Tote Bodenmikroben beeinflussen CO2-Gehalt
Der Kohlenstoffkreislauf im Boden wird maßgeblich davon beeinflusst, auf welche Art und Weise Mikroorganismen im Boden verenden.
In einer Handvoll Erde leben mehr Mikroorganismen als Menschen auf der Erde. Bakterien, Pilze, Algen und Einzeller machen etwa 70% der Biomasse aus und sind vor allem für die Land- und Forstwirtschaft nützliche Helfer: Sie versorgen Pflanzen mit Nährstoffen, prägen die Bodenstruktur, verbessern die Wasserspeicherung und fördern das Pflanzenwachstum. Darüber hinaus hat die Mikrobengemeinschaft entscheidenden Einfluss auf den Kohlenstoffkreislauf im Boden und damit auf die Bedeutung der Ressource als Kohlenstoffsenke.
Mikrobielle Nekromasse im Fokus
Doch nicht nur lebende, sondern auch tote Mikroorganismen – auch mikrobielle Nekromasse genannt – können den Kohlenstoffgehalt im Boden nachhaltig beeinflussen, wie ein Team um Tessa Camenzind von der Freien Universität Berlin herausgefunden hat. Vor allem die Todesursache der winzigen Lebewesen habe Auswirkungen darauf, wie viel Kohlenstoff im Boden zurückbleibe, berichten die Forschenden im Fachjournal "Nature Geoscience".
Was am Ende übrigbleibt, zählt
„So makaber es klingt, aber das Wissen über die Todesursache der Mikroorganismen und damit einhergehende Prozesse ist essenziell wichtig, um zu verstehen, wie Kohlenstoff im Boden eingelagert wird und wie stabil dieser Vorgang unter unterschiedlichen Bedingungen ist“, so Tessa Camenzind. Über die Hälfte des Kohlenstoffgehalts im Boden wird schätzungsweise durch Überreste von toten Mikroorganismen eingebracht. Im Fokus der Studie stand daher die Frage, auf welche Weise Mikroorganismen im Boden sterben und was am Ende ihres Lebens übrigbleibt.
Der Studie zufolge sind Bodenmikroben zahlreichen Gefahren ausgesetzt: Hungerstod, Dürre, Hitze- und Kälteeinbrüche, der permanente Konkurrenzkampf um verfügbare Ressourcen, aber auch die Abgabe tödlicher Metabolite sowie Fressfeinde und Viren bedrohen ihr Leben. Hinzu kommen die Eingriffe des Menschen in die Natur – etwa durch intensive Landwirtschaft, Monokultur oder Flächenversiegelung, die das natürliche Gleichgewicht im Boden verändert haben.
Todesursache der Mikroben beeinflusst CO2-Gehalt
„In dieser Studie arbeiten wir besonders heraus, welche chemischen Veränderungen durch diese diversen Prozesse entstehen, um ein besseres Bild über die Zusammensetzung der mikrobiellen Nekromasse zu erhalten“, erklärt Camenzind weiter. Das Team fand heraus, dass es einen erheblichen Unterschied macht, ob ein Bakterium von einem Bodentier wie dem Springschwanz gefressen und verdaut wird, vertrocknet, von einem Virus umprogrammiert oder von einem räuberischen Bakterium ausgesaugt wird.
Pilzhyphen bringen viel Kohlenstoff in den Boden
Einen besonderen Einfluss auf den Kohlenstoffspeicher im Boden haben demnach Pilzhyphen. Dabei handelt es sich um fadenförmige Zellen von Pilzen, die der Nährstoff- und Wasseraufnahme dienen und auch im Wurzelraum vieler Pflanzen mit diesen Symbiosen eingehen, sogenannte Mykorrhizen. „Sie bewegen sich durch die Neubildung von Hyphen durch den Boden, wobei sie permanent tote Hyphen hinter sich zurücklassen und dadurch sehr viel Kohlenstoff in den Boden einzubringen scheinen“, erklärt die Mikrobiologin. Mit ihrer Studie liefern die Forschenden wichtige Erkenntnisse zur Bedeutung der mikrobiellen Nekromasse für den Kohlenstoffkreislauf im Boden – und insbesondere zur Rolle des Ökosystems als CO2-Speicher im Kampf gegen den Klimawandel.
bb