Energieverbrauch in Pflanzen sichtbar machen

Energieverbrauch in Pflanzen sichtbar machen

Bonner Forscher haben die Verteilung und den Verbrauch des Energieträgers ATP in lebenden Pflanzen visualisiert. Ein interessantes Werkzeug für Pflanzenphysiologen und Züchter.

Forscher der Universität Bonn können erstmals beobachten, wann, wo und wieviel ATP in lebenden Pflanzen vorliegt.

Es ist der universelle Energieträger aller Lebewesen: das Molekül Adenosintriphosphat, kurz ATP. Ohne ATP wären weder Stoffwechsel noch Wachstum möglich, das gilt für tierische ebenso wie für pflanzliche Zellen. Unter der Leitung der Universität Bonn hat ein internationales Forscherteam erstmals in lebenden Pflanzenkeimlingen die ATP Verteilung und dessen Verbrauch unter Stressbedingungen sichtbar gemacht. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „eLIFE“ publiziert und könnte Hinweise für die Züchtung stressresistenter Pflanzen geben.

Energie sichtbar machen

ATP ist ein chemisches Molekül, das universell und unmittelbar Energie bereitstellt. „Unsere Arbeit macht diese Energie sichtbar“, sagt Markus Schwarzländer, Leiter einer Emmy-Noether-Gruppe am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn. „Und zwar in lebenden Pflanzen – vom kleinsten Zellorganell bis zum kompletten Keimling“, ergänzt sein Kollege Stephan Wagner.

Unter der Leitung der beiden Biochemiker haben Wissenschaftler aus Deutschland, Italien, China, England und Dänemark einen innovativen Weg entwickelt, ATP im lebenden Organismus mit Hilfe eines fluoreszierenden Proteins sichtbar zu machen. Hierfür nutzte das Team die Methode von Takeharu Nagai aus Osaka in Japan, mit der ATP an ein fluoreszierendes Protein einer Qualle bindet. Die japanischen Wissenschaftler haben diese Technik ursprünglich in Säugetieren entwickelt, die Forscher der Universität Bonn haben sie nun für die Nutzung an Pflanzen angepasst. „Mit dieser Technologie wird es möglich, in Echtzeit zu verfolgen, wo wieviel ATP in lebenden Pflanzen vorliegt“, sagt Erstautorin Valentina De Col.

ATP im lebenden Organismus beobachten

Das Besondere: bisherige ATP Untersuchungen konnten nur Momentaufnahmen darstellen. Ganze Pflanzen oder Teile davon wurden pulverisiert und die darin enthaltene Menge an ATP wurde bestimmt. „Dagegen sieht man mit unserer Technologie der laufenden Maschine bei der Arbeit zu“, so Schwarzländer. Damit meint er die lebenden Keimlinge der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana). Die Wissenschaftler untersuchten mit ihrer Methode verschieden Arabidopsis-Organellen, Organe und sogar ganze Keimlinge am Mikroskop und mit einem Fluoreszenz-Analysegerät.
Bei der live-Beobachtung zeigt sich die Verteilung des ATP’s: „Bei normaler Versorgung mit Wasser, Luft und Licht liegt in den Wurzeln weniger ATP vor als zum Beispiel in den grünen Blättern“, berichtet Wagner. Um herauszufinden, wie die Verteilung von ATP unter Stressbedingungen ist, setzten die Wissenschaftler die leuchtenden Arabidopsis-Keimlinge unter Wasser und schnitten sie damit von der lebenswichtigen Sauerstoffzufuhr ab.

Einblick in die Symbiosen mit Wurzelpilzen

Allerdings kam dadurch die Produktion von ATP nicht sofort zum Erliegen – es muss also unterschiedliche Anpassungsprozesse geben, mit denen die Pflanze versucht, sich gegen den zunehmenden Sauerstoffmangel zu wappnen und ihren Energiehaushalt aufrecht zu erhalten. „Eine entscheidende Frage ist nun, ob sich diese Schutzprogramme stimulieren lassen, um neue Pflanzensorten zu züchten, die besser mit Stress zurechtkommen“, so Schwarzländer. Mit der innovativen Methode ließe sich künftig auch untersuchen, wie Krankheitserreger in den Energiehaushalt von Pflanzen eingreifen und wie die Symbiose zwischen Wurzeln und bestimmten Pilzen (Mykorrhiza) genau funktioniert.

jmr