Biosynthese von Strychnin geklärt
Am Beispiel der Brechnuss konnten Forschende zeigen, wie die Pflanze Strychnin bildet, und diesen Prozess nachbauen.
Strychnin fasziniert Chemiker und Krimifans gleichermaßen: Letztere kennen den Stoff als pflanzliches Gift, beispielsweise aus Agatha-Christie-Romanen. Erstere sind seit der Aufklärung der chemischen Struktur 1946 von dessen Komplexität begeistert. Zwar gelang in der Folge die chemische Synthese, doch es blieb bis heute unklar, wie Pflanzen diesen Naturstoff bilden. Einem Forschungsteam am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena ist es nun jedoch gelungen, den Biosyntheseweg von Strychnin am Beispiel des Brechnussbaums aufzuklären. Im Fachjournal „Nature“ stellen sie ihre Erkenntnisse vor.
Genetische und biochemische Detektivarbeit
„Unsere Schlüsselfrage war, wie wir die Gene finden können, die für die Biosynthese von Strychnin in der Brechnuss verantwortlich sind“, erläutert Max-Planck-Forscherin Benke Hong. „In einem ersten Schritt haben wir die Expression der Gene von zwei Arten der gleichen Gattung verglichen, von denen aber nur der Brechnussbaum Strychnin produziert.“ Nur unterschiedliche Gene kamen hier in Frage. Hinzu kam das Wissen über den Syntheseweg eines Zwischenprodukts der Strychninsynthese im Madagaskar-Immergrün. Die Forschenden suchten also nach Genen mit ähnlicher Struktur. So konnten sie Schritt für Schritt die Synthese des Zwischenprodukts im Brechnussbaum nachvollziehen.
Danach folgte regelrechte Detektivarbeit. „Auf der Grundlage der chemischen Strukturen und Mechanismen ergab sich für jeden Schritt im Stoffwechselweg ein Vorschlag für die chemische Umwandlung“, beschreibt Hongs Kollegin Sara O’Connor die Vorgehensweise. Jeder einzelne Reaktionsschritt wurde überprüft, indem Tabakpflanzen mit diesen Genen ausgestattet wurden und dann geschaut wurde, ob danach dort die vermuteten Reaktionen ablaufen.
Wichtige Grundlagen für das Metabolic Engineering
Für den letzten Schritt der Synthese, die Umwandlung von Prestrychnin in Strychnin, konnten die Fachleute zunächst jedoch kein passendes Enzym identifizieren. Kein Wunder: „Überraschenderweise stellte ich eines Tages fest, dass eine Prestrychnin-Probe, die bei Raumtemperatur auf dem Labortisch gelagert wurde, sich im Laufe der Zeit langsam in Strychnin umgewandelt hatte“, berichtet Hong. Dieser letzte Schritt ist somit nicht enzymatisch, sondern spontan.
Neben der Biosynthese von Strychnin konnte das Team ebenfalls die Entstehung der verwandten Moleküle Brucin und Diabolin aufklären. Sie hoffen nun, dass ihr Ansatz des Metabolic Engineering helfen kann zu entschlüsseln, wie andere wichtige Naturstoffe entstehen, und diese biotechnologisch herzustellen.
bl