Mit CRISPR auf Tuchfühlung
Susanne GüntherBeruf
studierte Philosophin und Redakteurin
Position
Redakteurin beim Online-Portal CRISPR-Whisper der Universität Kassel
Beruf
studierte Philosophin und Redakteurin
Position
Redakteurin beim Online-Portal CRISPR-Whisper der Universität Kassel
Mit dem Internetblog „CRISPR-Whisper" und weiteren Veranstaltungen will Susanne Günther das Potenzial der Genschere CRISPR-Cas in die Öffentlichkeit tragen und die Forschung begreifbar machen.
Die Entdeckung der Genschere CRISPR-Cas im Jahr 2012 war ein Paukenschlag. Im Nu eroberte die Technologie die Labore der Welt. Denn schnell war klar, welches Potenzial in dem neuen molekularbiologischen Werkzeug steckt. Die CRISPR-Sequenzen und das Enzym Cas9, das Forscher als eine Art Immunsystem bei Mikroben fanden, ermöglichen präzise Erbgutveränderungen. Damit sind unzählige Anwendungsmöglichkeiten denkbar wie die Züchtung neuer Pflanzensorten. Doch Skepsis und Kritik prägen die Debatte um die neue Genome-Editing-Methode bis heute – auch in der Öffentlichkeit. Der Wissenschaftsblog CRISPR-Whisper will aufklären. Mit Comics und zahlreichen Veranstaltungen wie einer Roadtour möchte das Kasseler Team um Susanne Günther die CRISPR-Forschung erlebbar und begreifbar machen. Aber auch die Wissenschaft soll davon profitieren.
Worum geht es bei CRISPR-Whisper genau?
CRISPR-Whisper ist ein Projekt innerhalb des Schwerpunktprogramms „Weitaus mehr als nur Verteidigung: die vielen verschiedenen Funktionen des CRISPR-Cas Systems“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). In dem Programm geht es darum, herauszufinden, welche Funktionen CRISPR-Cas in Bakterien und Archaea außer der Verteidigung gegen Viren noch hat. Wir vom Kasseler Verein Science Bridge begleiten die Forschung mit einem Öffentlichkeitsprojekt, bei dem wir den Menschen erklären wollen, wie Grundlagenforschung im Allgemeinen und für CRISPR-Cas im Speziellen funktioniert. CRISPR-Whisper umfasst zwei Elemente: Einmal den gleichnamigen Web-Blog und eine Reihe von Veranstaltungen, unsere sogenannten Roadshows, die wir in erster Linie an den Standorten der Projektgruppen anbieten, aber auf Wunsch auch gerne in anderen Städten.
Warum widmen Sie der Genschere CRISPR-Cas einen eigenen Wissenschaftsblog?
CRISPR-Cas findet auch in der nicht-wissenschaftlichen Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit. Das hängt zum einen mit der Bedeutung der Genschere als wissenschaftliche Entdeckung zusammen, zum anderen aber auch, weil die Möglichkeiten dieses Werkzeugs ethische Fragen aufwerfen, die jeden betreffen. Die DFG wollte mit der Förderung einer Projektgruppe Öffentlichkeitsarbeit dieser Bedeutung Rechnung tragen.
Mit welchen Veranstaltungen gehen Sie an die Öffentlichkeit?
Die Roadshows bestehen aus verschiedenen Elementen, die beliebig miteinander kombiniert werden können: So gibt es einen Dialogvortrag, der zu gleichen Teilen von einem Wissenschaftler sowie einem Künstler bestritten wird. Der Künstler übernimmt dabei die Rolle des interessierten Laien und stellt vor allem Fragen. In einem Laborkurs dürfen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst CRISPRn und so eine Menge über Laborarbeit und -technik lernen. Und schließlich laden wir ins „Science-Café", wo wir in geselliger Runde in einer Gastwirtschaft einen Science Slam anbieten und anschließend diskutieren.
Welche Erfahrungen haben Sie bisher gesammelt?
Das breite Interesse an den Veranstaltungen hat uns sehr positiv überrascht. Zum Teil besuchten die Menschen sogar mehrere Teile der Roadshow. Das zeigt uns, wie groß der Hunger nach Informationsangeboten ist, bei denen auch Laien ihre offenen Fragen vortragen können. Auffällig ist, dass Laien zuerst oft die Risiken einer neuen Technologie sehen und weniger die Chancen, Positives zu entwickeln. So kommt fast immer die Frage aus dem Publikum, welche Biowaffen man mit CRISPR-Cas entwickeln kann. Solche Fragen sind für einen aktiven Wissenschaftler aber gar nicht so einfach zu beantworten. Auch die Debatte um die CRISPR-Babys bewegt die Gemüter. Das war in den Veranstaltungen durchaus zu bemerken. Hier haben wir aber auch eine deutliche Offenheit gegenüber der neuen Technologie gespürt: Warum soll man nicht helfen, wenn man kann?
Wie kann die CRISPR-Forschung davon profitieren?
Die Forschung kann über den Kontakt mit der Öffentlichkeit ein besseres Gefühl dafür entwickeln, was die Menschen außerhalb der Universität bewegt. Die Menschen „da draußen“ haben oft ganz andere Fragen, die mit der aktuellen Wissenschaft recht wenig zu tun haben. Diese Fragen sind aber auch wichtig. Außerdem bekommen Forscher Gelegenheit, den Sinn ihrer Arbeit einem breiteren Publikum darzulegen. Die Öffentlichkeit ist durchaus kritisch, wenn öffentliche Gelder ausgegeben werden. Im direkten Dialog können aber Hemmschwellen überwunden und Vorbehalte aufgelöst werden.
Was steht als Nächstes bei „CRISPR-Whisper“ auf dem Programm?
Für September und Oktober planen wir eine Roadshow in Berlin. Die Highlights werden dabei ein Vortragsabend mit Max-Planck-Direktor Detlef Weigel im Sauriersaal des Museums für Naturkunde sowie ein Vortrag im Zeiss-Großplanetarium mit Dina Grohmann, Universität Regensburg, sein. Auch zwei Laborkurse in Zusammenarbeit mit dem Gläsernen Labor in Berlin-Buch stehen auf dem Programm.
Interview: Beatrix Boldt