Restbiomasse als Ressource

Restbiomasse als Ressource

Ein neues EU-Projekt unter Beteiligung von Forschenden der Ruhr-Universität Bochum widmet sich der Erschließung ungenutzter Biomasseressourcen in Europa.

Bio-Gemüse vom heimischen Acker erwarten Besucher der Grünen Woche bei der Sonderschau des BMEL in Halle 23.a.
Nebenströme aus der europäischen Agrar- und Ernährungswirtschaft können in wertvolle Produkte umgewandelt werden.

Schätzungen zufolge fallen in der gesamten Europäischen Union jährlich mehr als 900 Millionen Tonnen Restbiomasse an. Nur ein kleiner Teil davon wird verwertet und zum Beispiel in Biogasanlagen vergoren. Der Großteil, rund 98 %, landen auf Deponien, in Verbrennungsanlagen oder auf Müllkippen. Doch das soll sich nun ändern. Ziel des EU-Projekts PRIMED ist es, faire Geschäftsmodelle zu entwickeln, um das verborgene Potenzial von Biomasseressourcen zu erschließen.

Vom Bioabfall zum biobasierten Produkt

Biomasseabfälle aus der Agrar- und Ernährungswirtschaft sollen veredelt und über fortschrittliche Bioraffinerien in eine breite Palette biobasierter Produkte wie Biokunststoffe, Biokraftstoffe oder Biodünger umgewandelt werden. Das Projekt wird von der Europäischen Union im Rahmen von Horizon-Europe mit insgesamt 4 Mio. Euro gefördert und ist offiziell im Januar 2024 gestartet. Im PRIMED-Konsortium arbeiten insgesamt zwölf Partner zusammen. Sie kommen aus Belgien, Finnland, Irland, Italien, Norwegen, Portugal, Spanien und Deutschland. Sprecherin des Projekts ist Stefanie Bröring, Leiterin des Lehrstuhls für Entrepreneurship und Innovative Geschäftsmodelle an der Ruhr-Universität Bochum (RUB).

Zirkuläre Geschäftsmodelle

Gemeinsam wollen die Projektpartner zirkuläre Geschäftsmodelle (Circular Business Models, CBM) entwickeln. Diese sollen Primärerzeuger und Endverbraucher in neuartige Wertschöpfungsketten der Bioökonomie einbinden. Das Vorhaben unterstützt die europäische Bioökonomiestrategie und soll zur industriellen Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Ressourcenunabhängigkeit Europas beitragen. Neben wissenschaftlichen Innovationen stehen daher auch die Schaffung grüner Arbeitsplätze und die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der ländlichen Wirtschaft im Vordergrund. Durch die geplante Aufwertung der Restbiomasse können bis zu zehnmal mehr Arbeitsplätze geschaffen werden als durch die alleinige Nutzung zur Energieerzeugung.

Fünf Bioeconomy Living Labs

Die zirkulären Geschäftsmodelle sollen in fünf Testlaboren, sogenannten Bioeconomy Living Labs, entwickelt und erprobt werden.

  • In Finnland wird erprobt, wie Nebenströme der Agrar- und Ernährungswirtschaft zur Herstellung von Inhaltsstoffen für neuartige Lebensmittel- und Kosmetikanwendungen genutzt werden können.  
  • In Irland soll erforscht werden, wie Nebenprodukte der Milchwirtschaft und forstwirtschaftliche Biomasse in biologisch abbaubare Kunststoffe und biobasierte Düngemittel umgewandelt werden können.
  • In Italien sollen Nebenströme der Fischindustrie, Lebensmittelabfälle und landwirtschaftliche Abfälle in Biokunststoffe, Biodiesel, Düngemittel und hochwertige Nahrungsergänzungsmittel umgewandelt werden.
  • In Portugal entwickeln die Forschenden Verfahren, um agroindustrielle Rückstände zu funktionellen Siliziumdioxid-Nanopartikeln, Polymeren und funktionellen Beschichtungen umzuwandeln.
  • In Spanien sollen Dung und landwirtschaftliche Abfälle genutzt werden, um komprimiertes natürliches Biogas, Bewässerungswasser und Strom zu erzeugen.

Ziel ist es, alle Stakeholder vor Ort einzubinden und die Interessen der verschiedenen Akteure entlang der Wertschöpfungskette aufeinander abzustimmen. Primärproduzenten und Endnutzer sind aufgerufen, sich für die Teilnahme an einem von insgesamt zehn Projekten zu bewerben. Ausgewählte Endnutzer erhalten die Möglichkeit, biobasierte Produkte zu testen und zu validieren, um die Zusammenarbeit und die Anwendung in der Praxis zu fördern.

dpd