Darmflora: Erbgut mischt mit

Darmflora: Erbgut mischt mit

Welche Bedeutung die Darmflora für die Gesundheit hat, ist seit Langem bekannt. Auch unsere Gene beeinflussen den Mikroben-Mix im Darm, wie Kieler Forscher entdeckt haben.

Für die Analyse der Zusammensetzung der Darmflora werden die Stuhlproben im Labor vorbereitet.
In Kiel wurde die Zusammensetzung der Darmflora in 1.800 Stuhlproben untersucht.

Der menschliche Darm ist von rund 100 Billionen Bakterien besiedelt. Diese mikrobiellen Bewohner, die sich von Mensch zu Mensch unterscheiden, übernehmen teils wichtige Aufgaben in der Verdauung, in dem sie Nährstoffe aufspalten und sorgen so für unser Wohlbefinden. Vor allem für das Funktionieren des Immunsystems sind Darmbakterien entscheidend. Sogar unser Gehirn profitiert von der Fitness der Darmflora. Eine gesunde, abwechslungsreiche Kost ist somit eine Möglichkeit, das Mikrobiom im Gleichgewicht zuhalten. So komplex das Verdauungssystem ist, so angreifbar es auch. Durch die Einnahme von Antibiotika kann beispielsweise die Lebensgemeinschaft im Darm nachhaltig gestört werden, was wiederum chronische Erkrankungen wie Diabetes zur Folge haben kann.

1.800 Stuhlproben untersucht

Doch welchen Einfluss hat das Zusammenspiel der Darmbakterien auf die Entstehung von Krankheiten konkret? Dieser Frage ist ein internationales Konsortium unter Federführung der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) in den vergangenen Jahren nachgegangen. Im Rahmen der bislang größten Studie dieser Art haben Kieler Forscher gemeinsam mit Kollegen vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön und Oslo die Zusammensetzung der Darmbakterien von über 1.800 Norddeutschen untersucht. Das Ergebnis ist nun im Fachjournal „Nature Genetics“ erschienen.

Genetische Faktoren aufgedeckt

Wie das Team um Andre Franke darin berichtet, hängt die Vielfalt der Bakterien und deren Zusammenspiel im Darm zu einem nicht geringen Teil auch von den menschlichen Genen ab. Im Rahmen der Studie hatten die Forscher zunächst eine Reihe von Faktoren wie Ernährung, Lebensgewohnheiten und genetische Variationen festgemacht, welche die Zusammensetzung des Mikrobioms im Darm beeinflussen. Die Arbeit der Kieler Forscher konzentrierte sich dabei die Rolle der genetischen Unterschiede.

Das Ergebnis: 42 Bereiche im menschlichen Genom beeinflussen die Vielfalt der Darmflora. Für weitere 42 Genbereiche konnte das Team um Franke nachweisen, dass sie über Vorkommen und Häufigkeit bestimmter Bakterienarten im Verdauungstrakt mitbestimmen. In der Summe sind diese genetischen Faktoren somit für rund 10 Prozent der Bakterienvielfalt im Darm verantwortlich. „Dass unser Genom einen solch großen Einfluss auf die Darmbakterien hat, war eine große Überraschung für uns. Eine ähnliche Größenordnung ist aus Mausstudien bekannt und lässt darauf schließen, dass wir es hier mit evolutionär konservierten Prozessen zu tun haben “, sagt Studienleiter Andre Franke.

10 Millionen für weiterführende Mikrobiom-Forschung

Ein spezieller DNA-Abschnitt weckte dabei besonders die Aufmerksamkeit der Forscher. Der Studie zufolge kodierte das Gen für den Vitamin D Rezeptor, der Gallensäuren bindet, die wiederum für die Fettverdauung regulieren. Welchen Einfluss die anderen identifizierten Gene im einzelnen haben, wollen die Kieler Forscher in einer nachfolgenden Studie untersuchen, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 10 Millionen Euro finanziert wird. Das Wissen um den Einfluss bestimmter Gene auf die Vielfalt und das Zusammenspiel der Bakterien im menschlichen Darm sorgt auch für besseres Verständnis der Vorgänge im Mikrobiom und kann helfen, neue gesündere Nahrungsmittel zu entwickeln.

bb