Mikrobielle Nanomagnete erschließen

Mikrobielle Nanomagnete erschließen

Magnetosome aus Bakterien lassen sich biotechnisch für unterschiedliche Anwendungen in der Medizin anpassen, wie Bayreuther Forscher berichten.

Clarissa Lanzloth, Masterstudentin der Universität Bayreuth, überprüft eine Elektrophorese-Apparatur zur Auftrennung und Analyse von Proteinen.
Clarissa Lanzloth, Masterstudentin der Universität Bayreuth, überprüft eine Elektrophorese-Apparatur zur Auftrennung und Analyse von Proteinen.

Diese Mikroben wissen immer, wo es langgeht: Bakterien der Spezies Magnetospirillum gryphiswaldense besitzen einen Magnetsinn und richten sich an den Magnetfeldlinien der Erde aus. Das gelingt ihnen, weil sie in ihrem Inneren Ketten sogenannter Magnetosome besitzen, wenige Dutzend Nanometer kleine Körper aus Fetten und Eiweißen, in deren Kern sich magnetisches Eisenoxid befindet. Forschern der Universität Bayreuth ist es nun gelungen, daran bestimmte funktionelle Gruppen zu binden, die potenzielle Anwendungen in der Medizin denkbar machen.

Zuckersensor und Farbsignale

Mit gentechnischen Methoden haben die Forscher das Bakterium dazu gebracht, an die Hüllen der Magnetosome bestimmte Moleküle zu koppeln. Dazu gehören das Enzym Glukose-Oxidase, das als Zuckersensor bei Diabetes eingesetzt wird, sowie ein grünfluoreszierendes Protein, das Molekularbiologen nutzen, um Komponenten von Zellen zu Forschungszwecken leichter zu identifizieren. Ebenfalls gelang die Koppelung für ein farbstoffbildendes Enzym, dessen Aktivität leicht zu messen ist und für ein Antikörperfragment. Details präsentieren die Forscher in der Fachzeitschrift Small.

Baukastensystem eröffnet Optionen

„Mit dieser genetischen Umprogrammierung haben wir die Bakterien dazu gebracht, Magnetosomen zu produzieren, die bei einer Bestrahlung mit UV-Licht grün leuchten und zugleich biokatalytische Funktionen haben. Auf ihren Oberflächen können zielgenau verschiedene biochemische Funktionen installiert werden“, fasst Dirk Schüler von der Universität Bayreuth zusammen. Mit der Methode lassen sich dank eines Baukastensystems weitere multifunktionale Nanopartikel erzeugen, die aufgrund ihrer magnetischen Eigenschaft auch noch leicht aus den Bakterien isoliert werden können.

Darstellung einer Zelle des magnetischen Bakteriums Magnetospyrillum gryphiswaldense mit verketteten Magnetosomen. Eine Zelle ist zwischen drei und fünf Mikrometern lang. Unten links: Einzelnes Magnetosom mit Eisenoxid-Kern und umgebender Membran. Auf spezifischen Proteinen der Membran werden genetisch verschiedene funktionelle Gruppen aus unterschiedlichen Fremdorganismen installiert.

Darstellung einer Zelle des magnetischen Bakteriums Magnetospyrillum gryphiswaldense mit verketteten Magnetosomen.

Von Kontrastmittel bis Krebsmedikament

Interessant sind diese Nanopartikel insbesondere für die Medizin: „Bisherige Studien zeigen, dass die Magnet-Nanopartikel in Zellkulturen keinen Schaden anrichten“, erläutert Frank Mickoleit. „Gute Biokompatibilität ist eine wichtige Voraussetzung, um die Partikel zukünftig in der Biomedizin anwenden zu können, etwa als Kontrastmittel in Bildgebungsverfahren oder als Sensoren in der Diagnostik.“ Denkbar sei, auf diese Weise Tumorzellen aufzuspüren und zu zerstören. Darüber hinaus sehen die Wissenschaftler weitere Anwendungsfelder in der Biotechnologie, da die Magnetosome mit gekoppelten Enzymen komplexe biochemische Prozesse ermöglichen.

bl