Künstlicher Stoffwechselweg setzt neue Maßstäbe
Ein internationales Forschungsteam konnte erstmals die synthetische Kohlenstoff-Fixierung so weit optimieren, dass sie effizienter arbeitet als natürliche Stoffwechselwege.

In der Natur wird CO₂ vor allem über den Calvin-Zyklus fixiert, der Teil der Photosynthese ist. Der Marburger Mikrobiologe und Leibniz-Preisträger Tobias Erb arbeitet seit Längerem daran, natürliche Fixierungswege mithilfe der synthetischen Biologie effizienter zu gestalten.
Jetzt ist einem Team um Erb am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg und Nico Claassens an der niederländischen Wageningen University ein entscheidender Durchbruch gelungen: Erstmals konnten die Forschenden zeigen, dass die synthetische Kohlenstoff-Fixierung im lebenden System effizienter arbeiten kann als ihre natürlichen Vorbilder. Wie nun im Fachjournal Nature Microbiology beschrieben ist, gelang es ihnen, einen künstlichen Stoffwechselweg in ein genetisch verändertes Bakterium einzubauen. Daraufhin konnte dieses aus Ameisensäure (Formiat) und CO₂ deutlich mehr Biomasse erzeugen als natürliche Bakterienstämme.
Synthetische Biologie verbessert CO₂-Fixierung
„Es ist faszinierend, dass wir mithilfe der synthetischen Biologie innerhalb weniger Jahre neue Lösungen entwerfen können, die effizienter funktionieren als das, was sich in der Natur über Milliarden Jahre entwickelte“, so Erb. Für ihn stellt die Arbeit einen bedeutenden Schritt für das junge Feld der synthetischen Biologie dar.
Erb und sein Team haben bereits synthetische Zyklen zur CO₂-Fixierung entwickelt, die effizienter sind als der natürliche Calvin-Zyklus – darunter den sogenannten CETCH-Zyklus oder den THETA-Zyklus. Diese Stoffwechselwege funktionieren unter Laborbedingungen bereits zuverlässig, der Einbau in den lebenden Organismus bleibt jedoch eine Herausforderung.
Die Forschenden untersuchten einen bakteriellen Stoffwechselweg zur Umsetzung von Ameisensäure. In einem Hybridprozess wird CO₂ zunächst durch elektrochemische Reduktion zu Ameisensäure umgewandelt, welche einigen Bakterien als Wachstumsgrundlage dient. Für den mikrobiellen Teil des Hybridprozesses setzte das Team den sogenannten reduktiven Glyzinweg ein, den bisher effizientesten solcher künstlichen Stoffwechselwege zur Kohlenstoff-Fixierung.
Bakterienoptimierung durch Laborevolution
Dem Partnerlabor in Wageningen war bereits gelungen, den reduktiven Glyzinweg in Cupriavidus necator zu integrieren – ein nicht-phototrophes Bakterium, das den Calvin-Zyklus zur CO₂-Fixierung braucht, aber nicht für die Photosynthese. Bisher war es jedoch noch nicht gelungen, den neuen Stoffwechselweg effizienter als den Calvin-Zyklus zu gestalten.
Hier setzten Erb und seine Kollegen an, die bereits erfolgreich die adaptive Laborevolution zur Optimierung einzelner Stoffwechselschritte nutzen. Sie transferierten die Gene für den Stoffwechselweg in das Bakterium mithilfe mobiler DNA-Elemente, die sich zufällig ins Genom einbauen. Danach wurden die Bakterienzellen selektiert, die besser als andere wuchsen. Beim Vergleich im Bioreaktor zeigte sich, dass der künstlich veränderte und optimierte Bakterienstamm mit der Verwertung von Ameisensäure deutlich mehr Biomasse bilden kann als der natürliche Ursprungsstamm oder andere vergleichbaren Organismen.
Durch weitere Laborevolution wollen die Forschenden den Stoffwechselweg nochmals beschleunigen. Die Ergebnisse könnten laut den Autoren die nachhaltige Bioproduktion aus Ameisensäure noch effizienter gestalten und den Stoff somit als chemischen Energieträger besser nutzbar machen.
chk