especially in Europe, is little accepted because it involves introducing foreign genes into an organism. Genome editing, on the other hand, is a third way around this issue. It simply modifies existing genes of a plant in a way that could be done by natural processes.

In der Corona-Pandemie sind Schutzmasken zum Alltagsgegenstand geworden. Mittlerweile ist der anfängliche Engpass behoben, Mundschutze sind fast überall erhältlich – denn fest steht: Schutzmasken werden das Bild in der Öffentlichkeit noch lange prägen. Doch die Maskenpflicht sorgt für neue Probleme: Achtlos entsorgte Einwegmasken sorgen für mehr Müll und gefährden die Umwelt, weil sich das Material nicht ohne weiteres zersetzt. Eine nachhaltige Alternative könnten Einmalmasken aus bakterieller Produktion sein.

Bakterielle Cellulose formt Schutzschicht

Die Idee stammt von zwei "Bio-Designerinnen" aus New York. Elizabeth Bridges und Garrett Benisch von Sum Studio nutzen für die Heimproduktion der Schutzmaske das Bakterium Xylinum acetobacter. Was die Mikroben so besonders macht: sie stellen Cellulose her - als Bestandteil von pflanzlichen Zellwänden eines der häufigsten Biopolymere der Welt. Werden die Bakterien in einer Nährlösung aus Wasser, Tee und Zucker vermehrt, sondern sie nach mehreren Wochen an der Oberfläche eine dünne Celluloseschicht ab. Die lederartige Haut lässt sich problemlos zu einem Mund-Nasen-Schutz verarbeiten. Die sogenannte „Xylinum Mask“ soll nach Aussage der Macherinnen eine so gute Schutzwirkung haben wie FFP2-Atemschutzmasken, die vor allem in Kliniken eingesetzt werden. Entsprechende Wirksamkeitstests fehlen jedoch noch.

Biologisch abbaubar und durchsichtig

Ein entscheidender Vorteil der neuartigen Maske: Das Material ist biologisch abbaubar. Der Mund-Nasen-Schutz kann nach dem Gebrauch problemlos im Biomüll entsorgt werden. Zudem ist die Maske durchsichtig, sodass die Mimik sichtbar ist. Für Gehörlose, die auf das Lippenlesen angewiesen sind, wäre die transparente Maske eine wichtige Lebenshilfe in der Corona-Zeit. Aber auch Erzieherinnen und Erzieher in Kindertagesstätten wären hinter dieser Maske nicht nur besser geschützt, sondern für ihre Zöglinge weiter erkennbar.

Prototyp belegt Potenzial von Biomaterialien

Den Ausschlag für die Entwicklung dieses ungewöhnlichen Produkts gab aber nicht nur die Corona-Krise: „Der Zweck dieses Projekts war nicht die Entwicklung und der Vertrieb von Masken, sondern die Frage, ob wir so knapp an Schutzausrüstung wären, wenn wir in dem Maße in Biomaterialien investiert hätten, wie wir in Kunststoffe investiert haben“, so Designerin Garrett Benisch gegenüber dem Magazin Fast Company. Noch ist die Maske aus Bakterien-Cellulose nur ein Prototyp. Sie zeigt einmal mehr, wie vielseitig Mikroorganismen für die Erzeugung innovativer Produkte eingesetzt werden können.

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In the Corona pandemic, protective masks have become an everyday item. In the meantime, the initial bottleneck has been eliminated, and face masks are available almost everywhere - because one thing is certain: protective masks will continue to shape the public image for a long time to come. But the compulsory wearing of masks creates new problems: Carelessly disposed single-use masks cause more waste and endanger the environment because the material does not decompose easily. A sustainable alternative could be disposable masks from bacterial production.

Bacterial cellulose forms protective layer

The idea comes from two designers from New York. Elizabeth Bridges and Garrett Benisch from Sum Studio use the bacterium Xylinum acetobacter for the home production of the protective mask. What makes the microbes so special is that they produce cellulose - one of the most common biopolymers in the world as a component of plant cell walls. If the bacteria are multiplied in a nutrient solution consisting of water, tea and sugar, they deposit a thin layer of cellulose on the surface after several weeks. The leathery skin can be easily processed into a mouth and nose protection. According to the makers, the so-called "Xylinum Mask" should provide as good a protective effect as FFP2 respiratory masks, which are mainly used in hospitals. However, corresponding effectiveness tests are still missing.

Biodegradable and transparent

A decisive advantage of the novel mask: The material is biodegradable. After use, the mouth and nose protection mask can easily be disposed of in organic waste. In addition, the mask is transparent so that the facial expressions are visible. For deaf people who depend on lip-reading, the transparent mask would be an important life aid in the Corona period. But also educators in day-care centers would not only be better protected behind this mask, but also more recognizable for their students.

Prototype proves potential of biomaterials

However, it wasn't just the Corona crisis that tipped the scales in favor of the development of this unusual product: “The purpose of this project was not to develop and distribute masks, but to ask whether or not we’d be in such short supply of PPE if we had invested in biomaterials to the extent that we’ve invested in synthetics,” designer Garrett Benisch told Fast Company magazine. The mask made of bacterial cellulose is still only a prototype. It shows once again how versatile microorganisms can be used to create innovative products.

