UV-Licht steuert Energiezufuhr

UV-Licht steuert Energiezufuhr

Biobasierte Prozesse einfach per UV-Licht steuern – diesem Ziel ist eine deutsch-englische Forschergruppe nun ein Stück näher gekommen.

Bei Dunkelheit bindet die trans-Form des Azo-Polyphenol an die ATP-Synthase und blockiert diese. Bei Bestrahlung mit UV-Licht entsteht die cis-Form des Azo-Polyphenol: Die ATP-Synthase wird nicht mehr blockiert und kann neues ATP erzeugen.

Der wichtigste Energieträger in allen lebenden Zellen ist Adenosintriphosphat, kurz ATP. Das Enzym ATP-Synthase regeneriert verbrauchte ATP-Moleküle und stellt den Zellen so neue Energie zur Verfügung. Einer deutsch-englischen Forschungsgruppe mit Beteiligung der Ludwig-Maximilians-Universität München, LMU, des Max-Planck-Instituts für Biophysik in Fraknfurt, MPIBP, sowie dem Imperial College London ist es nun gelungen, ultraviolettes Licht als Ein- und Ausschalter für diese ATP-Synthase zu verwenden. Im Fachjournal „FEBS Letters“ berichtet das Team um Projektleiter Dirk Trauner von der LMU und Thomas Meier vom MPIBP und dem Imperial College London von ihrem Erfolg, der auch für biotechnologische Prozesse und damit für die Industrie relevant sein könnte.

Polyphenole blockieren die Enzymaktivität

Eine Schlüsselrolle bei der Aktivierung spielen dabei Azo-Polyphenole. Polyphenole sind sekundäre Pflanzenstoffe, denen aufgrund ihrer Bioaktivität vielfältige Funktionen zukommen: Sie bilden Farbstoffe, Geschmackstoffe oder Tannine, schützen die Zellen vor UV-B-Strahlung und gelten als gesundheitsfördernd wenn sie über die Nahrung aufgenommen werden. Außerdem können verschiedene Polyphenole an das Enzym ATP-Synthase binden und so dessen Aktivität blockieren.

Polyphenolmoleküle bestehen aus Kohlenstoffringen mit weiteren chemischen Gruppen an den Seiten des Rings. Befinden sich diese Gruppen alle auf der gleichen Seite der Ringebene, sprechen Chemiker von einer cis-Konformation. Sind diese Gruppen des ansonsten gleichen Polyphenolmoleküls jedoch auf unterschiedlichen Seiten der Ringebene angeordnet, handelt es sich um die trans-Konformation.

cis- oder trans-Konformation entscheidend

Für die Funktion des Moleküls kann dieser kleine molekulare Unterschied große Folgen haben, wie die Forschergruppe am Beispiel des Azo-Polyphenols gezeigt hat: Als trans-Molekül bindet es an die ATP-Synthase und verhindert so die ATP-Produktion, nicht jedoch in seiner cis-Form. Die Umwandlung von der einen in die andere Form ist überraschend einfach: „Wir haben Azo-Polyphenole synthetisiert, deren Wechsel zwischen der cis- und trans-Konformation durch ultraviolettes Licht geändert werden kann", erklärt Felix Hartrampf vom Department für Chemie an der LMU.

Damit haben die Wissenschaftler einen einfach zu bedienenden Schalter für die wichtigste Energiequelle der Zellen geschaffen: „Diese Funktion haben wir dazu genutzt, um die ATP-Synthase gezielt und mehrfach an- und auszuschalten“, beschreibt Bianca Eisel vom Max-Planck-Institut für Biophysik den Nutzen der Azo-Polyphenole.

Einfacher Schalter für biotechnologische Prozesse?

Die lichtgesteuerten Konformationsänderungen der Azo-Polyphenole könnten in Zukuuft auch biochemisch genutzt werden, um andere Zielproteine zu blockieren. Zudem könnte man durch das gezielte An- und Abschalten der Energieversorgung in lebenden Zellen biotechnologische, energieverbrauchende Prozesse einfach per Licht steuern, resümieren die Autoren der Studie. „Sie setzen die Basis für die weitere Entwicklung von lichtaktivierbaren Verbindungen, welche in Zukunft auch direkt in Zellen eingesetzt werden sollen", so die beiden Projektleiter Trauner und Meier.

bl