Motte nutzt Waffen der Physalis
Die Physalis-Pflanze schützt sich mit Abwehrstoffen gegen Fraßfeine. Die Raupen einer Mottenart stört das nicht - sie putschen damit ihr Immunsystem auf.
Pflanzen und Insekten haben im Laufe der Evolution immer wieder ihre Abwehrstrategien an die veränderten Bedingungen angepasst, um zu überleben. Auch die wegen ihrer vitaminreichen Frucht beliebte Physalis-Pflanze bedient sich gewisser abschreckender Substanzen, um Fraßfeine auf Distanz zu halten. Die sogenannten Withanolide in der Beere schwächen das Immunsystem der Insekten. Ihre negative Wirkung entfalten Withanolide wahrscheinlich, indem sie die Signalübermittlung in den Zellen der Tiere stören.
Falter bevorzugt Physalis als Nahrung
Diese Abwehrsubstanzen können allerdings nicht jedes Insekt abschrecken. Im Gegenteil: die Motte Heliothis subflexa profitiert regelrecht von den Inhaltsstoffen der Physalis-Frucht, wie Forscher vom Jenaer Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie herausfanden. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications berichtet, nutzt die Mottenart die Waffen der Beere erstaunlicherweise, um ihr eigenes Immunsystem anzukurbeln. Diese Spezies ernährt sich hauptsächlich von Physalis-Früchten.
Motte profitiert von Abwehrstoffen
Im Rahmen der Studie hatten die Wissenschaftler die Wirkung der Withanolide, auf Gewichtszunahme, Überlebensrate und Immunstatus zweier Mottenarten vergleichen: der Spezialistin Heliothis subflexa und der Generalistin Heliothis virescens. Aus früheren Studien war bekannt, dass H. subflexa eine schwächere Immunantwort zeigt als die nahe verwandte Wirtspflanzengeneralistin. „Daher waren wir verblüfft, dass nur die Spezialistin von Withanoliden profitiert. Nur bei dieser Insektenart steigern Withanolide das Larvenwachstum und stärken das Immunsystem“, erläutert die Leiterin der Studie, Hanna Heidel-Fischer. Darüber hinaus konnten die Forscher zeigen, dass die Abwehrstoffe der Frucht diese Motten-Spezies auch vor den wachstumshemmenden Effekten einer Infektion mit Bacillus thuringiensis-Bakterien schützen. „H. subflexa-Raupen scheinen auf zwei verschiedenen Arten von Physalis-Früchten zu profitieren: Erstens schützen Withanolide in ihrer Nahrung die Raupen durch ihre antibakterielle und immunstimulierende Wirkung. Außerdem bieten die Früchte mit ihrer umhüllenden Laterne einen Schutzraum vor Feinden“, fasst Ko-Autor Heiko Vogel zusammen.
Immunsystem und Ökologie verbinden
Als nächstes wollen die Jenaer Forscher die Mechanismen entschlüsseln, mit denen H. subflexa die Abwehr der Physalis-Pflanze überlistet. Außerdem planen sie, die Wirkung der Withanolide auf Bakteriengemeinschaften sowohl auf der Pflanzenoberfläche als auch im Darm von H. subflexa aufzuklären. Die Jenaer Forscher agieren damit auf einem noch sehr jungen Forschungsfeld - der sogenannten ökologischen Immunologie, die klassische Untersuchungen des Immunsystems mit einer ökologischen Perspektive verbindet.
bb