Der Politologe und Biologe Siegfried Behrendt ist als Forschungsleiter am Berliner IZT Experte für Zukunftsfragen - dazu gehören auch zukünftige Wirtschaftsformen wie die Bioökonomie. Auf dem Weg in eine biobasierte Wirtschaft hat er verschiedene Nachhaltigkeitsstrategien genauer untersucht und miteinander verglichen. Zudem ist Behrendt auch am Wissenschaftsjahr 2020 zur Bioökonomie beteiligt - mit dem Projekt bion'd hat sein Team zusammen mit dem Berliner Naturkundemuseum eine Dialogreihe zur Zukunft der Bioökonomie gestartet.

Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft ist seit langem umstritten, denn sie sind Segen und Fluch zugleich. Zum einen schützen sie Pflanzen vor Schädlingen und Krankheiten, schaden zum anderen aber nachweislich der Umwelt: Böden werden vergiftet und die Artenvielfalt wird dezimiert. Tatsache ist: Infolge des Klimawandels werden Pflanzen für Schädlinge noch anfälliger, was den Einsatz von Pestiziden weiter in die Höhe treibt. Fakt ist aber auch: Pflanzenschutzmittel sind teils unerlässlich, um die Ernährung der Weltbevölkerung auch in Zukunft zu sichern. Daher sind dringend nachhaltige Lösungen für den Pflanzenschutz gefragt.

Ein deutsch-brasilianisches Forscherteam hat nun einen Weg gefunden: Unter der Leitung der RWTH Aachen entwickelten Wissenschaftler um Ulrich Schwaneberg in den vergangenen drei Jahren ein neues Düngemittelsystem, das den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft deutlich reduziert und die Umwelt schont. Im Fokus des Verbundvorhabens ProPlanta stand die Entwicklung eines intelligenten Systems zur Wirkstoffabgabe an Pflanzen. Die Arbeit der deutschen Forscher wurde im Rahmen der Fördermaßnahme „Bioökonomie International“ vom Bundesforschungsministerium seit 2017 mit rund 500.000 Euro unterstützt.

Mit weniger Pestiziden zu mehr Pflanzenschutz

Hintergrund des Projektes ist die zunehmend prekäre Situation auf den Orangenplantagen nahe São Paulo in Brasilien. Hier wütet seit geraumer Zeit Xanthomonas citri, der Erreger des Zitrus-Krebses.  Um das Bakterium zu bekämpfen, setzen Obstbauern großflächig Pestizide auf Kupferbasis ein. „Die Böden sind mittlerweile hochgradig mit Schwermetall belastet“, berichtet Projektkoordinator Ulrich Schwaneberg. Diese seit Jahren praktizierte Methode schadet nicht nur der Umwelt, sie ist auch kostspielig. Experten prognostizieren, dass künftig etwa 1 Mrd. US-Dollar über den Zeitraum von zehn Jahren nötig sein werden, um den Zitrus-Krebs im Zaum zu halten.

„Unser Ziel war es, mit weniger Pestiziden mehr Wirkung zu erreichen, die dann auch noch gut biologisch abbaubar sind und spezifisch auf den Krankheitserreger wirken“, so Schwaneberg. Dafür entwickelte das ProPlanta-Team zwei Technologieplattformen: ein System, das aus sogenannten bifunktionalen Fusionsproteinen besteht und eine antimikrobielle sowie eine blattbindende Funktionseinheit vereint. Damit die gegen Bakterien und Pilze wirkenden Moleküle auch am Blatt binden und ihre Wirkung entfalten können, wurde ein Ankerpeptid eingesetzt, das spezifisch und regenfest an die Wachsschicht von Blättern bindet.

Schatztruhe für die Pflanzengesundheit

„Die bifuntionellen Peptide belegen wie Stecknadeln die Wachsschicht mit einer dichten Molekülschicht und können bereits mit einem Gramm bifuntionellem Peptid etwa 250 m2 Oberfläche abdecken“, erklärt Schwaneberg. Diese Technologieplattform wurde in einem kürzlich im Fachjournal Science erschienenen Artikel bereits als „Schatztruhe der Möglichkeiten“ für die Pfanzengesundheit gewürdigt.

Mikrogelcontainer setzen Pestizide nach Bedarf frei

Bei dem zweiten System ging es um die Entwicklung biologisch abbaubarer Mikrogelcontainer. Diese können mit großen Mengen eines Pestizids beladen werden und auf Grund der Vernetzungsdichte den darin enthaltenen Wirkstoff  langsam und nach Bedarf freisetzen. Die Mikrogelcontainer wurden mit einem Ankerpeptid versehen, sodass diese weichen Partikel an die Blattoberfläche binden.

Ankerpeptide sorgen für bessere Wirkstoffbindung

Die Aufgabe der Arbeitsgruppe Schwaneberg war es, die sogenannten Adhäsionsvermittler für die zwei Anwendungssysteme maßzuschneidern.  Für die Forscher war die Herausforderung, ein Ankerpeptid zu finden, das so fest an die Wachsschichten der Blätter bindet, dass es im Wachs regelrecht mitschwimmt, selbst wenn das Blatt wächst, und bei Regen möglichst nicht abgewaschen wird. Das Problem haben die Forscher gelöst. „Die Anbindung erfolgt über eine dreidimensionale Struktur der Adhäsionsvermittler, die damit signifikant fest anbindet als lineare Moleküle, die derzeitig eingesetzt werden. Ferner schmiegen sich die weichen Mikrogelcontainer wie ein Spiegelei in der Pfanne an die Blattoberfläche an und bilden einen Film“, erläutert Schwaneberg.

