Wie Bäume Knospenfresser abwehren
Rehe lieben die Knospen junger Bäume. Doch diese setzen sich offenbar mit einem speziellen Mechanismus zur Wehr, wie Forscher aus Leipzig herausgefunden haben.
Grüne Triebe und Knospen sind die Frühjahrsboten schlechthin. Ohne das zarte Grün wäre das Wachstum der Baume und somit der Fortbestand ganzer Waldregionen gefährdet. Doch nicht nur der Mensch erfreut sich an dem frischen Grün. Auch Rehe sehnen sich nach frischen Blattwerk, wenn der Winter vorbei ist. Knospen und Triebe vor allem junger Bäume sind für sie eine Delikatesse. Doch das junge Gewächs weiß sich durchaus gegen das gefräßige Tier zu wehren, wie Biologen der Universität Leipzig und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) jetzt in einer Studie herausgefunden haben.
Speichel verrät Angreifer
Das Besondere: Der Baum kann dabei sogar unterscheiden, ob Trieb oder Ast von Rehen abgeknabbert oder vom Sturm abgeknickt wurden. Wie das Team im Fachjournal "Functional Ecology" berichtet, verrät der Speichel des Rehs den Angreifer. Denn hinterlässt das Tier am frischen Trieb Speichelspuren, fährt der junge Baum die Produktion des Pflanzenhormons Salizylsäure hoch. Dieses Signalhormon setzt wiederum eine Extraportion bestimmter Gerbstoffe frei, von denen einige Stoffe bekannterweise den Tieren den Appetit verderben können.
Gerbstoffe verderben Rehen den Appetit
Neben dem Abwehrmechanismus werden aber vor allem die Wachstumshormone konzentriert, die dem Gewächs das Überleben sichern. „Bricht ein Ast oder eine Knospe dagegen ab, ohne dass ein Reh am Werk war, kurbelt der Baum weder seine Produktion des Signalhormons Salizylsäure noch die der Gerbstoffe an. Stattdessen bildet er vor allem Wundhormone", erklärt die Erstautorin der Studie, Bettina Ohse.
Wehrhafte Baumarten erforschen
Um hinter den Schutzmechanismus der jungen Bäume zukommen, hatten die Forscher um Ohse Bäumchen im Leipziger Auwald austricksen müssen: Mit der Speichelprobe eines Rehs beträufelten sie Schnittstellen an jungen Buchen und Bergahornen und simulierten so die Fressgefahr durch das Wild. Im Anschluss wurde die Konzentration der Hormone und der Gerbstoffe erfasst.
Mit den nun vorliegenden Ergebnissen stehen die Forscher aber erst am Anfang. Langfristig wollen sie weitere Baumarten auf ihre Abwehrmethoden gegenüber Rehen untersuchen. "Würden sich hier einige als von Natur aus wehrhafter herausstellen, könnten diese möglicherweise in Zukunft in den Wäldern mehr gefördert werden", sagt Bettina Ohse.
bb