Riesenappetit auf den Kunststoff PET

Riesenappetit auf den Kunststoff PET

Ein Forschungsteam hat ein Enzym entdeckt, das das Recycling von Plastikabfällen deutlich beschleunigen könnte.

Ein Mann arbeitet an einem Laborarbeitsplatz
Christian Sonnendecker und sein Team entdeckten ein Enzym, das PET-Kunststoff in Rekordgeschwindigkeit abbaut.

Modernes Recycling beginnt auf dem Friedhof. Das jedenfalls könnte das Forschungsteam der Universität Leipzig behaupten, das nun eine neue Methode vorgestellt hat, um den Kunststoff PET wiederzuverwerten. PET ist ein wichtiges Verpackungsmaterial, unter anderem für Obst und Getränke, das bislang vor allem thermisch recycelt wird – ein Prozess, der viel Energie kostet und die Qualität des Materials mit jeder Wiederverwertung verschlechtert. Im Fachjournal „ChemSusChem“ stellen die Forschenden nun eine biologische Alternative vor.

Enzym in Laubkompost entdeckt

Schon länger ist bekannt, dass es Bakterien gibt, die bestimmte Kunststoffe als Nahrung verwenden können und diese so in deren Bestandteile zerlegen. Im Laubkompost des Leipziger Südfriedhofs hat das Forschungsteam dazu Proben genommen und die Mikroorganismen darin analysiert. Siebenmal wurden die Fachleute fündig und trafen Mikroorganismen mit Enzymen, die den Kunststoff PET zersetzen können.

Doppelt so schnell wie bestes Alternativenzym

Am beeindruckendsten zeigte sich ein Enzym, das das Forschungsteam auf den Namen PHL7 taufte. Innerhalb von 16 Stunden zersetzt es PET zu 90 %. Eine Kunststoffschale, wie der Handel sie beim Verkauf von Weintrauben nutzt, war nach weniger als 24 Stunden vollständig abgebaut. Damit arbeitet das Enzym doppelt so schnell, wie das beste zuvor bekannte Enzym, das PET verdauen kann. Diese Fähigkeit verdankt es einer einzigen Aminosäure, die anders ist als bei den übrigen Enzymen, von denen die Forschenden wissen, dass diese PET zersetzen können.

Hochwertiges, schnelles und nachhaltiges Recycling

Ein weiterer Vorteil von PHL7 besteht darin, dass es PET in Terephthalsäure und Ethylenglycol abbaut. Beide Stoffe dienen als Ausgangsmaterial für die PET-Herstellung. PHL7 sollte somit ein hochwertiges und schnelles Recycling des wichtigen Kunststoffes ermöglichen. „Das in Leipzig entdeckte Enzym kann einen wichtigen Beitrag bei der Etablierung von alternativen energiesparenden Plastikrecyclingverfahren leisten“, resümiert Wolfgang Zimmermann von der Universität Leipzig. Bislang ist dieses Verfahren jedoch nur im Labor erprobt. Das internationale Forschungsteam sucht deshalb jetzt nach Industriepartnern für die weitere Prozessentwicklung. In den kommenden drei Jahren soll ein Prototyp entstehen. In dieser Zeit will das Team das Verfahren außerdem weiterentwickeln, damit es nicht nur auf amorphes PET wie in Obstverpackungen, sondern auch auf gestrecktes PET wie in Getränkeflaschen anwendbar ist.

bl