The use of pesticides in agriculture has long been controversial because they are both a blessing and a curse. On the one hand, they protect plants from pests and diseases, but on the other hand they are proven to harm the environment: soils are poisoned and biodiversity is decimated. As a result of climate change, plants are becoming even more susceptible to pests, driving up the use of pesticides. But it is also a fact that crop protection products are in some cases indispensable to ensure that the world's population can continue to be fed in the future. Sustainable solutions for crop protection are therefore urgently needed.

A German-Brazilian research team has now found a solution: Under the management of RWTH Aachen University, scientists led by Ulrich Schwaneberg developed a new fertilizer system over the past three years that significantly reduces the use of pesticides in agriculture and protects the environment. The ProPlanta joint project focused on the development of an intelligent system for the delivery of active ingredients to plants. Since 2007, the work of the German researchers has been supported by the German Federal Ministry of Education and Research with about 500,000 euros as part of the "Bioeconomy International" funding programme.

Fewer pesticides for more plant protection

Background to the project is the increasingly precarious situation on the orange plantations near São Paulo in Brazil. Xanthomonas citri, the pathogen of the citrus crab, has been raging here for some time. To combat the bacterium, fruit farmers are extensively using copper-based pesticides. "The soils are now highly contaminated with heavy metals," reports project coordinator Ulrich Schwaneberg. This method, which has been practiced for years, not only harms the environment, it is also expensive. Experts predict that in the future, around 1 billion US dollars will be needed over a period of ten years to keep citrus cancer in check.

"Our goal was to achieve greater effectiveness with fewer pesticides that are also readily biodegradable and have a specific effect on the pathogen," says Schwaneberg. To achieve this, the ProPlanta team developed two technology platforms: a system consisting of so-called bifunctional fusion proteins that combines an antimicrobial and a leaf-binding functional unit. In order for the molecules that act against bacteria and fungi to bind to the leaf and develop their effect, an anchor peptide was used that binds specifically and rainproof to the wax layer of leaves.

The treasury of plant health

"Like pins, the bifunctional peptides cover the wax layer with a dense molecular layer and can cover a surface of approximately 250 m2 with just one gram of bifunctional peptide," explains Schwaneberg. In a recent article published in the journal Science, this technology platform has already been praised as a "treasury of possibilities" for plant health.

Microgel containers release pesticides as required

The second system was to develop biodegradable microgel containers. These can be loaded with large quantities of a pesticide and, due to their cross-linking density, can release the active ingredient contained in them slowly and only as required. The microgel containers were provided with an anchor peptide so that these soft particles bind to the leaf surface.

Anchor peptides ensure better binding of active ingredients

The task of Schwaneberg’s working group was to tailor the so-called adhesion promoters for the two application systems.  The researchers' challenge was to find an anchor peptide that bound so tightly to the wax layers of the leaves that it literally floats along in the wax, even when the leaf is growing, and is not washed away by rain. The researchers have solved this problem. "The binding is achieved via a three-dimensional structure of the adhesion promoters, which thus binds significantly stronger than linear molecules currently used. Also, the soft microgel containers nestle against the leaf surface like a fried egg in a pan and form a film," explains Schwaneberg.

Vanillin gibt der Vanilleschote das charakteristische Aroma. Bei der Lebensmittel- und Parfümherstellung, aber auch in der Arzneimittelproduktion ist er einer der am häufigsten eingesetzten Aromastoffe. Mehrere zehntausend Tonnen werden dafür jährlich verwendet. Bisher wird künstlich erzeugtes Vanillin jedoch aus Erdöl hergestellt, wobei giftige Abfälle entstehen. Forscher der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ist es nun gelungen, eine nachhaltige Methode zur Gewinnung des begehrten Aromastoffes zu entwickeln. Ein Team um Siegfried Waldvogel nutzte dafür das Biopolymer Lignin – einen Holzbestandteil, der in großen Mengen als Reststoff bei der Herstellung von Zellstoff in der Papierindustrie anfällt.

Hochwertig und natürlich

Die Forscher gaben Lignin in Natronlauge, erhitzten das Gemisch auf 160 Grad Celsius und setzten es in einer einfachen Elektrolysezelle mithilfe von Nickel-Elektroden unter Strom. Bei der Elektrolyse wurde das Lignin oxidiert und zersetzt, es entstand Vanillin. Wie das Team im Fachjournal ACS Sustainable Chemistry & Engineering berichtet, ist der Aromastoff so hochwertig, dass er als „natürliches Vanillin“ deklariert werden darf. „Nach jahrelanger intensiver Forschung ist uns damit ein echter Durchbruch gelungen“, so Waldvogel.

Nachhaltig und wirtschaftlich

Vanillin wird auf verschiedene Weise gewonnen. Es kann direkt aus der Vanilleschote extrahiert werden oder biotechnologisch mithilfe von Mikroorganismen aus der Ferulasäure. Es gibt auch Vanillin, das bereits chemisch-synthetisch aus Lignin gewonnen wird (mehr dazu im Dossier Biobasierte Kosmetik). Die Mainzer Forscher sind jedoch überzeugt, dass ihre Methode zur Vanillin-Gewinnung signifikant besser ist, weil dabei kein giftiger Abfall entsteht. Auch wirtschaftlich sei die Methode der bisherigen überlegen, schreiben die Wissenschaftler. „Weil unsere Methode einen Vanillinertrag von rund vier Prozent des eingesetzten Lignins hat, könnte man damit theoretisch sehr leicht den weltweiten Vanillinbedarf decken“, sagt Waldvogel. Gespräche mit Industriepartnern laufen bereits.

