Lipide begrenzen Saugkraft der Pflanzen
Ein Forscherteam liefert erstmals eine Erklärung dafür, warum Pflanzen nicht beliebig viel Wasser über die Wurzeln aufnehmen können.
Pflanzen brauchen Wasser zum Wachsen. Der Nachschub an Flüssigkeit erfolgt dabei über die Wurzeln. Wie stark die Wasseraufnahme ist, bestimmt ein Hydrauliksystem, das ähnlich wie bei Maschinen funktioniert. Ein Unterdruck sorgt dafür, dass Pflanzen das Wasser aus der Erde saugen. Die Saugkraft beruht dabei auf dem Unterdruck in den pflanzlichen Versorgungskanälen, der durch die Wasserverdunstung an den Zellwänden der Blätter entsteht. Doch der Druck in diesem Netzwerk ist mit minus 100 bar bei Pflanzen in der Regel limitiert. Warum das so ist, war bisher unklar. Ein internationales Forscherteam aus Botanikern und Physikern liefert darauf nun eine Antwort.
Lipide sorgen für Bildung von Hohlräumen im Pflanzensaft
„Durch die temperaturbedingten zufälligen Bewegungen von Wassermolekülen bilden sich in der Flüssigkeit regelmäßig winzige Hohlräume“, erklärt Philip Loche, Doktorand im Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin und Mitautor der Studie. Normalerweise sorgen die Kohäsionskräfte des Wassers dafür, dass sich die Höhlen wieder schließen. Mit Hilfe atomistischer Simulationen konnten die Wissenschaftler zeigen, dass offenbar wasserunlösliche Naturstoffe, sogenannte Lipide, das verhindern. Sie sind dafür verantwortlich, dass sich in den Pflanzenflüssigkeiten Hohlräume bilden, auch Kavitäten genannt.
Lipidaggregate für Drucklimit verantwortlich
Wie das Team im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) berichtet, sorgen Lipidaggregate dafür, dass sich bei Unterdruck die Hohlräume extrem schnell ausdehnen und die Wassersäule abreißt. Der Studie zufolge wird dadurch die Stärke der maximal tolerierbaren Unterdrücke dramatisch reduziert, von mehr als minus 1.000 bar in reinem Wasser auf weniger als minus 100 bar in den Pflanzensäften. Die Folge: Die Moleküle im Pflanzensaft kleben gewissermaßen zusammen. Diese zusammengelagerten Lipide sind der Studie zufolge die Ursache für das bei Pflanzen vorherrschende Drucklimit.
Unterdrücke erschweren Wasseraufnahme auf trockenen Böden
Die Forscher liefern damit erstmals eine Erklärung, warum Pflanzen nicht beliebig viel Wasser aus dem Boden saugen und damit nur eingeschränkt auch auf trockenen Böden überleben können. „Die größten negativen Drücke in Pflanzen findet man in Gegenden, wo Wasserknappheit herrscht“, ergänzt Matej Kanduč, Physiker am Jožef Stefan Institute in Ljubljana und Erstautor der Studie. Da in vielen Regionen der Erde durch den Klimawandel die Böden jedoch immer trockener werden, müssten Pflanzen gegen einen großen Widerstand ankämpfen, um Wasser aus dem Boden zu ziehen, so Kanduč weiter. Eine höhere Saugkraft wäre da von Vorteil.
bb