Holz als Rohstoff für chemische Synthesen
Chemikalien sollen nachhaltiger werden. Diesem Ziel hat sich jetzt eine internationale Forschergruppe unter Mitwirkung Mainzer Biochemiker verschrieben. Sie wollen Erdöl durch Holz ersetzen.
Chemische Produkte sollen nachhaltiger werden. Diesem Ziel hat sich jetzt auch eine internationale Forschergruppe unter Mitwirkung Mainzer Biochemiker verschrieben. Bei der Herstellung chemischer Grundstoffe wollen die Wissenschaftler die üblicherweise auf Erdölprodukten beruhenden Synthesen durch den Naturstoff Holz ersetzen. Wie das Team im Fachjournal Angewandte Chemie (2015, Online-Vorabveröffentlichung) nun berichtet, gelang es ihnen, zwei Wirkstoffe mithilfe von "Xylochemie" herzustellen.
Die natürliche Ressource Holz ist für Chemiker eine Art nachwachsender Molekül-Baukasten. Denn der Rohstoff bietet eine ganze Palette von Substanzen wie Cellulose oder Lignin, für eine ebenso große Palette von Produkten. Die im Holz schlummernden Ausgangsstoffe haben auf Grund ihrer chemischen Struktur sogar das Potenzial, die dominierende Erdölchemie vom Podest zu stoßen. Davon ist Till Opatz vom Institut für Organische Chemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) überzeugt. "Holz als erneuerbare und einfach zugängliche Ressource ist ein ideales Ausgangsmaterial. Seine Inhaltsstoffe gleichen einem Baukasten, aus dessen Bausteinen Produkte für eine modere Gesellschaft hergestellt werden können", erklärt Opatz.
Holzbasierte Ausgangsstoffe ersetzen Erdöl
Gemeinsam mit Forschern der University of Alabama in Tuscaloosa haben die Mainzer Wissenschaftler in den vergangenen zwei Jahren im Holz nach Inhaltsstoffen für eine nachhaltige Herstellung zahlreicher chemischer Grundstoffe geforscht. Wie das Team im Fachjournal Angewandte Chemie (2015, Online-Vorabveröffentlichung) nun berichtet, gelang es ihnen zwei Wirkstoffe aus holzbasierten Ausgangsmaterialien herzustellen und damit zu zeigen, dass sich die üblicherweise auf Erdölprodukten beruhenden Synthesen ohne wirtschaftliche Verluste ersetzen lassen. „Dies zeigt, dass die Verwendung von Holz als nachwachsender Ressource nicht mit einer Reduktion der Wirtschaftlichkeit verbunden sein muss“, betont auch Erstautortautor Daniel Stubba.
Kohlenstoff-Moleküle ausgetauscht
Konkret konnten die Forscher beweisen, dass sich die Synthese von erdölbasierten Wirkstoffen ohne Schwierigkeiten so verändern ließ, dass die Kohlenstoffgerüste ihrer Moleküle komplett aus holzbasierten Ausgangsmaterialien bestanden. Dies gelang ihnen zum Einem im Falle des Naturstoffes Ilicifolin B, wofür es allerdings bisher noch keine Vergleichsmöglichkeit zur klassischen petrochemischen Variante gibt, da es sich um die erste Synthese dieser Substanz handelte. Im Falle von Derivaten des natürlichen Schmerzmittels Morphin hatte die Effizienz der xylochemischen Synthese - also der chemischen Synthese aus Holz- allerdings die klassische Varianten deutliche übertroffen.
Neue Forschergruppe für nachhaltige chemische Infrastrukturen
Die Forscher sind überzeugt, dass die Xylochemie einen wichtigen Beitrag „zum Ersatz der endlichen und auch klimaschädlichen Erdöl- und Erdgasnutzung in der chemischen Produktion“ leisten kann. Daher wurde die gemeinsame Forschungsarbeit nun erweitert. Unter dem Namen STANCE (Sustainable Technology for a new Chemical Economy) werden die Mainzer Biochemiker zusammen mit Wissenschaftlern aus den USA, Japan und Kanada an der Entwicklung einer alternativen, nachhaltigen chemischen Infrastruktur arbeiten, die nicht auf endlichen Ressourcen beruht, ökologische Ungleichgewichte vermeidet und dennoch kostengünstig ist. „Unsere Idee ist es, dass wir Alltagsprodukte aus erneuerbaren Ressourcen herstellen, ohne dass wir dadurch die Umwelt schädigen, aber trotzdem wirtschaftlich konkurrenzfähig bleiben“, erklärte Till Opatz.