Pilotanlage in Norwegen geplant

Im Rahmen des EU-Projekts Liberate wollen die Mainzer Forscher nun in Norwegen eine Pilotanlage errichten und das neuartige Verfahren in größerem Maßstab testen. Neben Vanillin sollen auch Chemikalien wie Antioxidantien oder Polyamid aus Lignin hergestellt werden.

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Vanillin gives the vanilla bean its characteristic flavor. It is one of the most frequently used flavoring substances in food and perfume production, but also in the production of pharmaceuticals. Several tens of thousands of tons are used annually. Until now, however, artificially produced vanillin has been made from petroleum, creating toxic waste. Researchers at the Johannes Gutenberg University in Mainz (JGU) have now succeeded in developing a sustainable method for obtaining the coveted aroma substance. A team led by Siegfried Waldvogel used the biopolymer lignin - a wood component that is produced in large quantities as a residual material in the production of cellulose in the paper industry.

High quality and natural

The researchers added lignin into caustic soda, heated the mixture to 160 degrees Celsius, and energized it in a simple electrolysis cell using nickel electrodes. During electrolysis, the lignin was oxidized and decomposed, producing vanillin. As the team reports in the trade journal ACS Sustainable Chemistry & Engineering, the flavoring agent is of such high quality that it can be declared as "natural vanillin".  "After years of intensive research, we have achieved a real breakthrough," says Waldvogel.

Sustainable and economical

Vanillin is obtained in various ways.  It can be extracted directly from the vanilla bean or biotechnologically from ferulic acid using microorganisms. There is also vanillin, which is already extracted chemically-synthetically from lignin. However, the researchers from Mainz are convinced that their method for obtaining vanillin is significantly better because it does not produce toxic waste. Economically, the method is superior to the previous one, the scientists write. "Because our method has a vanillin yield of approximately four per cent of the lignin used, it could theoretically very easily cover the worldwide demand for vanillin," said Waldvogel. Conversations with industrial partners are already in progress.

Pilot plant planned in Norway

As part of the EU project Liberate, the Mainz researchers now want to set up a pilot plant in Norway and test the novel process on a larger scale.

Buche, Eiche, Fichte und Kiefer: Trockenheit und Schädlingsbefall haben den Baumbestand in unseren Wäldern in den vergangenen 35 Jahren deutlich dezimiert, wie der Waldzustandsbericht im April darlegte. Wie es weltweit um alte Wälder steht, fasst nun eine internationale Studie zusammen, an der auch Forscher der Technischen Universität München beteiligt waren. Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus den USA, Großbritannien, Panama, Österreich und der Schweiz ging ein Team um Rupert Seidl der Frage nach, wie der globale Wandel die Wälder in Zukunft verändern könnte.

In der Studie wurden Satellitenaufnahmen und 150 Studien verglichen, um das Wissen zum globalen Waldzustand zu bündeln. Dabei berücksichtigte das Team Faktoren wie Temperatur, CO2, Luftfeuchtigkeit, Dürre, Waldbrände, Windwurf, Insekten und die Landnutzung. Das Ergebnis ist ein eher düsteres Bild: Der globale Wandel wirkt sich demnach sowohl auf das Wachsen als auch auf das Sterben von Bäumen aus. „Unsere Analysen zeigen, dass wir gerade einen Wechsel von überwiegend positiven Effekten des globalen Wandels hin zu einer Periode der wachsenden Limitierungen für Bäume erleben“, so Waldexperte Seidl.

Globales Baumsterben geht weiter

Danach ist der Anteil von Wäldern, die älter sind als 140 Jahre, seit 1900 von 89 auf 66 Prozent gesunken. Ursachen dafür sind Abholzung, verstärkter Holzeinschlag, Trockenheit sowie Stürme und Brände. Davon betroffen sind vor allem Tropenwälder, aber auch Wälder in Mitteleuropa. Nach Ansicht der Wissenschaftler wird sich das globale Baumsterben in Zukunft fortsetzen. Seidl zufolge werden vor allem große Bäume vom Aussterben bedroht sein, weil sie beispielsweise „dem Wind stärker ausgesetzt sind und es für sie schwerer ist, ihre Blätter kontinuierlich mit Wasser aus dem Boden zu versorgen“.

Negative Folgen für das Klima

Der Wald der Zukunft wird daher von kleinen Bäumen, offenen Beständen und weniger Biomasse bestimmt sein, wie die Wissenschaftler im Fachjournal "Science" schreiben. Diese Entwicklung wird sich wiederum negativ auf das Klima auswirken, weil dadurch weniger Kohlendioxid aus der Luft aufgenommen werden kann, was die Erderwärmung vorantreibt. Eine weitere Folge des Baumsterbens ist der Verlust der Biodiversität. Doch gerade die Diversität macht Wälder zu guten CO2-Speichern, wie frühere Studien ergaben. Auch andere, für den Menschen wichtige Dienstleistungen des Ökosystems wie die Filterung von Trinkwasser und der Schutz vor Naturgefahren könnten darunter leiden.

Nachhaltiges Waldmanagement gefordert

Wie empfindlich Wälder auf Klimaextreme reagieren können, zeigten in Deutschland die beiden trockenen Hitzesommer 2018 und 2019. Eine Fläche so groß wie das Saarland wurde in diesen Jahren vernichtet. Den Forschern zufolge ist ein nachhaltiges Waldmanagement gefragt, um diesen Negativtrend zu stoppen.

