Erstmals Zulassung für Laborfleisch in EU beantragt
Als weltweit erstes Unternehmen hat The Cultivated B aus Heidelberg bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) einen Antrag auf Zulassung eines zellbasierten Wurstprodukts gestellt.
Singapur und die USA sind weltweit die einzigen Länder, in denen Fleisch aus dem Labor bereits zugelassen ist. In der EU ist der Verkauf von zellbasiertem Fleisch noch nicht gestattet. Entsprechende Anträge bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wurden bislang nicht gestellt, nicht zuletzt, weil das Zulassungsverfahren für neuartige Lebensmittel, die wie Laborfleisch unter die sogenannte Novel-Food-Verordnungs fallen, äußerst streng ist. Den ersten Schritt in Richtung Zulassungsantrag hat nun das Heidelberger Biotechnologie-Unternehmen The Cultivated B (TCB) gemacht.
Vorantragsprozess für EU-Zulassung eingeleitet
TCB, ein Tochterunternehmen des deutschen Lebensmittelherstellers Infamily Foods, ist damit das erste Unternehmen weltweit, das bei der EFSA die Genehmigung für ein zellbasiertes Wurstprodukt anstrebt. Nach Angaben des Unternehmens wurde Mitte September der Vorantragsprozess für die EFSA-Zertifizierung für eine „Wurst aus kontrolliertem Anbau“ eingeleitet. „Der europäische Sektor für kultiviertes Fleisch verfügt über ein enormes Potenzial und erhebliche Wachstumschancen. In dem Maße, wie dieser Markt an Bedeutung gewinnt, ist es unser Ziel, den Zugang zu hochwertigem, nachhaltigem Fleisch für jedermann zu gewährleisten. Der Erhalt der EFSA-Zertifizierung ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung“, erklärt Hamid Noori, CEO von TCB.
Hot Dog aus veganen Zutaten und zellbasiertem Schweinefleisch
Konkret strebt das Unternehmen die Zulassung für ein sogenanntes hybrides Wurstprodukt an. Die Wurst ähnelt demnach den in Hot Dogs verwendeten Brühwürsten und besteht aus veganen Zutaten sowie zellbasiertem Schweinefleisch, das im Bioreaktor gezüchtet wurde. Auch in puncto Geschmack soll die hybride Wurst mit dem Original mithalten. Es werde „sichergestellt, dass die Verbraucher den vertrauten, köstlichen Geschmack erleben, den sie lieben, und gleichzeitig von einem nachhaltigen und ethisch erzeugten Produkt profitieren“, verkündet TCB in einer Pressemitteilung. Die Laborwurst wurde in enger Zusammenarbeit mit dem TCB-Schwesterunternehmen The Family Butchers entwickelt.
Mit dem Vorantrag auf Zulassung will TCB auch die bestehenden Bedenken vieler Verbraucherinnen und Verbraucher hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit und der Einhaltung von Vorschriften bei Kulturfleisch frühzeitig aus dem Weg räumen. „Das Zulassungsverfahren der EFSA für neuartige Lebensmittel gehört zu den solidesten der Welt und umfasst eine gründliche und evidenzbasierte Bewertung der Lebensmittelsicherheit und des Nährwerts. Die Verfügbarkeit von kultiviertem Fleisch in Europa, dem Ursprungsland dieses Lebensmittels, würde einen Paradigmenwechsel für den Sektor bedeuten", erklärt Seth Roberts, Policy Manager beim Good Food Institute Europe.
Wegbereiter für kommerzielle Großproduktion und Start-ups
Für TCB ist der Antrag auf Zulassung ein „entscheidendender erster Schritt in der Entwicklung des Marktes für kultiviertes Fleisch“ und in Richtung einer „groß angelegten kommerziellen Produktion“, wo das Unternehmen eine „Führungsrolle“ einnehmen will. Darüber hinaus will das Heidelberger Biotechunternehmen mit dem Zulassungsverfahren auch „Start-ups in diesem Bereich den Weg zu einer tragfähigen und skalierbaren Kommerzialisierung ebnen, indem es neue Maßstäbe für Lebensmittelsicherheit, Innovation und Zugänglichkeit setzt“.
In den kommenden Monaten werden Fachleute der EFSA eine Risikobewertung für die von von TCB entwickelte Laborwurst vornehmen. Das Zulassungsverfahren ist erfahrungsgemäß langwierig und kann nach Schätzungen von Branchenexperten mindestens 18 Monate dauern.
bb