„In der Indoor-Farm können verschiedenste Pflanzen produziert werden“

„In der Indoor-Farm können verschiedenste Pflanzen produziert werden“

Frank Riesbeck

Beruf:
Agrarwissenschaftler und Universitätsdozent

Position:
Mitgründer und Geschäftsführer der BioEnergieLand GmbH in Hennickendorf bei Berlin

  PD Dr. agr. Frank Riesbeck, Geschäftsführer BioEnergieLand GmbH (BEL)
Vorname
Frank
Nachname
Riesbeck

Beruf:
Agrarwissenschaftler und Universitätsdozent

Position:
Mitgründer und Geschäftsführer der BioEnergieLand GmbH in Hennickendorf bei Berlin

  PD Dr. agr. Frank Riesbeck, Geschäftsführer BioEnergieLand GmbH (BEL)

Das in Hennickendorf bei Berlin ansässige Unternehmen Bioenergieland hat eine vertikale Indoor-Farm entwickelt, die Pflanzenanbau in voll automatisierten Klimakammern im industriellen Maßstab ermöglicht.

Eine der größten Herausforderungen ist die Sicherung der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung unter sich ändernden Klimabedingungen. Damit verbunden ist die Forderung, gesunde, nährstoffreiche und nachhaltige Lebensmittel zu produzieren. Eine vielversprechende Methode ist das Vertical Farming. Hier können Kräuter und Salate unter kontrollierten Bedingungen in Mini-Gewächshäusern auf verschiedenen Ebenen wachsen und jederzeit frisch geerntet direkt vor Ort verkauft werden. Mit der Klimakammer des Hennickendorfer Unternehmens Bioenergieland strebt Geschäftsführer Frank Riesbeck nun den vertikalen Pflanzenanbau im industriellen Maßstab an.

Frage

Inwiefern unterscheidet sich Ihre Indoor-Methode von anderen bereits etablierten Vertical-Farming-Systemen?

Antwort

In Deutschland gibt es bisher keine Vertical Indoor Farm (VIF) in der von uns geplanten Größe, Bauweise, mit dieser Produktionsintensität und dem hohen Automatisierungsgrad, in Kombination mit dem Einsatz erneuerbarer Energien und der Kreislaufwirtschaft im Bereich Wasser und Abfall. Der gesamte VIF-Markt ist aktuell aufgrund hoher Personal- und Energiekosten mit hohen Betriebskosten verbunden. Mit unserer Klimakammer verwirklichen wir einen völlig neuen Ansatz. Basierend auf dem Effekt der Skalierung, der klimafreundlichen Eigenenergieversorgung und hohen Automatisierung, können die Betriebskosten stark reduziert werden, womit die jeweilige Betriebsgesellschaft einzigartig in ihrer Produktion ist. Auch können mit unserer Klimakammer jederzeit Geschmack und Inhaltsstoffe der Pflanzen selbst verändert und individuell angepasst werden. Außerdem werden keine Pflanzenschutzmittel oder sonstige Schadstoffe eingesetzt.

Frage

 Was ist das Innovative an Ihrem System?

Antwort

Wir bieten eine Klimakammer im industriellen Maßstab, die isoliert ist und die Steuerung aller klimatischen Parameter ermöglicht. Die Automatisierung im Fließbandsystem stellt eine weitere entscheidende Innovation dar. Sie ermöglicht, dass an 365 Tagen im Jahr geerntet werden kann. In der isolierten und voll klimatisierten Klimakammer werden zudem 95 % weniger Wasser verbraucht, da die Indoor Farm einen vollständig geschlossenen Wasserkreislauf hat. Dazu wird ein Pflanzenportfolio angeboten, das durch jahrelange Forschung entstanden ist und kontinuierlich weiterentwickelt wird. Neuartige LED-Steuerung, das entwickelte aeroponische System zur Nährstoff- und Wasserversorgung und die Möglichkeit, im jeweiligen Wuchsstadium die entsprechenden Parameter zu steuern, ist bisher weltweit einmalig. Das ermöglicht nicht nur, verschiedene Pflanzenarten zu produzieren, sondern sogar Inhaltsstoffe, Geschmack und andere Qualitätsparameter der Produkte zu steuern.

Frage

Welche Vorteile bietet Ihre Vertical-Farming-Methode im Vergleich zum herkömmlichen Anbau im Gewächshaus? Wie wirtschaftlich ist das System?

Antwort

Je nach Pflanzenart können in unserer Klimakammer zwischen 2,5 bis 3,5 Tonnen täglich bei einer Produktionsfläche von 1 Hektar produziert werden, das sind zirka 900 bis 1.200 Tonnen/Hektar im Jahr. In der Landwirtschaft werden dafür – je nach Pflanze – im Durchschnitt 300 bis 350 Hektar Fläche benötigt. Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit der Klimakammern im industriellen Maßstab stand bereits vor Gründung der Firma im Mittelpunkt. Die Frage nach der Höhe der Investitionskosten im Verhältnis zu den Betriebskosten und damit zu dem Erzeugerpreis pro Pflanze wurde in verschiedenen Szenarien modelliert und somit für verschiedene Standortszenarien in Deutschland als auch in Usbekistan, Ägypten und im Oman angepasst. Eine entscheidende Rolle spielen hier auch die Arbeitskosten sowie die Energiepreise am jeweiligen Standort. Daraus haben sich schließlich einige Optimierungsszenarien für unsere Klimakammern hinsichtlich der technologischen Ausführung ergeben. Beispielsweise sollte die Produktionsfläche größer als 5.000 Quadratmeter sein und mindestens auf vier Etagen etabliert werden, die Energiekosten sollten durch den Einsatz erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne optimiert und unter 0,15 Euro/kWh liegen. Darüber hinaus sind Hygienestandards und technische Anlagen zum Hygienisieren notwendig, um Ertragsausfälle durch Insekten oder Krankheitsbefall zu vermeiden. Insgesamt wird so eine hohe Wirtschaftlichkeit erreicht, die eine ganzjährige Produktion bei geringeren Betriebskosten im Vergleich zum traditionellen Gewächshaus gewährleistet.

Frage

Welche Pflanzen können in Ihrer Indoor-Farm angebaut werden und in welchem Umfang?

Antwort

Wir wissen, dass die meisten Pflanzen in unserem System produziert werden können. Mittlerweile haben wir für 52 verschiedene Pflanzenarten die Steuerungsalgorithmen entwickelt und getestet – nicht nur für Salate und Kräuter, sondern auch für Gerste, Weizen, Reis, Kartoffeln, Safran, Wasabi sowie pharmazeutische Pflanzen, aber auch für Gemüse und Obst, wie Gurken, Paprika, Auberginen oder Erdbeeren.

Frage

Was sind Ihre nächsten Aufgaben?

Antwort

Der Bau des Demonstrators der Klimakammer im industriellen Maßstab in Paulinenaue/Brandenburg ist abgeschlossen. Im dritten Quartal dieses Jahres wird sie in Betrieb genommen. Seit einem Jahr wurden auch verschiedene Kooperationsverträge mit Partnern im In- und Ausland abgeschlossen. Als nächstes werden wir einen Bauantrag für eine erste Produktionsanlage im Landkreis Havelland stellen. Weitere Projekte starten in Usbekistan und in Ägypten. Darüber hinaus wollen wir auf der AgriTechnika in Hannover mit der Vermarktung der Technologie im Rahmen eines Lizenzmodells beginnen.

Interview: Beatrix Boldt