Wenn der Wald selbst Hilfe ruft

Wenn der Wald selbst Hilfe ruft

Vitalitätssensoren und der Mobilfunkstandard 5G sollen Frühwarnsysteme für smarte Wälder ermöglichen.

Sensoren und 5G-Netze könnten die Forstarbeit und die Umweltbildung revolutionieren, erhoffen sich Forscher der  Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften.
Sensoren und 5G-Netze könnten die Forstarbeit und die Umweltbildung revolutionieren, erhoffen sich Forscher der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften.

Begehungen, Zählungen, Luftbilder und Drohnenflüge: Eine Waldbestandsaufnahme ist heute mit viel Aufwand verbunden. Ein Forschungsprojekt der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften möchte das ändern, indem es Wälder „smart“ macht. Zahlreiche Sensoren, die mittels 5G-Mobilfunk verbunden sind, sollen die Forstwirtschaft ins 21. Jahrhundert führen.

5G und viele autarke Sensoren

„Durch die revolutionär neue Technik wird beispielsweise die Inventur von Waldflächen in naher Zukunft auf einen qualitativ bisher nicht erreichten Stand gehoben“, erhofft sich Martin Hillmann aus dem Geschäftsbereich Forstwirtschaft der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Diederich Wermser von der Fakultät Elektrotechnik der Ostfalia Hochschule erläutert den Projektansatz: „5G bietet hier neue Möglichkeiten. Es erlaubt mit seinen speziellen Eigenschaften wie hohen Reichweiten und geringem Energieverbrauch beispielsweise den Einsatz von sehr vielen autarken Sensoren.“

Diese Sensoren sollen permanent den Zustand der Bäume erfassen. „Im Grunde erzählt uns dann jeder Baum in Echtzeit über die Messwerte, die er liefert, wie es ihm geht. Ist es ihm zu trocken? Zu feucht? Zu kalt? Zu heiß? Gibt es erste Anzeichen von Borkenkäfern? Wie sieht es mit dem Boden aus, in dem er wurzelt? Wie ist die Umgebungsluft?“, erklärt Andreas Ligocki, Dekan der Fakultät Maschinenbau. Das 5G-Netz übermittelt diese Messwerte an eine Software-Plattform, wo die Daten dann automatisiert ausgewertet, verwaltet und aufbereitet werden können.

Augmented Reality für Spaziergänger und Schulen

Neben dem Einsatz als Frühwarnsystem vor Gefährdungen für den Baumbestand haben die Forscher zwei weitere Anwendungen im Blick. Eine ist die Umweltbildung. Die Sensoren könnten Infotafeln speisen und Spaziergängern „digitale Geschichten“ über den Wald erzählen, die sonst dem Auge verborgen blieben. Dabei könnten mittels Augmented-Reality-Brillen sogar dreidimensionale Projektionen zum Einsatz kommen. Oder Schulklassen, die einen Waldabschnitt betreuen, könnten per App verfolgen, wie es „ihrem“ Wald gerade geht.

Die dritte Anwendung betrifft die Holzernte. Holzerntemaschinen können anhand der Sensordaten die tatsächlichen Holzqualitäten und -mengen in Echtzeit erfassen und mit den geplanten Erntemengen und Verarbeitungszwecken abgleichen. Zwei entsprechende Experimentalflächen sind bereits geplant, um die Möglichkeiten zu erproben.

Reaktion auf Schädlinge und Klimawandel

„Wenn wir den Wald als wichtigen CO2-Speicher und Rohstofflieferanten dynamisch aktuell überwachen können, kann das enorm helfen, um auf augenblickliche Erfordernisse wie beispielsweise Klimaeinflüsse, Schädlingsbefall und Marktbedingungen in der Forstwirtschaft schneller in der zukünftigen Planung reagieren zu können“, resümiert Friedrich Hanstein vom Niedersächsischen Forstplanungsamt das Potenzial des Forschungsvorhabens und hat noch einen weiteren Zusatznutzen im Blick: „Zudem könnten wir über das angedachte Bürgerinformationssystem anschaulich über notwendige Forstarbeiten informieren und sehr kurzfristig vor aktuellen Gefahren bei der Fällung von Bäumen warnen.“

bl