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Beech, oak, spruce and pine: Drought and pest infestation have significantly decimated the tree population in our forests over the past 35 years, as the forest condition report in April showed. An international study, in which researchers from the Technical University of Munich were also involved, now summarizes how old forests stand worldwide. Together with scientists from the USA, Great Britain, Panama, Austria and Switzerland, a team led by Rupert Seidl explored the question of how global change could change forests in the future.

In the study, satellite images and 150 studies were compared in order to concentrate the knowledge on the global forest condition. The team considered factors such as temperature, CO2, humidity, drought, forest fires, windthrow, insects and land use. The result is a rather gloomy picture: global change thus affects both the growth and the death of trees. "Our analyses show that we are currently experiencing a shift from predominantly positive effects of global change to a period of growing limitations for trees," says forest expert Seidl.

Global tree loss continues

According to the study, the proportion of forests older than 140 years has fallen from 89 to 66 percent since 1900. The causes are deforestation, increased logging, drought and storms and fires. This mainly affects tropical forests, but also forests in Central Europe. According to the scientists, the global death of trees will continue in the future. According to Seidl, large trees in particular will be threatened with extinction, for example because they are "more exposed to the wind and it is more difficult for them to continuously supply their leaves with water from the soil".

Negative consequences for the climate

The forest of the future will therefore be dominated by small trees, open stocks and less biomass, as the scientists write in the journal "Science". This development will in turn have a negative impact on the climate because it means that less carbon dioxide can be absorbed from the air, which is driving global warming. Another consequence of tree death is the loss of biodiversity. But it is precisely this diversity that makes forests good CO2 reservoirs, as previous studies have shown. Other ecosystem services that are important for humans, such as filtering drinking water and protection against natural hazards, could also suffer.

Sustainable forest management required

Just how sensitive forests can react to climate extremes was demonstrated in Germany by the two dry hot summers of 2018 and 2019. An area as large as the Saarland was destroyed during these years. According to the researchers, sustainable forest management is needed to stop this negative trend.

Wissenschaftlern der Universität Bielefeld ist es erstmals gelungen, 12-Oxophytodiensäure (12-OPDA) enzymatisch herzustellen, eine zentrale Vorstufe des Pflanzenhormons Jasmonsäure. Aus der Säure leiten sich die Jasmonate ab, mittels derer Pflanzen auf Verletzungen reagieren, sich gegenseitig vor Schädlingen warnen oder auch die Fruchtreifung steuern: „Jasmonsäure kann zum Beispiel die Freisetzung von giftigen Stoffen wie Nikotin in den Blättern anstoßen, die den Angreifern schaden“, erläutert der Biologe Karl-Josef Dietz. „Jasmonsäure wirkt auch heilend und kann in Gang setzen, dass sich beschädigte Blätter regenerieren.“

Chemische Synthese ist aufwendig

Pflanzenforscher interessieren sich sehr für Jasmonsäure und deren Vorstufen, um damit auf züchterischem Weg verbesserte Sorten zu erzeugen. Sollten beispielsweise bestimmte Fraßinsekten infolge des Klimawandels häufiger auftreten, könnten Pflanzen sich durch eine erhöhte Produktion der Jasmonsäure besser dagegen wehren. Doch nur wenige Milligramm 12-OPDA kosten schon mehrere Hundert Euro. „Der hohe Preis kommt durch die arbeitsintensive Herstellung zustande, da auf klassisch-chemischen Wege die Herstellung von 12-OPDA äußerst aufwendig und mit vielen Reaktionsstufen verbunden ist“, erklärt der ebenfalls am Forschungsprojekt beteiligte Chemiker Harald Gröger.

Enzymschritte der Pflanze nachgebildet

Gemeinsam haben die Bielefelder Forscher nun den Weg der Pflanze zur Bildung des Hormons nachgebaut, um 12-OPDA biotechnologisch herzustellen: „Wie die Pflanzen verwenden wir die einfach zugängliche Linolensäure in Kombination mit lediglich drei Enzym-Reaktionen“, erklärt Jana Löwe, Erstautorin der im Fachjournal „Advanced Science“ veröffentlichten Studie. Während die Linolensäure unproblematisch aus Rapsöl gewonnen werden kann, müssen die drei Reaktionsschritte der Enzyme genau abgestimmt sein. „Die Schwierigkeit war bisher die empfindliche, kurzlebige Zwischenstufe, die durch das zweite Enzym entsteht“, erklärt Gröger. „Wenn hier nicht sofort das dritte Enzym hinzugefügt wird, entstehen nicht brauchbare Produkte.“

Die Lösung des Problems bestand darin, das Bakterium Escherichia coli so zu optimieren, dass es die Enzyme für die Schritte zwei und drei in der richtigen Menge produziert. „Sobald die labile Zwischenstufe gebildet wird, ist das benötigte Enzym sofort zur Stelle und sorgt für die Herstellung von 12-OPDA“, erläutert Löwe den Trick. Der erste Schritt erfolgt unkompliziert durch ein kommerziell verfügbares Enzym aus Sojabohnen.

