Biotechnische Prozesse automatisieren

Biotechnische Prozesse automatisieren

Fünf bis acht Jahre dauert es bisher, Bioverfahrensprozesse zu entwickeln. Unternehmen und akademische Forscher wollen im Verbundprojekt "AutoBio" Teilschritte in der Entwicklung stärker automatisieren - und damit Zeit und Kosten sparen.

Laborroboter
Laborroboter-Plattformen können innerhalb von Stunden tausende Stoffe überprüfen.

Fünf bis acht Jahre dauert es bisher, Bioverfahrensprozesse zu entwickeln – eine lange Zeit verglichen mit anderen industriellen Produktionsverfahren. Dabei sind Bioprozesse nachhaltig und ressourcenschonend, und auf dem Vormarsch: Experten vermuten, dass in 20 Jahren sogar ein Drittel der weltweiten Produktion aus biotechnologischen Prozessen stammen wird. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) will diese Entwicklung vorantreiben. Im Rahmenkonzept “Forschung an der Produktion von morgen” unterstützt das BMBF mit rund 2,2 Millionen Euro ein Verbundprojekt namens "Autobio". In dem Konsortium haben sich fünf mittelständische Unternehmen und Forscher der TU Berlin zusammengeschlossen, um weitere Teilschritte in der Bioprozess-Entwicklung zu automatisieren.

Biotechnologische Verfahrensprozesse bilden die Basis für die Herstellung vieler Pharmazeutika, industrieller Biokatalysatoren aber auch von Grund- und Spezialchemikalien. Die entsprechenden Katalysatoren werden kostengünstig auf der Grundlage nachwachsender Rohstoffe generiert und arbeiten unter milden Reaktionsbedingungen. Das Problem: bei einer Entwicklungszeit von fünf bis acht Jahren sind die Investitionskosten ausgesprochen hoch.

Roboter übernehmen Zellkulturversorgung

Um diese Entwicklungszeiten zu verkürzen und die Kosten zu senken, haben sich fünf mittelständische Unternehmen und zwei akademische Partner im Verbundprojekt AutoBio zusammengefunden. Autobio hat ein Gesamtvolumen von 3,7 Millionen Euro, von denen das  Bundesforschungsministerium noch bis 2015 insgesamt rund 2,2 Millionen Euro beisteuert. Das gemeinsame Ziel der Partner ist es, durch interdisziplinäre Ansätze zwischen der Biotechnologie, der Informatik sowie der Verfahrens- und der Elektrotechnik die Entwicklung der Bioprozesse teilweise zu automatisieren und damit auch ihre Effizienz zu steigern. Im Verbundprojekt sollen bisher manuelle Arbeitsschritte auf Roboterplattformen übertragen werden, um die Prozesse so mittels der modellbasierten Versuchsplanung zu optimieren. Dafür wird das oftmals in industriellen Prozessen im großen Maßstab angewandte repetitive Zulaufverfahren (Fed-batch) in den Milliliter-Maßstab übertragen. So sollen bereits in einer frühen Entwicklungsphase neben naturwissenschaftlichen erstmals auch ingenieurtechnische Fragestellungen der Prozesskontrolle und des Up-Scalings berücksichtigt werden.

Kooperation mit Biotech-Spezialisten

Diese systematische Herangehensweise soll es im Projektverlauf ermöglichen, schon während der Produktentwicklung eine Datenbasis für eine spätere effiziente Prozesskontrolle- und Regelung zu ermöglichen. Die abgeleiteten Modelle sollen im Verlauf des Projekts parallel im kleinen Maßstab in industriellen Prozess-Simulatoren ein Hochdurchsatzverfahren durchlaufen. Koordiniert wird der Verbund von Peter Neubauer, Bioverfahrenstechniker der TU Berlin. Die TU-Forscher programmieren unter anderem die Module für die automatisierte Bioprozessentwicklung auf Hochdurchsatzrobotern und kooperieren mit verschiedenen Projektpartnern bei der Datenbankintegration und der Methodenetablierung. Als Partner im Verbund entwickelt die Bioverfahrenstechniker auch ihr Hochdurchsatzlabor an der TU Berlin weiter.

Neben den Bioverfahrens- sowie den Mess- und Regeltechnikern der TU Berlin sind die Infoteam Software AG sowie die Presens Precision Sensing GmbH an dem Autobio-Verbund beteiligt. Mit der Brain AG aus Zwingenberg, der Biosilta Europe GmbH und der Berliner Organobalance GmbH sind zudem drei ausgewiesene Biotech-Spezialisten an Bord. Der Projektbeitrag der BioSilta Europe besteht darin, ein Mini-Fermentersystem und andere Kultivierungsmedien für Bakterien und Hefen zu entwickeln. Ein Ziel ist es, Fertigkultivierungsmedien in Tablettenform anbieten zu können. Die auf industrielle Biotechnologie spezialisierte Brain AG will die Technologieentwicklungen aus Autobio nutzen, um das Durchmustern ihrer riesigen Metgenom- und Enzymbibliotheken zu automatisieren. Die Berliner Organobalance GmbH beteiligt sich an Autobio durch die Entwicklung von Enzymassays, die sich für Analysen im Hochdurchsatz eignen. Das auf die Identifikation von bioaktiven Kulturen spezialisierte Unternehmen will außerdem Protokolle für die Prozessentwicklung im Miniaturmaßstab entwickeln.

Weitere Partner willkommen

Brain wie auch Organobalance  wollen das Potenzial der neuen Verfahren anschließend an ihren eigenen Produkten demonstrieren. Das Projekt wird von einem Gremiun assoziierter Industriepartner begleitet. „Interessierte industrielle Partner, die sich entweder als Technologieanbieter oder als zukünftige Anwender der automatisierten Prozesse in das AutoBio-Programm einbringen wollen, sind eingeladen dem Industriekonsortium beizutreten“, betonen die Verbundpartner von AutoBio in einer Pressemitteilung.

Innovative Bioprozesse der Zukunft sind auch das zentrale Thema der BMBF-Förderinitiative "Nächste Generation biotechnologischer Verfahren - Biotechnologie 2020+". Im Rahmen eines  Strategieprozesses geht es darum, Konzepte für eine stärker auf Modulen aufgebaute biotechnologische Produktion für die Industrie zu erarbeiten sowie eine stärkere Verschmelzung biologischer und ingenieurstechnischer Komponenten voranzutreiben, etwa durch Mikroreaktionsmodule neuartige Synthese-Roboter. Dies könnte der Industrie neue Wege eröffnen, um Produkte herzustellen, die es heute noch nicht gibt.