Mehr Präzision für die Genschere
Biotechnologen aus Halle und Berlin haben eine verbesserte Version der Genom-Editierungsmaschine CRISPR-Cas9 erzeugt. Die Genschere setzt weniger irrtümliche Schnitte.
CRISPR-Cas9 hat die Molekularbiologie revolutioniert. Das enzymatische System funktioniert wie eine Schere, die DNA an einer definierten Stelle schneiden kann, um Gene zu deaktivieren oder neue Gensequenzen einzufügen. Damit CRISPR-Cas9 die richtige Stelle zum Schneiden findet, wird es mit einer zielabhängigen sogenannten guide-RNA kombiniert. Doch selbst die irrt zu einem gewissen Prozentsatz bei der Zielfindung. Wissenschaftler der Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene in Berlin und der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg haben das System nun optimiert und eine höhere Spezifität erzielt.
Struktur von Cas9 analysiert
„Ein unbeabsichtigter Schnitt an der falschen Stelle im menschlichen Genom kann tiefgreifende Folgen haben. Deshalb brauchen wir ein spezifischeres System", erläutert Michael Böttcher, Juniorprofessor an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität. Rund um den Globus suchen Wissenschaftler daher nach Möglichkeiten, wie das CRISPR-Cas-System weniger Fehler macht. Das deutsche Team hat dazu die Struktur und Funktionsweise des Cas9-Enzyms analysiert und variiert. Über die Ergebnisse berichten die Forscher im Fachjournal „Nature Chemical Biology“.
Aminosäuren der Brückenhelix entscheidend
Ein bestimmter Bereich von Cas9 wird als Brückenhelix bezeichnet. Wie sich herausstellte, ist die Brückenhelix daran beteiligt, wie Cas9 mit der guide-RNA und der Zielsequenz der DNA interagiert. Maßgeblich ist dafür eine bestimmte Aminosäurenabfolge von Cas9, die in Verbindung mit der guide-RNA eine Schleifenform an der Ziel-DNA erzeugt. Erst dadurch wird der Doppelstrang der DNA geöffnet und das CRISPR-Cas9-System kann die Genom-Editierung beginnen.
Erfolg auch an menschlichen Zellen
Die Forscher haben in einem zweiten Schritt neue Varianten des Cas9-Enzyms erzeugt, bei denen die entscheidende Aminosäurenfolge variiert wurde. Einige dieser Varianten erwiesen sich als verlässlicher als das normale Cas9-Enzym: Sie schnitten die DNA deutlich seltener an unbeabsichtigten Stellen. Eines dieser modifizierte Enzyme bewährte sich auch in menschlichen Zellen. „Unsere Ergebnisse bieten eine neue Grundlage für die weitere Optimierung von CRISPR-Cas9“, resümiert Emmanuelle Charpentier, Direktorin der Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene. Darüber hinaus müsse jedoch noch mehr über die Biochemie der CRISPR-Cas-Systeme gelernt werden, um sie weiter verbessern zu können.
bl