Günstiges Material für weitere Forschung

Das so erzeugte 12-OPDA kann nun direkt für die Forschung genutzt oder in weitere Produkte umgewandelt werden, die für Pflanzen relevant sind. „Damit steht uns eine Bibliothek von Abkömmlingen von 12-OPDA für pflanzenphysiologische Untersuchungen zur Verfügung“, freut sich Dietz. Und noch einen weiteren Einsatzzweck für das neue und günstige Verfahren sehen die Wissenschaftler: „Durch weitere Reaktionen könnte mit dem 12-OPDA zukünftig in effizienter Weise unter Umständen sogar Methyldihydrojasmonat hergestellt werden“, hofft Gröger. „Das ist eine Substanz, die als Inhaltsstoff für viele bekannte Parfüms benötigt wird.“

Das Vorhaben wurde über die Initiative „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren – Biotechnologie 2020+“ des Bundesforschungsministeriums gefördert.

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Scientists at Bielefeld University have succeeded for the first time in enzymatically producing 12-oxophytodienoic acid (12-OPDA), a central precursor of the plant hormone jasmonic acid. The jasmonates are derived from the acidity, by means of which plants react to injuries, warn each other of pests or also control fruit ripening: "For example, jasmonic acid can trigger the release of toxic substances such as nicotine in the leaves, which harm the attackers", explains biologist Karl-Josef Dietz. "Jasmonic acid also has healing properties and can induce damaged leaves to regenerate."

Chemical synthesis is complex

Plant researchers are very interested in jasmonic acid and its precursors in order to produce improved varieties through breeding. For example, if certain feeding insects become more frequent as a result of climate change, plants would be better able to defend themselves against them by increasing their production of jasmonic acid. But just a few milligrams of 12-OPDA already cost several hundred euros. "The high price is due to the labour-intensive production process, since the production of 12-OPDA is extremely complex and involves many reaction stages using classical chemical methods", explains chemist Harald Gröger, who is also involved in the research project.

Enzyme steps of the plant reproduced

Together, the Bielefeld researchers have now reconstructed the plant's path to the formation of the hormone in order to produce 12-OPDA biotechnologically: "Like the plants, we use the easily accessible linolenic acid in combination with only three enzyme reactions" explains Jana Löwe, first author of the study published in the journal "Advanced Science". While linolenic acid can be easily extracted from rapeseed oil, the three reaction steps of the enzymes must be precisely coordinated. "The difficulty so far has been the sensitive, short-lived intermediate stage that is created by the second enzyme," explains Gröger. "If the third enzyme isn't added here immediately, it creates useless products."

The solution to the problem was to optimise the bacterium Escherichia coli so that it produced the enzymes for steps two and three in the right quantities. "As soon as the labile intermediate is formed, the required enzyme is immediately available and ensures the production of 12-OPDA" Löwe explains the trick. The first step is a simple one using a commercially available enzyme from soybeans.

Inexpensive material for further research

The resulting 12-OPDA can now be used directly for research or converted into other products that are relevant for plants. "This provides us with a library of descendants of 12-OPDA for plant physiological studies", Dietz is pleased. And the scientists see yet another purpose for the new and inexpensive process: "Through further reactions, the 12-OPDA might even be able to efficiently produce methyl dihydrojasmonate in the future," hopes Gröger. "This is a substance required as an ingredient in many popular perfumes."

The project was funded through the initiative "Nächste Generation biotechnologischer Verfahren – Biotechnologie 2020+" of the Federal Ministry of Education and Research.

 

Die Corona-Pandemie hat auch das Wissenschaftsjahr 2020 zur Bioökonomie getroffen. Zahlreiche Veranstaltungen im Rahmen des Wissenschaftsjahres mussten abgesagt werden. So wurde im April die Citizen-Science-Aktion „Expedition Erdreich“ um ein Jahr verschoben. Gleichzeitig scheint gerade die Corona-Krise immer mehr Menschen hierzulande für Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu sensibilisieren, wie kürzlich eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Rahmen des Wissenschaftsjahres offenbarte. Das Bundesminsterium für Bildung und Forschung (BMBF) will das Thema Bioökonomie noch breiter in die Gesellschaft tragen und hat das Wissenschaftsjahr zur Bioökonomie um ein Jahr bis Ende 2021 verlängert.

Wandel gemeinsam vorantreiben

„Ich freue mich auf ein verlängertes Wissenschaftsjahr zur Bioökonomie und damit verbunden auf eine Vielzahl an spannenden Veranstaltungen", sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek anlässlich des Weltumwelttags. „Für eine lebenswerte Zukunft brauchen wir Innovationen, die Umweltaspekte mit wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen in Einklang bringen. Die Bioökonomie ist ein wichtiger Treiber für den Wandel hin zu einem nachhaltigeren Wirtschaftssystem. Denn mit ihrer Fokussierung auf nachwachsende Rohstoffe und die effiziente Nutzung biologischen Wissens liefert sie vielversprechende Lösungsansätze für ein umwelt- und klimaverträglicheres Wirtschaften.“

Bis Ende 2021 wird das Wissenschaftsjahr nun die Bioökonomie ins Rampenlicht stellen, um die Öffentlichkeit von ihrem Potenzial zu überzeugen. „Mir ist wichtig, dass wir im Dialog mit den Menschen aufzeigen, was die Forschung hierzu bereits alles bereithält – von Energieerzeugung aus Biomasse, Autositzen aus Pflanzenfasern bis hin zu chemischen Grundstoffen pflanzlichen Ursprungs. Ein flächendeckender Wandel hin zur Bioökonomie kann aber nur gelingen, wenn wir ihn als Gesellschaft gemeinsam vorantreiben“.

