Mit Biotechnologie zu Arzneistoffen aus Johanniskraut

Mit Biotechnologie zu Arzneistoffen aus Johanniskraut

Braunschweiger Forschende haben im Johanniskraut zwei neuartige Enzyme aufgespürt, die für die biotechnologische Gewinnung eines Wirkstoffs zur Behandlung von Depressionen genutzt werden können.

Extrakte des Echten Johanniskrauts dienen der Behandlung von Depressionen. Verwendet werden die blühenden Zweigspitzen.
Extrakte des Echten Johanniskrauts dienen der Behandlung von Depressionen. Verwendet werden die blühenden Zweigspitzen.

Das Echte Johanniskraut wird seit Jahrhunderten zur Wundheilung, aber auch als Antidepressivum genutzt. Doch die Inhaltsstoffe der Heilpflanze wirken nicht nur antibakteriell und stimmungsaufhellend, sondern womöglich auch gegen Krebs. Synthese und Isolierung der kostbaren medizinischen Wirkstoffe aus der Pflanze sind jedoch schwierig. Forschende der Technischen Universität Braunschweig wollen daher eine alternative Quelle zur Gewinnung der heilenden Inhaltsstoffe entwickeln und setzen dabei auf die Hilfe von Mikroorganismen als Zellfabriken. Ihrem Vorhaben, die Biosynthese aus Johanniskräutern in Mikroorganismen zu übertragen, sind die Braunschweiger nun einen Schritt näher gekommen.

Im Fokus der Untersuchung stand der Wirkstoff Hyperforin, der bei leichten und mittelschweren Depressionen eingesetzt wird. Über 1.000 ähnliche Verbindungen wurden inzwischen in Johanniskräutern nachgewiesen.

Zwei neuartige Enzyme identifiziert

Gemeinsam mit Forschenden vom Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena und dem Institut der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Tianjin konnten die Braunschweiger zwei neuartige Enzyme identifizieren, die an der Biosynthese beteiligt sind. Wie das Team in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ schreibt, bilden diese beiden Enzyme alternative Molekülvarianten. Diese würden „die Vorstufe um einen Rest aus fünf Kohlenstoffatomen“ vergrößern und „zudem zwei positionsverschiedene Ringüberbrückungen“ bilden. „Daraus resultieren die beiden alternativen, verbrückten Molekülvarianten, die noch mit Seitenketten dekoriert sind“, heißt es.

Biochemische Reaktion mittels Computermodell geklärt

Fündig wurden die Forschenden in einem in China verbreiteten Johanniskraut (Hypericum sampsonii), das besonders reich an komplexen Inhaltsstoffen ist und diese bifunktionalen Enzyme beinhaltet. Mithilfe von Computersimulationen wurden für beide Enzyme schließlich Modelle erstellt, um ihre biochemischen Reaktionen zu klären. Diese Reaktionen seien wichtig bei der Biosynthese von komplexen organischen Verbindungen und inspirierend für die Naturstoffchemie sowie die biotechnologische Herstellung von bioaktiven Molekülen, schreiben die Forschenden.

Chancen für mikrobielle Produktion von Arzneistoffen verbessert

Anhand der Computermodelle konnten wesentliche Aminosäuren identifiziert werden, die zwischen den Enzymen ausgetauscht werden und für die Stabilisierung der Bindung beider Enzyme verantwortlich sind. „Wahrscheinlich sind die verbrückten Produkte der hier untersuchten Enzyme die Vorstufen für noch komplexere, käfigartige Verbindungen, die ebenfalls in Johanniskräutern vorkommen und von pharmazeutischem Interesse sind“, schreiben die Forschenden. Das Team ist überzeugt, dass die neuen Erkenntnisse die Suche nach nachgeschalteten Enzymen, die noch komplexere Verbindungen aufbauen, erleichtern wird, und die Chancen steigen, die kostbaren Inhaltsstoffe der Johanniskräuter mithilfe mikrobieller Produktionsplattformen für die präklinische Entwicklung verfügbar zu machen.

bb