Schwingende Bakterien als Computerbauteile
Ein deutsch-französisches Forscherteam will Mikroorganismen für logische Schaltungen in Computerprozessoren nutzen.
Mehr Leistung, weniger Energiebedarf, kein Sondermüll: So könnte man den Computerprozessor der Zukunft beschreiben, den deutsche und französische Forscher unter Federführung der Universität Duisburg-Essen jetzt im Fachjournal „Nature Communications“ skizzieren. Der Schlüssel dazu sind Bakterien mit natürlichen magnetischen Nanopartikeln.
Natürlicher Magnetsinn
Das Bakterium Magnetospirillium gryphiswaldense verfügt über Ketten aus bis zu zwölf magnetischen Kristallen. In der Natur helfen diese dem Mikroorganismus, sich am Erdmagnetfeld auszurichten. Diese Kristalle haben einen Durchmesser von 35 Nanometern und sind in vier Nanometer starke Lipidmembranen gehüllt. Setzen die Forscher die Ketten unterschiedlich starken Magnetfeldern aus unterschiedlichen Richtungen aus, entstehen in den Partikeln magnetische Schwingungen, sogenannte Magnonen. Aufgrund der Lipidmembranen beruhen diese Spinwellen allein auf der magnetostatischen Verbindung der Kristalle.
Logische Verknüpfung aus schwingenden Nanopartikeln
„Regt man mehrere Magnetschwingungen an, die verschiedene Informationen tragen, so ergibt sich in den Magnonen eine neue Schwingung, deren Information eine logische Verknüpfung der ursprünglichen Schwingungen ist“, erklärt Benjamin Zingsem von der Universität Oldenburg. Das Team konnte diesen Effekt erstmals in biologischen Systemen auf Nanoebene beobachten, nachdem er zuvor nur in größeren Mikrosystemen erforscht worden ist. Weil der Aufbau der Magnonen in Abhängigkeit von genetischen Faktoren unterschiedlich ist, glauben die Forscher, mit gentechnischen Methoden die Struktur und damit das magnetische Schwingungsverhalten gezielt anpassen und führ ihre Zwecke optimieren zu können.
Eine Million Mal leistungsfähiger
Ein Prozessor auf Grundlage dieser bakteriellen logischen Verknüpfungen hätten eine Reihe von Vorteilen: Es fällt weniger Abwärme an, weil der Prozessor nicht mit Strom arbeiten würde, wodurch komplexere Prozessoren möglich würden, die zudem weniger Energie benötigten. „Man könnte dadurch etwa eine Million mal mehr Schaltungen als bisher in einem Prozessor unterbringen“, kalkuliert Zingsem. Umweltschädliche Verbindungen, wie sie bislang bei der Halbleiterherstellung üblich sind, würden entfallen. Und das exponentielle Wachstum der Bakterien ermöglichte eine schnelle und günstige Herstellung – lediglich ein geeignetes Nährmedium und etwas Wärme wären erforderlich.
Nur eine Frage der Zeit
Jetzt soll es darum gehen, diese biologischen logischen Schaltungen mit anderen Bausteinen zusammenzuführen, erläutert Zingsem: „Wir arbeiten daran, derartige Systeme mit Daten zu füttern und die Ergebnisse verlässlich auszulesen.“ Eine Integration in konventionelle Elektronik sei demnach nur eine Frage der Zeit.
bl