iGEM: Mit mikrobiell erzeugten Textilien nach Paris

iGEM: Mit mikrobiell erzeugten Textilien nach Paris

Mit einem neuartigen Textilgewebe, das mithilfe von Bakterien und Hefe hergestellt wird, gehen junge Forschende aus Düsseldorf beim diesjährigen Studierenden-Wettbewerb der Synthetischen Biologie iGEM an den Start.

s iGEM2024-Team bei der Laborarbeit.
iGEM2024-Team bei der Laborarbeit

In diesem Jahr nehmen mehr als 450 Teams aus aller Welt am größten studentischen Wettbewerb für Synthetische Biologie „iGEM“ teil. Auch Studierende von Hochschulen und Universitäten aus Deutschland werden im Oktober in Paris wieder mit ihren Projekten um eine Medaille und Sonderpreise bei der nunmehr 21. Bioingenieurs-Weltmeisterschaft ringen. Zu den deutschen Teams zählen auch Studierende der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Das Team nimmt damit bereits zum neunten Mal am iGEM-Wettbewerb teil.

Textilien umweltfreundlich herstellen

In diesem Jahr will das Düsseldorfer Team mit einer nachhaltigen und gleichwertigen Alternative zu synthetischen Textilien punkten. „Die Herstellung synthetischer Textilfasern erfolgt auf Basis fossiler, nicht-erneuerbarer Ressourcen wie Erdgas oder -öl. Sowohl bei der Produktion als auch der Entsorgung fallen Treibhausgase und Mikroplastik an“, erklärt Teammitglied Sofie Rüffer. Zudem werden bei der weiteren Verarbeitung von synthetischen als auch natürlichen Fasern noch immer umweltschädliche Chemikalien wie Bleichmittel, Farbstoffe und Weichmacher eingesetzt. Zudem werden große Mengen Wasser sowie landwirtschaftliche Flächen zum Anbau von Textilrohstoffen wie Hanf, Baumwolle oder Leinen verbraucht, die für die Nahrungsmittelproduktion dringend benötigt werden.

Mikroorganismen produzieren bakterielle Cellulose

Mit ihrem Projekt „KlothY“ wollen die jungen Düsseldorfer Forschenden dieses Problem lösen, und ein umweltfreundliches Produktionsverfahren zur Herstellung von Textilien entwickeln, das Bakterien und Hefe nutzt. Für die strukturelle Basis des Textilgewebes wird das Bakterium Komagataeibacter xylinus (kurz K. xylinus) verwendet. Es besitzt die Fähigkeit, reine bakterielle Cellulose (BC) zu produzieren. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Glucosepolymer, welches mit über 90 % auch in Baumwolle vorkommt. Die bakterielle Cellulose wird dann durch Hemicellulose (HC) und Chromoproteine modifiziert, wodurch die Eigenschaften der Cellulose regulierbar werden und das Produktionsverfahren „KlothY“ für vielfältige Anwendungen angepasst werden kann.

„Wir möchten mit KlothY nicht nur eine weitere nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Textilien bieten, sondern auch einen Ausblick auf die Textilien der Zukunft geben. Unser Projektziel ist, dass K. xylinus eine Art Leinwand in Form einer reinen Cellulosematte produziert, die unseren Ausgangsstoff für Kleidung bildet“, erläutert Teammitglied Noah Ben Bulawa.

An dieser Stelle kommt den Forschenden zufolge dann die Hefe als Co-Kultur ins Spiel. Sie ermöglicht es, dass der Textilstoff – entsprechend den jeweiligen Anforderungen ­wie Stabilität, Elastizität, Farbe und Wasserbeständigkeit – direkt in der Petrischale heranwächst. „S. cerevisiae verleiht unserem Stoff die so wichtige Struktur und Farbe“, erklärt Bulawa. „Die Hefe synthetisiert verzweigte Fasern aus HC, sodass die darauf wachsenden BC-Stränge miteinander quervernetzt werden.“ Diese Hefe trage zudem ein „zuvor transformiertes bakterielles Plasmid“ als „DNA-Ring, in dem Bakterien unter anderem ihre genetische Information speichern –, welches Gene für drei farberzeugende Chromoproteine enthält“.

Keine weiteren Verarbeitungsschritte nötig

Mit der Herstellung von Textilstoffen in der Petrischale würden weitere traditionelle Verarbeitungsschritte wie das Entkernen, Spinnen, Weben, Bleichen und Färben entfallen, schreiben die Forschenden. So würde nicht nur der Einsatz von Chemikalien überflüssig, auch lange Transportwege entfielen.

Bis zur iGEM-Abschlussveranstaltung, dem sogenannten Grand Jamboree, die Ende Oktober in Paris stattfindet, hat das 18-köpfige Düsseldorfer Team noch alle Hände voll zu tun. Nicht nur die Arbeiten im Labor müssen fortgeführt werden. Auch die Beschaffung von Haushaltsmitteln sowie die Öffentlichkeitsarbeit sind Teil des Wettbewerbs. „Die Möglichkeit, als junge Studierende in dieser Form selbstständig und unabhängig ein Projekt zu planen und auch wirklich durchzuführen, ist einmalig und ein großes Privileg“, sagt Robin Schüren, einer der studentischen Projektleiter von KlothY.

bb