Kompetenzzentrum für nachhaltige Chemie angekündigt
Mit der Gründung eines internationalen Kompetenzzentrums will das Bundesumweltministerium Aktivitäten zu einer Nachhaltigen Chemie weltweit vorantreiben. Dieser ehrgeizige Plan wurde auf der internationalen Konferenz „Sustainable Chemistry 2015“ vorgestellt.
Auf dem Weg zu einer nachhaltigen und biobasierten Wirtschaft sind alternative und ressourcenschonendere Stoffe gefragt. Dieser Entwicklungsprozess soll jetzt mit der Gründung eines internationalen Kompetenzzentrums für nachhaltige Chemie angekurbelt werden. Das hat Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth zum Auftakt der zweitägigen Konferenz „Sustainable Chemistry 2015“ am 24. September in Berlin angekündigt. Vor rund 200 Vertretern aus Wirtschaft und Forschung forderte er die internationale Gemeinschaft auf, Mensch und Umwelt besser vor gefährlichen Chemikalien zu schützen und dabei auch Entwicklungs- und Schwellenländer mit einzubeziehen.
Chemie ist allgegenwärtig. Viele Chemikalien sind giftig oder teilweise für Mensch, Tier und Umwelt schädlich. Doch wie kann Chemie nachhaltiger werden? Über diese und andere Fragen wurde vergangene Woche in Berlin auf der Konferenz „Sustainable Chemistry 2015: The way forward“ diskutiert. An der vom Bundesumweltministerium und dem Umweltbundesamt (UBA) initiierten Veranstaltung nahmen rund 200 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden teil. „Die Auswirkungen von gefährlichen Chemikalien auf Umwelt und Gesundheit machen nicht an Ländergrenzen halt“, betonte Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth in seiner Auftaktsrede. Er appelierte an die internationale Gemeinschaft, die Anstrengungen zu verstärken, „um die Herstellung und Verwendung von Chemikalien weltweit sicherer zu machen und Mensch und Umwelt vor schädlichen Auswirkungen zu schützen“. Nachhaltige Chemie bedeute mehr als bloß Chemikaliensicherheit.
Globales Netzwerk für nachhaltige Chemie
Um den vor Jahren angekurbelten Prozess der nachhaltigen Chemie voranzutreiben, kündigte Flasbarth die Einrichtung eines internationalen Kompetenzzentrums an. Darin soll ein interdisziplinäres Expertenteam Wissen und Innovationen zur nachhaltigen Chemie bündeln und somit helfen, sie schneller umzusetzen. Das Netzwerk, das 2017 die Arbeit aufnehmen wird, kann laut Flasbarth aber nur erfolgreich sein, wenn das Problem in seiner Gesamtheit betrachtet und nicht nur auf den Aspekt des Chemikalienmanagments reduziert wird. „Zu den Kernaufgaben gehören ökologische Fragestellungen wie der sparsame Verbrauch von endlichen Rohstoffen, die Vermeidung von gefährlichen Abfällen, die Vermeidung von Emissionen gefährlicher Stoffe in die Umwelt, der Erhalt der biologischen Vielfalt, aber auch soziale und ökonomische Fragen“. Gleichzeitig gab Flasbarth zu bedenken, dass das Programm nur umzusetzen sei, wenn es ökonomisch erfolgreich ist und auch den Entwicklungs- und Schwellenländern wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt verspricht.
Die "Sustainable Chemistry Conference 2015" diente auch als Plattform, um bereits erfolgreiche Geschäftsmodelle zu präsentieren. So werden nach Angaben von UBA-Präsidentin Maria Krautzberger erneuerbare Rohstoffe wie Stroh, Heu und Blätter schon heute genutzt, um mit Hefemycelium Baumaterialien herzustellen. „Der Mycelium-Pilz nutzt die Rohstoffe als Nahrung und bindet sie. Durch Hitze und Druck wird das Material zu Formteilen gepresst, die etwa als Bauplatten, Verpackungen oder sogar Möbelstücke Verwendung finden“, erklärte Krautzberger. Das Material könnte auch in der Autoindustrie zur Schallisolierung oder Innenverkleidung verwendet werden.
Leitfaden als Entscheidungshelfer für Unternehmen
Um die Industrie auf dem Weg der Nachhaltigkeit zu begleiten, hat das Umweltbundesamt einen Leitfaden als Entscheidungshelfer aufgelegt. Er soll Unternehmen helfen, nachhaltige Chemikalien von nicht nachhaltigen Stoffen zu unterscheiden und so zum Einsatz weniger schadstoffhaltiger und umweltgefährdender Substanzen motivieren.
BMBF fördert Projekte zu perfluorierten Chemikalien
Zu den gefährlichsten Substanzen zählen beispielsweise per- und polyflourierte Stoffe (PFC), die auf Grund ihrer wasser- und schmutzabweisenden Eigenschaften in einer Vielzahl von Produkten des täglichen Lebens wie Outdoorkleidung und Verpackungen verwendet werden. Sie gelangen durch Herstellung, Verwendung oder Entsorgung in die Umwelt und mitunter sogar in Lebensmittel. Erst kürzlich bestätigte die Bundesregierung auf eine Anfrage des Bundesumweltministeriums, dass perfluorierte Substanzen in höheren Konzentrationen die Leber schädigen können und sich im Tierversuch sogar als krebsauslösend und schädlich für die Fortpflanzung erwiesen haben. Im Rahmen des Förderschwerpunktes "Nachhaltiges Wassermanagement" unterstützt das Bundesforschungsministeriums derzeit aktuell zwei Verbundforschungsprojekte, die sich mit den Gefahren von PFC-Chemikalien für Mensch und Umwelt befassen.