Nährstoffrecycling durch Mikroalgen
Bielefelder Forschende erproben, wie Nährstoffüberschüsse aus der landwirtschaftlichen Düngung in Kläranlagen zurückgewonnen und erneut zu Dünger werden können.
Landwirtschaftliche Betriebe dürfen Klärschlamm ohne Aufbereitung nicht als Dünger nutzen. Zum einen weil das Grundwasser mit Nitraten und die Böden mit Schwermetallen belastet werden können. Zum anderen weil der wertvolle Rohstoff Phosphor dabei verloren geht. Doch dann müssen Kläranlagen Abwasser anders aufbereiten und die Landwirtschaft andere Düngerquellen erschließen. Ein Forschungsteam der Universität Bielefeld hat dazu eine Lösung entwickelt und gemeinsam mit den Stadtwerken Lichtenau an deren Kläranlage erprobt.
Algen ermöglichen ein Kreislaufsystem
„Die Idee unseres Projekts ist, mithilfe von Algen ein Kreislaufsystem zu errichten“, erläutert Olaf Kruse, wissenschaftlicher Direktor am Zentrum für Biotechnologie der Universität Bielefeld. „Wir versuchen, wichtige Nährstoffe zu recyceln und sie am Ende wieder als Düngemittel zu benutzen.“ Dementsprechend heißt das Projekt „Biologischer Nährstofftransfer durch Mikroalgen“ oder kurz: BiNäA.
Wenn landwirtschaftliche Betriebe Düngemittel ausbringen, sind die darin enthaltenen Nährstoffe wie Stickstoff, Kalium und Phosphor häufig überdosiert. Weil die Pflanzen sie nicht schnell genug aufnehmen können, gelangen die Nährstoffe ins Grundwasser und oftmals in die Trinkwasseraufbereitung. Dort setzt BiNäA an: Die Forschenden nutzen die im Abwasser vorhandenen Nährstoffe, um damit ebenfalls im Abwasser vorkommende Mikroalgen zu ernähren und vermehren. Dabei erfolgt dieser neue Prozessschritt erst an der Stelle der Wasseraufbereitung, an der das Wasser sonst wieder zurück in den natürlichen Wasserkreislauf geleitet würde.
Getrocknete Algen werden zu Dünger
Dieses Wasser fließt über die Versuchsanlage, wo eben diese Nährstoffe zusammen mit Sonnenlicht und Kohlendioxid aus der Luft dafür sorgen, dass ein Algenteppich wächst. Im Ergebnis ist die Qualität des Wassers besser, und die besonders nährstoffreichen Algen können getrocknet und anschließend in der Landwirtschaft als Dünger eingesetzt werden.
Dieser Ansatz ist nicht gänzlich neu. Jedoch betont Diana Reinecke-Levi vom Forschungszentrum Jülich, das ebenfalls am Projekt beteiligt ist: „Unsere Anlagen zeichnen sich durch ihre einfache Handhabung, stabile Kultivierung, und geringere Kosten aus. Das macht sie für die dezentrale Abwasseraufbereitung und regionale Landwirtschaft so attraktiv.“ Kruse ergänzt, dass es das Ziel sei, ein möglichst einfaches und robustes Verfahren zu entwickeln, das die Rückgewinnung von Nährstoffen auf einer regionalen Ebene ermöglicht. „Kommunen können so ihre eigenen Düngemittel produzieren“, sagt der Forscher.
Mindestens so gut wie Mineraldünger
Erste Versuche gemeinsam mit lokalen Landwirten haben bereits ergeben, dass der so erzeugte Algendünger im Weizenanbau genauso gut oder besser abschneidet als herkömmlicher Mineraldünger. Eine zweite Versuchsanlage soll nun zeigen, ob dieses Verfahren sich auch für Abwässer der landwirtschaftlichen Betriebe direkt einsetzen lässt.
Das Landesamt für Natur, Umwelt, und Verbraucherschutz NRW fördert das Projekt BiNäA im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft EIP-Agrar. Es läuft von März 2020 bis Dezember 2022.
bl