Züchtungsallianz will pilztoleranten Weizen entwickeln

Züchtungsallianz will pilztoleranten Weizen entwickeln

Eine Allianz aus 60 deutschen Pflanzenzüchtungsunternehmen will mithilfe der Genomschere CRISPR-Cas mehrfach pilztolerante Weizensorten züchten.

Weizen gehört zu den wichtigsten Kulturpflanzen in Europa.

Der Klimawandel stellt die Landwirtschaft schon heute vor große Herausforderungen. Extremwetter wie Dürre oder Überschwemmungen setzen die Nutzpflanzen unter Stress, insbesondere Pilzerkrankungen sorgen zum Teil für massive Ernteverluste auf den Äckern. Landwirte sind daher dringend auf neue, widerstandsfähige Sorten angewiesen. Im Projekt PILTON haben sich zahlreiche Pflanzenzüchter zusammengeschlossen, um einen Weizen zu züchten, der gleich gegen mehrere Pilzerreger tolerant ist. Hierbei sollen neue molekulare Züchtungsmethoden wie die Genomschere CRISPR-Cas zum Einsatz kommen, mit deren Hilfe schnell und präzise Erbgutveränderungen vorgenommen werden können.

Fast 60 Unternehmen der Pflanzenzüchtung beteiligt

„Mit dem Projekt wollen wir prüfen, welchen Nutzen neue Züchtungsmethoden für eine ressourcenschonende und produktive Landwirtschaft haben. Konkret geht es darum, das Potenzial zur Einsparung von Pflanzenschutzmitteln zu evaluieren", erklärte die Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter (BDP), Stephanie Franck, bei der Präsentation des Projektes am 17. September in Berlin. Das Vorhaben wird von der Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation e. V. getragen. Daran beteiligt sind rund 60 vor allem mittelständische Pflanzenzüchtungsunternehmen wie die Deutsche Saatgutveredelung und KWS Saat, aber auch große Unternehmen wie Bayer Crop Science.

Pflanzenzüchterin Anja Matzk von der KWS Saat stellte klar, dass vor allem der zeitliche Vorteil neuer Züchtungsmethoden um „ein Vielfaches“ größer ist. „In nur drei bis fünf Jahren könnten wir eine Pilztoleranz im Weizen zeigen.“ Mittels herkömmlicher Züchtung kann es hingegen 10 bis 15 Jahre dauern, bis eine neue Sorte auf das Feld kommt.

EuGH-Urteil von 2018 erschwert Züchtung

So vielversprechend die neuen Methoden der Genom-Editierung für die Pflanzenzüchter sind. Derzeit sind die regulatorischen Hürden für den Anbau genom-editierter Nutzpflanzen hierzulande hoch. 2018 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass sämtliche durch Mutagenese gewonnene Organismen als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) einzustufen sind und damit grundsätzlich unter die strenge Regulierung der europäischen Freisetzungsrichtlinie für gentechnisch veränderte Organismen (GVO-Richtlinie) fallen. Das gilt auch für die gezielte Mutagenese durch Genomscheren wie CRISPR-Cas und Co.

Das Urteil war seinerzeit höchst umstritten und stieß bei Forschern und insbesondere Pflanzenzüchtern auf Unverständnis. „Es gibt keine Rechtfertigung, dass diese Sorten dem gleichen Regulierungsmechanismus unterliegen. Die Gesetzgebung muss entsprechend angepasst werden“, forderte BDP-Vorsitzende Franck und stellte klar: „Es wird nichts in die Pflanze eingebracht, sondern nur ein Gen abgeschaltet.“

Abwehrmechanismus im Weizen stärken

Konkret geht es um ein Gen, das bei dem Pilzbefall im Weizen eine entscheidende Rolle spielt. Dieses Regulatorgen soll mittels Genom-Editierung wieder aktiviert werden und den natürlichen Abwehrmechanismus im Weizen gegen Pilzerreger verlängern. „Wir erwarten, dass dies zu einer breiten und dauerhaften Toleranz gegen Pilzkrankheiten wie Braunrost, Gelbrost, Septoria und Fusarium führt", erklärt Matzk. Erste Ergebnisse zur Pilztoleranz hofft das PILTON-Team bereits im Sommer 2021 präsentieren zu können. Entscheidend ist jedoch, ob sich die neue Sorte auch im Feld bewährt.

„Wir hoffen, dass es bis dahin eine neue Auslegung zum Umgang mit den neuen Züchtungsmethoden gibt", so Klaus Wagner, Präsident vom Thüringer Bauernverband. Er unterstreicht, wie dringend die Landwirtschaft robuste Sorten benötigt, um das Ertragsniveau mit hoher Qualität auch weiter zu halten. „Deshalb brauchen wir neue Methoden aus der Pflanzenzüchtung. Darauf zu verzichten, können wir uns nicht leisten."

Das PILTON-Projekt soll daher zeigen, welches Einsparpotenzial die neuen Züchtungsmethoden bieten und inwiefern kleine und mittelständische Pflanzenzüchter diese Werkzeuge nutzen können. Hier sollen auch patentrechtliche Fragen geklärt werden. Zudem hat sich das PILTON-Konsortium zur Transparenz verpflichtet. „Wir stellen uns ins volle Licht der Öffentlichkeit“, betont die BDP-Vorsitzende. Gerade mit Blick auf die neue Düngeverordnung in Deutschland und den damit verbundenen geringeren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist Franck überzeugt, dass die mittels Genom-Editierung erzeugten Weizensorten auch für den Ökolandbau interessant wären.

bb