Mitmach-Aktionen zu Bioplastik und nachhaltiger Mode

Das Wissenschaftsjahr ist die ideale Plattform, um den Dialog zum Thema Bioökonomie zu beleben. Karliczek läd daher alle Bürgerinnen und Bürger zum Mitmachen ein und kündigte neue spannende Aktionen an. So wird es ein neues Mitmach-Format mit Wettbewerb rund um die Herstellung und Nutzung von Biokunststoffen geben sowie Podcasts, die spannenden Einblicke in die Welt der Bioökonomie bieten. Auch ist ein Hackathon geplant, das einläd, Lösungsansätze für eine nachhaltige Mode zu entwickeln.

Auch 2020 noch viel geboten

Obwohl eine Vielzahl von Veranstaltungen und Aktionen aufgrund der Corona-Krise in das kommende Jahr verschoben werden muss, hält das verlängerte Wissenschaftsjahr 2020/21 auch in den kommenden Monaten spannende Beteiligungsmöglichkeiten bereit. Den technologischen Innovationen der Bioökonomie kommt hierbei ein besonderer Stellenwert zu. Auch die Förderprojekte des Wissenschaftsjahres 2020/21 bieten Bürgerinnen und Bürgern – unter anderem mit vielfältigen Online-Formaten – interessante Einblicke in die Bioökonomie.

Seit dem Start der Wissenschaftsjahr-Reihe im Jahr 2000 hat es bisher erst einen Doppelpack gegeben: 2016 und 2017 standen Meere und Ozeane im Fokus.

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Enzyme sind die treibenden Kräfte hinter den chemischen Reaktionen in lebenden Zellen. Sie werden deshalb auch als Biokatalysatoren bezeichnet und in biotechnologischen Prozessen eingesetzt, um Reaktionen zu ermöglichen. Wissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und der Universität Pavia haben nun ein Enzym entdeckt, das einen in dieser Kombination bislang unbekannten Mechanismus besitzt: Zusätzlich zu seiner normalen Funktion kann durch blaues Licht eine weitere Reaktion ausgelöst werden, die jedoch die Anwesenheit eines bestimmten Moleküls erfordert, wie das Team im Fachjournal „Nature Communications“ berichtet.

Unterschiedliche Anwendungen denkbar

Durch Licht aktivierte, sogenannte fotoaktive Enzyme sind für eine Reihe von Anwendungen relevant. Sie ermöglichen beispielsweise die schrittweise Aktivierung von Reaktionen in einem mehrstufigen Prozess innerhalb eines Reaktionsgefäßes. Auch können auf diese Weise ausschließlich definierte, begrenzte Bereiche einer Oberfläche für eine Reaktion angeschoben werden. Nicht zuletzt erlaubt es dieser Mechanismus, pharmakologische Wirkstoffe so zu designen, dass sie erst infolge der Verstoffwechselung im Körper ihre Wirkung entfalten.

Cofaktor und Cosubstrat erforderlich

Im konkreten Fall stammt das fotoaktive Enzym namens PqsL aus dem Bakterium Pseudomonas aeruginosa und ist eigentlich an Reaktionen beteiligt, die unabhängig von Licht ablaufen. Wird jedoch der am Enzym angeheftete Cofaktor Flavin von Licht getroffen und ist ein sogenanntes NADH-Molekül als Elektronenspender anwesend, nimmt das Flavin zweimal ein Elektron auf und versetzt als Flavinradikal das Enzym PqsL in die Lage, ein Sauerstoffatom auf einen Reaktionspartner zu übertragen.

Weitere lichtaktivierte Enzyme wahrscheinlich

„Das von uns identifizierte Enzym ist Teil einer sehr großen Enzymfamilie, und es ist möglich, dass sich durch genetische Manipulationen weitere lichtschaltbare Enzyme erzeugen lassen, die in unterschiedlichen Anwendungen einsetzbar wären“, betont Studienleiter Steffen Drees vom Institut für Molekulare Mikrobiologie und Biotechnologie der WWU. Gleichzeitig ist es auch denkbar, dass das Enzym so verändert werden kann, dass es andere Reaktionen lichtabhängig ermöglicht, denn sein Flavinradikal weist ein sehr negatives Redoxpotenzial auf, kann also sehr gut Elektronen auf einen Reaktionspartner übertragen: „Aufgrund dieser Eigenschaft vermuten wir, dass auch zusätzliche Reaktionen möglich wären, die das katalytische Potenzial des Enzyms und möglicherweise auch weiterer Flavin-abhängiger Enzyme erweitern“, resümiert Susanne Fetzner, Leiterin der WWU-Forschergruppe.

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Enzymes are the driving forces behind chemical reactions in living cells. They are therefore also called biocatalysts and are used in biotechnological processes to enable reactions. Scientists at the Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU) and the University of Pavia have now discovered an enzyme that has a mechanism that is so far unknown in this combination: In addition to its normal function, blue light can trigger another reaction, but this requires the presence of a specific molecule, as the team reports in the technical journal "Nature Communications".

Different applications conceivable

Photoactive enzymes activated by light are relevant for a number of applications. They enable, for example, the stepwise activation of reactions in a multi-step process within a reaction vessel. In this way, only defined, limited areas of a surface can be stimulated for a reaction. Last but not least, this mechanism allows pharmacological agents to be designed in such a way that they only develop their effect as a result of metabolism in the body.

