Impulse für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft

Impulse für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft

Die Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft in Deutschland hätte positive Auswirkungen auf Klima, Ressourcen und Biodiversität. Das zeigt eine neue Studie, die gleichzeitig Maßnahmen zur Umsetzung benennt.

Plastikflaschen zum Recyceln
Plastikrecycling ist nur ein Weg, um Ressourcen im Sinne einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu schonen.

Deutschland hat bereits am 4. Mai alle verfügbaren Ressourcen für dieses Jahr verbraucht. Das geht aus Berechnungen der gemeinnützigen Organisation Global Footprint Network hervor, die jedes Jahr für jedes Land einen nationalen und einen globalen Erdüberlastungstag – den sogenannten Earth Overshoot Day – ermittelt. Ein „weiter so“ ist nicht möglich. Einen Ansatz zur Transformation bietet die Bioökonomie: Sie setzt nicht nur auf die effiziente Nutzung biologischer Ressourcen, sondern auch darauf, Produkte und Rohstoffe in Kreisläufen zu halten. Die Studie „Modell Deutschland Circular Economy“ zeigt nun erstmals umfassend, wie die deutsche Wirtschaft von einer ressourcenschonenden und nachhaltigen Kreislaufwirtschaft profitieren kann. Das über 300 Seiten starke Dokument wurde vom WWF Deutschland gemeinsam mit dem Öko-Institut, dem Fraunhofer ISI und der FU Berlin erarbeitet.

Rohstoffverbrauch Deutschlands über dem EU-Durchschnitt

„Unser Hunger nach Ressourcen scheint bisher unstillbar – und dies hat uns direkt in die zunehmende Dreifachkrise aus Erderhitzung, Artensterben und Umweltverschmutzung geführt“, sagt Rebecca Tauer, Programmleiterin Circular Economy beim WWF Deutschland. Demnach hat Deutschland 2018 mit 16,4 Tonnen pro Kopf rund 13 % mehr Rohstoffe verbraucht als der EU-Durchschnitt. 40 % der Treibhausgase gehen der Studie zufolge allein auf die Entnahme und Verarbeitung von Rohstoffen zurück. Rohstoffe seien zwar für eine erfolgreiche Energie- und Mobilitätswende notwendig, verursachten aber hohe Umweltschäden und seien hinsichtlich Versorgungsrisiko und wirtschaftlicher Bedeutung kritisch. Die Einhaltung der Klimaziele sei „ohne eine Reduktion des Rohstoffverbrauchs nicht möglich“, schreiben die Autoren.

Nutzen für Transformation größer als Kosten

Sie sind überzeugt, dass „der gesamtgesellschaftliche Nutzen einer Circular Economy deutlich höher ist als die damit einhergehenden sozio-ökonomischen Kosten der Transformation". Das Fazit: Die Transformation der deutschen Gesellschaft zu einer Circular Economy hätte große positive Effekte auf den Klima-, Ressourcen- und Biodiversitätsschutz. Durch die Circular Economy könnten demnach die Treibhausgasemissionen um bis zu 26 % reduziert und der Rohstoffkonsum um bis zu 27 % bis zum Jahr 2045 gesenkt werden. Zudem würde die deutsche Wirtschaft erheblich an Versorgungssicherheit gewinnen und ihre Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen reduzieren.

Broschüre „Modell Deutschland Circular Economy. Eine umfassende Circular Economy für Deutschland 2045 zum Schutz von Klima und Biodiversität“

Die Studie benennt daher Maßnahmen zur Umsetzung einer Circular Economy für Sektoren, in denen die Umweltbelastung durch die Produktion besonders hoch ist und der Nutzen einer Kreislaufwirtschaft entsprechend groß wäre. Dazu zählen: Fahrzeuge und Batterien, Hoch- und Tiefbau, Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und Haushaltsgeräte, Lebensmittel und Ernährung, Textilien, Möbel, Beleuchtung und Verpackungen.

Maßnahmen reduzieren Treibhausgase und schützen Biodiversität

Den Autoren zufolge ließe sich mit „nur fünf Maßnahmenbündeln über alle untersuchten Sektoren hinweg schon fast 84 % der Treibhausgasreduktion erzielen. „Geringere Wohn- und Bürofläche, weniger Individualverkehr, eine stärker pflanzenbasierte Ernährung, ressourceneffizientere Rechenzentren und ein geringerer Konsum von Textilien sind Ansätze, die eine große Wirkung erzielen“, sagt Siddharth Prakash, Projektleiter und Leiter Zirkuläres Wirtschaften & Globale Wertschöpfungsketten beim Öko-Institut. „Diese Maßnahmen führen außerdem zu 30 % weniger Landnutzung in den betrachteten Sektoren und tragen so zum Schutz der Biodiversität bei.“ Außerdem könnten durch die Circular Economy die Treibhausgasemissionen um bis zu 26 % reduziert und der Rohstoffkonsum um bis zu 27 % bis zum Jahr 2045 gesenkt werden.

Rohstoffverbrauch drosseln und Versorgung sichern

„Im ‚Modell Deutschland‘ zeigt sich, dass der Rohstoffbedarf in Deutschland durch verringerten Verbrauch und vermehrtes Recycling bei vielen Rohstoffen entspannt werden kann“, sagt Antonia Loibl, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. So könnte etwa der für 2045 errechnete Bedarf an Neodym, Kobalt und Kupfer zu mehr als 50 % durch die entsprechenden zirkulären Maßnahmen gedeckt und so Versorgungsengpässe reduziert werden.

Kreislaufwirtschaftsstrategie gefordert

„Die Circular Economy stärkt langfristig den Wirtschaftsstandort Deutschland und ist der tragende Baustein für das Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen“, so Tauer. Mit dem ‚Modell Deutschland‘ geben die Autoren der Politik nun weitere Impulse für die Gestaltung einer zukunftsfähigen, nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Zur Umsetzung seien jedoch verbindliche Strategie zum Ressourcenschutz analog dem Klimaschutzgesetz erforderlich. „Dafür sollte die Bundesregierung eine ambitionierte und konkrete nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie bis nächstes Jahr verabschieden“, fordert Rebecca Tauer vom WWF Deutschland.

bb