„Mit Plastikfett und Fermentation zu hochwertigen Kunststoff-Bausteinen“
Manuel HäußlerBeruf:
promovierter Chemiker
Position:
Gruppenleiter Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung & Center for the Transformation of Chemistry (CTC) & CEO Aevoloop GmbH
Beruf:
promovierter Chemiker
Position:
Gruppenleiter Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung & Center for the Transformation of Chemistry (CTC) & CEO Aevoloop GmbH
Ein Team um den Potsdamer Max-Planck-Forscher Manuel Häußler will aus Abfallfetten neue biobasierte und vollständig recycelbare Kunststoffe entwickeln – und zwar mithilfe von Alge und Hefe. Gefördert wird das ambitionierte Vorhaben von der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND.
Aus Abfällen hochwertige und nachhaltige Werkstoffe entwickeln – ist das Ziel von SymbioLoop. Das Konsortium um den Chemiker Manuel Häußler gehört zu den acht Gewinnerteams der SPRIND Challenge „Circular Biomanufacturing“. In den kommenden drei Jahren wird das achtköpfige Team Algen und Hefen in symbiotischer Co-Kultur nutzen, um aus Reststoffen wie altes Speiseöl oder aufgearbeitetes Plastik neue biobasierte und recycelbare Kunststoffe herzustellen. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND unterstützt die Arbeit mit einer Fördersumme in Millionenhöhe (davon 1,5 Mio. Euro im ersten Jahr).
Welches Ziel verfolgt Ihr Projekt?
Das Ziel von SymbioLoop ist es, die „eierlegende Wollmilchsau“ der Kunststoffe zu schaffen, das heißt Materialien, die sowohl leistungsfähig als auch vollständig recycelbar, biologisch abbaubar und aus nachhaltigen Quellen herstellbar sind. Dazu brauchen wir spezielle Kunststoffbausteine – langkettige Dicarbonsäuren. Diese kann man sich wie natürliche Fettsäuren vorstellen, nur mit zwei Säuregruppen statt einer. Obwohl diese Moleküle den Fettsäuren so ähnlich sind, lassen sich diese vielversprechenden Bausteine auf klassischem chemischem Weg nicht effizient herstellen. In SymbioLoop wollen wir diese Bausteine nun aus verschiedenen Abfallströmen durch Fermentation herstellen.
Welche Abfall- und Reststoffe dienen als Rohstoff?
Als Rohstoff kommen verschiedene Abfallfette zum Einsatz, wie altes Frittierfett oder sogenanntes Madenfett, das ein Reststoff aus der Speiseresteverwertung über Fliegenmaden ist. Ein besonderes Aushängeschild unseres Projekts ist jedoch auch, dass wir aus günstigen und problematischen Kunststoffabfällen sogenanntes „Plastikfett" herstellen können. Das erreichen wir über eine kontrollierte Oxidation, sprich eine Verbrennung, die wir nicht bis CO2 laufen lassen. Dieses Gemisch ähnelt natürlichen Pflanzenfetten, hat jedoch eine außergewöhnliche Zusammensetzung, die uns ganz neue Möglichkeiten in den Folgeschritten bietet.
Was ist das Innovative an ihrer Technologie und wie kann die Bioökonomie davon profitieren?
Der Name SymbioLoop setzt sich aus den wesentlichen technischen Bausteinen unseres Projektes zusammen: „Loop“ steht für die vollständige Recyclingfähigkeit unserer Kunststoff-Endprodukte, während „Symbio“ unser spezielles Fermentationsverfahren näher beschreibt. Durch die Symbiose von Algen und Hefen wollen wir die bisherigen Grenzen der klassischen Batch-Fermentation überwinden und so eine kontinuierliche Produktion unserer Bausteine aus nichts anderem als Abfällen, CO2 und Sonnenlicht ermöglichen. Sogar das Prozesswasser soll aus aufbereitetem Abwasser gewonnen werden. Die Erkenntnisse, die wir hier gewinnen werden, sind auch für viele andere Fermentationsprozesse äußerst wichtig und können davon profitieren.
Welche Ergebnisse haben Sie beim Recycling von Kunststoffen mit Algen und Hefe bisher erzielt?
Es gibt bereits erste Prototypen aus den Kunststoffen des Verfahrens – ein Stück Stoff aus vollständig recycelbaren und abbaubaren Kunstfasern. Außerdem konnten wir bereits erfolgreich ein nylonartiges Material aus Madenfett herstellen, das sehr vielversprechende Eigenschaften als technischer Kunststoff aufweist. Derzeit arbeiten wir vor allem daran, die richtige Kombination von Alge und Hefe zu finden, die einen robusten und nachhaltigen Prozess ermöglicht. Hier machen wir schnelle und gute Fortschritte, stehen aber noch am Anfang der Entwicklung.
Wie weit ist die Entwicklung des Verfahrens vorangeschritten und was wollen Sie im Rahmen der SPRIND-Challenge erreichen?
Unser Prozess besteht aus mehreren Komponenten, die alle unterschiedlich weit entwickelt sind. Unser Ziel im ersten Jahr der Challenge ist es, diese einzelnen Komponenten, die für sich genommen bereits gut funktionieren, nun zusammenzubringen und in einen Prozess zu integrieren, also einen Proof-of-Concept für den Gesamtprozess zu erreichen. Konkrete Prototypen des Verfahrens sollen vollständig abfallbasierte Textilien, aber auch Hochleistungskunststoffe für den derzeit fortschrittlichsten 3D-Druck mittels Lasersinterung werden. Hiermit könnten wir zeigen, dass wir bei Materialien aus Abfallströmen keinerlei Abstriche bei der Qualität machen müssen, sondern auch in Zukunft performante und gleichzeitig aber vollständig nachhaltige Materialien verwenden können.
Interview: Beatrix Boldt