 

Cofactor and cosubstrate required

In this specific case, the photoactive enzyme called PqsL comes from the bacterium Pseudomonas aeruginosa and is actually involved in reactions that occur independently of light. However, if the cofactor flavin attached to the enzyme is hit by light and a so-called NADH molecule is present as an electron donor, the flavin takes up an electron twice and as a flavin radical enables the enzyme PqsL to transfer an oxygen atom to a reaction partner.

 

Further light-activated enzymes probable

"The enzyme we have identified is part of a very large family of enzymes, and it is possible that genetic manipulation could produce further light-switchable enzymes that could be used in different applications", emphasizes Steffen Drees from the Institut of Molecular Microbiology and Biotechnology at the WWU Münster. At the same time, it is also conceivable that the enzyme can be modified in such a way that it enables other reactions depending on light, because its flavin radical has a very negative redox potential, which means that it can very well transfer electrons to a reaction partner: "Based on this property, we suspect that additional reactions would also be possible, which would extend the catalytic potential of the enzyme and possibly also of other flavin-dependent enzymes," concludes Susanne Fetzner, head of the WWU research group.

 

 

Mikroorganismen säubern Abwasserrohre

Die Sofidel-Gruppe hat ein Toilettenpapier entwickelt, das auch nach dem eigentlichen Zweck noch nützlich ist. Denn die Reinigungskraft von natürlichen, auf der Haut lebenden Bakterien lässt sich auch in heimischen Toiletten gezielt nutzen: Bakterien können die vielfältigsten organischen Stoffe abbauen. Auf diese Fähigkeit setzten die Entwickler des bioaktiven Toilettenpapiers. Wenn es mit Wasser in Berührung kommt, keimen die Bakteriensporen der Art Bacillus subtilis aus, vermehren sich und bauen die in Abwasserleitungen und Rohren vorhandenen organischen Substanzen ab. Krankheitserregenden Bakterien wird die Nahrung entzogen, sodass sie absterben, gleichzeitig werden Abwasserrohre von ihren Ablagerungen befreit.

Kanalisation wird entlastet

Das bioaktive Toilettenpapier trägt so zur Instandhaltung der Anlagen bei. Es verringert die Verstopfungsgefahr und mindert die Geruchsbildung. Da auch die Zellstoffstrukturen aus dem Papier aufgelockert werden, entlastet das Toilettenpapier zusätzlich die Kanalisation. Langfristig angewendet, sind weniger Wartungsarbeiten in Klärgruben notwendig.

Marktreife

Das Toilettenpapier ist im Handel erhältlich.

Die fossilen Ressourcen sind begrenzt, doch die Menschen verbrauchen immer mehr: Seit Jahren rückt der globale Erdüberlastungstag weiter vor. In diesem Jahr fällt der Stichtag, ab dem die Menschheit auf Pump lebt, auf den 22. August. Deutschland hatte seinen Anteil an den weltweit zur Verfügung stehenden Ressourcen bereits Anfang Mai aufgebraucht. „Langfristig wollen wir von der Nutzung begrenzter fossiler Ressourcen wegkommen – hin zu einer Wirtschaftsweise, die biologische Ressourcen und Prozesse nutzt“, sagte kürzlich Bundesforschungsministerin Anja Karliczek. Vor allem das Prinzip der Kreislaufwirtschaft birgt das Potenzial, durch eine Weiterverwertung Ressourcen und damit Umwelt und Klima gleichermaßen zu schonen. „Doch dafür müssen wir noch besser wissen, was wirklich nachhaltig ist“, so die Ministerin weiter.

Antworten liefert nun ein Forscherkonsortium, das in den vergangenen Jahren die Bioökonomie vermessen hat. Unter Leitung von Stefan Bringezu, Direktor des Center for Environmental Systems Research der Universität Kassel, entstand der erste Bericht zum Bioökonomie-Monitoring. Er zeigt, wie Bioökonomie in Deutschland funktioniert und welchen Einfluss biobasiertes Wirtschaften national und international auf Klima und Umwelt hat.

Mehr Rohstoffe importiert als exportiert

Im Bericht wurden biobasierte Rohstoffe aus Forst- und Landwirtschaft, Fischerei sowie Garten- und Landschaftsbau und Abfallwirtschaft unter die Lupe genommen. Rund 185 Millionen Tonnen Biomasse wurden 2015 in diesen Bereichen erzeugt. Sie werden vielfältig genutzt wie etwa für Nahrungs- und Futtermittel, zur Herstellung von Holzwaren aber auch für Dienstleistungen, zur Energiegewinnung sowie Forschung und Entwicklung. Mit 72 Millionen Tonnen werden jedoch noch immer mehr Rohstoffe importiert als exportiert.

Mit Blick auf eine biobasierte Kreislaufwirtschaft sehen die Autoren die Forst- und Holzwirtschaft bereits heute gut aufgestellt. Sie sei schon heute vergleichsweise nachhaltig auch weil Holz mehrfach verwendet werde, so die Autoren. Gerade die Holzwirtschaft würde wesentlich zur Kreislaufwirtschaft beitragen, da über die Hälfte der genutzten Holzfasern bereits aus Recycling und Reststoffen stamme. Auch seien die Holzvorkommen in Deutschland größer als der Bedarf. „Würden wir dieses Potenzial nutzen, könnte Deutschland seinen Holzbedarf selbst decken. Das ließe den Forstfußabdruck im Ausland erheblich sinken“, so ein Fazit des Berichts.