Schon die indigenen Völker Nordamerikas schätzten Asimina triloba wegen ihrer nahrhaften Früchte. Neben der hocharomatischen Frucht ist der Baum winterhart und gegenüber Schädlingen unempfindlich. Das Obstgehölz, das auch als „Indianerbanane“ bekannt ist, ist in Europa und Deutschland noch selten zu finden. Der Grund: Die Pflanze lässt sich schwer vermehren. Die Bock Bio Science GmbH forscht seit 2012 an Möglichkeiten, die „Indianerbanane“ für den Einsatz in hiesigen Obstplantagen zu vermehren. Ziel der Bremer Biologen ist die biotechnische Massenvermehrung der Gewächse im Labor. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das Vorhaben im Rahmen der Förderinitiative KMU-innovativ mit 380.000 Euro.
Ihre Form erinnert eher an eine Avocado. Und auch geschmacklich ist die „Indianerbanane“ nicht vorrangig mit der herkömmlichen Banane vergleichbar. Die süße und hocharomatische Frucht ist vom Geschmack her vielmehr eine Mischung aus Ananas, Mango, Melone und Vanille. In Europa und Deutschland ist der Obstbaum zwar noch wenig bekannt, findet aber zunehmend Liebhaber. „Das Interesse ist sehr groß. Es gibt immer wieder Nachfragen“, berichtet Projektleiterin Maria Blondeau von dem in Bremen gelegenen Familienunternehmen Bock Bio Science. Die Früchte von Asimina tribola haben einen hohen Nährstoffgehalt und gelten als sehr gesund. Sie stecken voller Vitamine und Spurenelemente und können daher Herzkreislauferkrankungen vorbeugen. Aus den Früchten entstehen Marmeladen, Eiscreme, Säfte und Liköre. Asimina wird von Experten sogar zum Weinanbau empfohlen. Pflanzenbiologen aus den USA und Deutschland bescheinigen dem aus Nordamerika stammenden Gehölz mit seinen Früchten seit langem ein hohes Marktpotenzial. Der Grund: der Baum hält selbst eisigen Temperaturen bis minus 26 Grad stand und ist auch gegenüber Schädlingen unempfindlich. Das macht den Baum auch für den ökologischen Anbau interessant. Doch bevor Asimina den Markt erobern kann, muss ein geeignetes und kostengünstiges Pflanzmaterial entwickelt werden.
Massenvermehrung durch Gewebekultur
Bock Bio Science ist auf die biotechnische Produktion von genetisch identischen Ablegern von Nutzpflanzen, sogenannten Klonen, spezialisiert. Damit lassen sich Sorten stabil und in großen Mengen vermehren. Bei Orchideen oder Erdbeeren ist die In-vitro-Vermehrung im Labor bereits Routine. In den Laboren des Unternehmens wird nun seit drei Jahren auch an Möglichkeiten geforscht, Asimina triloba für einen flächendeckenden Anbau in Obstbaubetrieben zu etablieren. Die Indianerbanane ist nicht nur robust, sondern trägt äußerst nahrhafte Früchte. Trotz vieler Züchtungsanstrengungen: die Ausbeute ist bisher gering. Ein zentrales Problem für Obstbauern ist die Vermehrung: Ableger erwiesen sich als schwierig. Und die aus Samen gezogenen Nachkommen der Gewächse bleiben hinsichtlich Ertrag, Geschmack und Größe sowie in dem Verhältnis von Fruchtfleisch zu Kernen zurück.
Und so ist die Indianerbanane sowohl in den USA als auch in Europa noch immer ein kostspieliges Liebhaberstück. Eine Jungpflanze ist mit 50 Euro für eine industrielle Verwertung noch zu teuer. „Die große Schwierigkeit ist die Bewurzelung der Pflanzen. Bei Asimina bewurzeln Stecklinge überhaupt nicht. Die einzige Art sie zu vermehren, ist bisher die Veredelung auf Sämlingsunterlagen“. Gemeinsam mit vier Kollegen arbeitet Blondeau seit drei Jahren an der Lösung des Problems. Im Rahmen der Förderinitiative KMU-innovativ fördert das BMBF das Forschungsprojekt mit rund 380.000 Euro. Das Team von Bock Bio Science tüftelt dabei an einem Verfahren für die In-vitro-Vermehrung der Indianerbanane im Labor. Ziel ist es herauszufinden, unter welchen Licht- und Temperaturbedingungen die Pflanzenklone am Besten gedeihen und welche Mineralien und Pflanzenhormone das Wurzelwachstum befördern.
Bock Bio Science-Forscher im Labor beim Herstellen des "Zaubertranks".
Ein „Zaubertrank“ verwandelt Gewebe zu Bäumen
Im Projekt griffen die Forscher auf bereits bestehende veredelte Zuchtsorten von Asimina-Jungpflanzen zurück, wobei sie mit Gewebeteilen von verschiedenen Fruchtsorten und Sämlingslinien experimentierten. Doch wurzelechte Pflanzen aus Asimina biotechnologisch herzustellen ist nicht so leicht und zudem langwierig. „Man muss die Gewebeteile steril bekommen und zugleich müssen sie noch lebensfähig sein“, so Blondeau. Diese Hürde haben die Borgfelder Forscher gemeistert. „Dadurch, dass sie absolut steril aufgewachsen sind, sind sie auch total krankheitsfrei“, berichtet Blondeau. Mit einem selbst kreierten „Zaubertrank“ – einem Mix verschiedener Wuchsstoffe – schafften sie es, die entnommenen Gewebeteile in kleine Pflänzchen zu verwandeln und exponentiell weiter zu vermehren. Aus diesen Mikrosprossen von Asimina können sich dann komplette Bäume entwickeln. „Wir haben auch Versuche mit der spektralen Zusammensetzung des Lichts gemacht, weil bekannt ist, dass einige Gehölze besser wurzeln, wenn sie bestimmte Rotlicht-Anteile aufnehmen können“.
Das genaue Rezept für die Vermehrung und Bewurzelung von Asimina bleibt jedoch das Geheimnis der Bock Bio Science-Forscher. Inzwischen wachsen bis zu 70 000 Mikrosprosse in einem zehn Meter hohen Regal der Bremer Kulturräume. Mehr als 30 Prozent des Bestandes waren im Herbst auf Grund eines technischen Defekts im Labor und dadurch bedingten Pilzbefall zugrunde gegangen. Trotz des Rückschlags: Maria Blondeau und ihr Team sind zuversichtlich, bald ein optimales Vermehrungsprotokoll vorlegen zu können. Bis Asimina zum Standardangebot von Gartencentern und Baumschulen wird und für einen erschwinglichen Preis erhältlich ist, dürfte aber noch einige Zeit vergehen. Die Forscher sind jedoch überzeugt: Sollte ihre Arbeit erfolgreich sein, könnte die Indianerbanane einen ähnlichen Siegeszug antreten, wie einst die von China nach Neuseeland gebrachte Kiwi-Frucht.
Autorin: Beatrix Boldt